Mit «Million Dollar Shootingstar» lief Sat.1 am Mittwochabend einmal mehr in die inhaltliche Leere. Die Show diente maximal als Lückenfüller zur nächsten «Germany's Next Topmodel»-Staffel.
Beim Genre Castingshow denkt man fast automatisch an die zahlreichen Musiksendungen, mit denen uns RTL seit Jahren malträtiert, während es VOX und die ProSiebenSat.1-Gruppe gerne einmal mit qualitativ hochwertigen Alternativen versuchen. Während sich die Gesangscastings in einem ständigen Konkurrenzkampf befinden, ist «Germany's Next Topmodel» spätestens seit dem kläglichen Abschneiden von «Das perfekte Model» hierzulande völlig unangefochten bei der Suche neuer potenzieller Weltstars für den Catwalk. Umso erstaunlicher ist es, dass mit
«Million Dollar Shootingstar» nun ausgerechnet Konkurrenz aus der eigenen Sendergruppe kommt. Doch fürchten muss sich Heidi Klum nun wahrlich nicht, denn was nicht von ihrem Format kopiert wurde, stellt sich als weitgehend harmlos und langweilig heraus.
Und dabei ist der Sprecher aus dem Off doch zu Beginn noch so bemüht, diese Show als ein noch nie dagewesenes Spektakel der Extraklasse darzustellen - oder eben als "spektakulärster Modelwettbewerb aller Zeiten" mit "Fotos, die die Welt noch nicht gesehen hat". Denn hier lässt sich ja nicht irgendein öffentlichkeitsgeiles Frischfleisch abblitzen, sondern zehn international gefeierte Topmodels, die unter anderem in Katalogen für Sportscheck oder auf Plakaten von McFit zu bewundern sind. In zehn verschiedenen Shootings muss sich dieses Kandidatenfeld der Extraklasse beweisen, wobei das beste Foto jeweils mit 100.000 Dollar dotiert ist. Bestenfalls ist also neben der obligatorischen Weltkarriere eine Million Dollar abzugreifen, wie Juror Peyman stolz vorrechnet.
Und ja, bei Peyman handelt es sich tatsächlich um den Juror, der zuvor bereits drei Jahre lang bei «Germany's Next Topmodel» über das televisionäre Schicksal williger junger Mädchen entschied. War er zwischen 2007 und 2009 noch Statist neben dem schillernden Star Heidi Klum, wurde er inzwischen offensichtlich befördert und darf den Dolmetscher für Bar Refaeli geben, die sichtlich darum bemüht ist, irgendwie Interesse für Format und Mädchen zu heucheln. So wirklich aufrichtig wirkt dies auf den Zuschauer aber leider selten, insbesondere durch die Tatsache, dass sie inmitten deutscher Verantwortlicher als einzige konsequent Englisch spricht. Hierdurch wirkt sie sowohl für die Kandidatinnen als auch für den Zuschauer noch unnahbarer als ohnehin schon, denn ihre spärlichen Versuche, ein gewisses Maß an Bodenständigkeit zu wahren, kommen eher bemüht rüber. Dritter im Bunde ist schließlich der farblose Fotograf Oliver Gast.
An die bekannte Modelselektion auf ProSieben erinnert jedoch längst nicht nur Peyman Amin, viel mehr macht die komplette Auftaktfolge den Eindruck, als ob man lediglich die eigentliche Vorauswahl durch die Castings aus «GNT» weggelassen und ansonsten eine laue Kopie des Formats für triste Abende im Sommerloch produziert habe. So wundert es kaum, dass nach einer leicht chaotischen kleinen Vorstellungsrunde bereits nach einer knappen Viertelstunde zur ersten ultraharten Challenge geblasen wird. Die Mädchen sollen, durch ein an einem Kran befestigtes Seil gesichert, von einem großen Felsen springen und dabei möglichst erotisch posen. Wertvolle verbale Unterstützung erhalten sie dabei von Bar und Peyman, denn während erstere wahlweise "beautiful", "more, more" oder "sexy" herumschreit, beschwert sich letzterer in reinstem Denglisch über Ausdruck oder Einstellung der ihm Untergebenen.
Nachdem die Fachjury ihren Senf zu den Fotos abgegeben hat und die Mädels dem Kameramann beichten konnten, warum sie welche Mitbewerberin nun wie gut leiden können, entscheidet sich nach einigen Stunden erzählter und 20 Minuten Erzählzeit endlich, wer den ersten Safe mit 100.000 Dollar bekommt. Doch da Modelcastings völlig ohne Tränen einfach zu langweilig werden, siebt die Troika auch die schlechteste Kandidatin der ersten Challenge aus - nachdem sie die drei schwächsten Mädchen ausführlich für ihre schlechten Leistungen hat runtermachen können. Die Verliererin Anika muss ins Shootout, wo sie gegen die Schwächste aus der zweiten Challenge noch einmal antreten muss. Diese zweite Challenge besteht im Übrigen aus einem Nacktshooting am Toten Meer, wonach wieder die beste und schlechteste Leistung bewertet wird.
Von diesen zwei Challenges und dem abschließenden Shootout abgesehen passiert die gesamten gut zwei Stunden über kaum etwas. Eine Bindung zu den Kandidatinnen kommt kaum auf, da diese allesamt sehr kurz abgehandelt werden und darüber hinaus auch überwiegend eher Stereotypen darstellen. Zu der Jury fällt es fast genauso schwer, irgendeine emotionale Verbindung herzustellen, da Bar noch eine Spur unnahbarer wirkt als Klum, man Peyman entweder liebt oder hasst und Gast noch nicht einmal seinem Namen alle Ehre macht. Er wirkt eher wie ein Lückenfüller, damit die Jury quantitativ angemessen besetzt ist. Immerhin nervt aber auch niemand so sehr, dass man einen extrem starken Drang verspürt, den Sender zu wechseln.
Was dem Format wirklich gut gelingt, ist die Nutzung der jeweiligen Location. Mit Bar Refaelis Heimatland Israel hat man für die Premiere zwar ohnehin einen sehr dankbaren Ort für eine solche Show gefunden, doch die Landschaftsaufnahmen machen wirklich Lust auf einen ausgiebigen Sommerurlaub in diesem Staat. Doch hiervon abgesehen gibt es kaum etwas, das «Million Dollar Shootingstar» wirklich sehenswert macht. Die Jury ist letztendlich keinen Deut sympathischer als bei der Konkurrenz, die Kandidatinnen dienen nur als Mittel zum Zweck und konzeptionelle Ähnlichkeiten zu «Germany's Next Topmodel» sind tatsächlich so zahlreich vorhanden, dass man sie schon fast als dreist bezeichnen muss. Wer nicht genug bekommen kann von oberflächlichen Model-Shows, darf durchaus mal einen Blick hierein wagen, für alle anderen wird sich der Konsum jedoch eher als Zeitverschwendung herausstellen.