360 Grad: Schlampen bei RTL
Katja Burkard bezeichnete die amerikanische Sängerin Kesha bei «Punkt 12» als Schlampe. Ein Kommentar von Julian Miller.
„Wat 'ne Schlampe, oder?!“
So klingt das also im Studio, wenn bei «Punkt 12» gerade die Einspielfilme laufen und Katja Burkard denkt, dass ihr Mikrophon ausgeschaltet ist. Diesmal konnten die Zuschauer wegen einer technischen Panne allerdings mithören - ein peinlicher Faux-Pas.
Vielleicht war die Sache ein Ausrutscher. Vielleicht verhalten sich die Redakteure und die Moderatorin ansonsten im Rahmen dessen, was man Anstand nennen könnte. Die Hardcore-Kritiker von RTL würden das als unrealistisch bezeichnen und sich vermutlich erst einmal ein paar neue T-Shirts drucken, aber es ist zumindest möglich, dass Burkard während ihrer Sendung ansonsten nicht über die Prominenten herzieht, die sie in ihren Beiträgen gerade vorführen lässt. Mittlerweile entschuldigte sie sich auch brav via „Bild“. Der Schlampensatz über Kesha tue ihr sehr leid. Wollen wir es ihr einmal glauben.
Nur: Zielt «Punkt 12» nicht schon von seinem Grundkonzept her auf genau eine solche Reaktion ab? Schließlich tut diese Sendung in ihrem People-Ressort, einem tragenden Eckpfeiler des Formats, wenig Anderes, als den Versuch zu unternehmen, Prominente in einer Mischung aus geheuchelter Besorgtheit und gekünsteltem Gerüchtewühlen zu demontieren. Insbesondere natürlich solche, die mit RTL entweder nichts zu tun haben wollen oder sich dem Ekel-Boulevard-Spielchen samt Homestorys und öffentlichkeitswirksamen Abstürzen nicht ergeben.
Zugegeben, Kesha geht mit so manchen Dingen an die Öffentlichkeit, die, nun ja, kontrovers sind. Dass Katja Burkard sie dann jedoch in einem Umfeld, von dem sie denkt, dass es die Öffentlichkeit nicht mitbekommt, als Schlampe bezeichnet, offenbart wenig mehr als ihre „journalistische“ Berufsethik – und natürlich, welche Wirkung «Punkt 12» mit seinem Beitrag erzielte. Denn „Wat 'ne Schlampe, oder?!“ fasst die von RTL wohl beabsichtigte süffisante Grundaussage eigentlich ganz gut zusammen, auch wenn sich der Off-Sprecher eines solchen Beitrags natürlich hüten würde, diese Worte in den Mund zu nehmen. Aber mit ein bisschen Ahnung von Wirkungspsychologie und Dramaturgie muss man Dinge, die man eigentlich meint, ja nicht explizit aussprechen, sondern kann sie durch verschiedene (bei «Punkt 12» meist plumpe) Methoden implizieren. Ein Grundpfeiler des Boulevards und keine Neuigkeit. Neu ist hier allenfalls, dass die Message offensichtlich sogar bei den eigenen Mitarbeitern ankommt, die für solche Sendungen arbeiten – und dass wir aus erster Hand wissen, was prominentes RTL-Personal aus den eigenen Beiträgen ableitet.