360 Grad: Schlimmer als unter Bush
Am Montag startete bei NBC «1600 Penn» - eine der wohl schlechtesten Sitcoms der letzten Jahre. Ein Kommentar von Julian Miller.
«The West Wing» als Sitcom – auf den ersten Blick eine zumindest gewagte Idee.
Wie das aussehen kann, sieht man ab Mitte Januar, wenn «1600 Penn» in Serie geht. Am vergangenen Montag lief nach der finalen Performance-Show von «The Voice» bereits die erste Folge. Sie war so schlecht, wie man es in den Weiten der amerikanischen Fernsehwelt selten findet.
Präsident Gilchrist, the father who knows best, lebt mit seiner Familie im Weißen Haus. Seine Frau ist hübsch, adrett und gut zwanzig Jahre jünger. Seine zwei Kinder aus erster Ehe, der College-Langzeitstudent Skip, der weder sein Leben noch sein Studium auf die Reihe kriegt und für allerhand Pausenclownereien sorgt, und seine Schwester Becca, zugeknöpft, zielstrebig und schwanger, könnten unterschiedlicher nicht sein. Dazu noch der Nachwuchs aus der zweiten Ehe im Grundschul- und High-School-Alter und fertig ist die Familiensitcom. Mit der einzigen Besonderheit, dass die Familie im Weißen Haus lebt und der Pater familias das Land führen soll.
Aus dieser schon eher dünnen dramatischen Situation entstehen dann Plots, die selbst für deutsche Verhältnisse zum Haareraufen wären: Der Präsident soll werbewirksam ein Tennis-Match gegen den verhassten brasilianischen Staatschef verlieren, damit dieser dem lateinamerikanischen Handelsabkommen zustimmt. Becca ist schwanger, doch noch darf es niemand in der Familie wissen (Man brauch ja noch Stoff für's Staffelfinale). Währenddessen ist Bruder Skip als Trottel vom Drehbuchreißbrett für all den Klamauk zuständig, wenn er ein Verbindungshaus auf seinem Campus mit Raketen befeuert und anschließend zu seinem eigenen Schutz vom Secret Service abtransportiert wird. Oder wenn er über das Sofa im Oval Office stolpert. Oder die Möbel in Brand setzt.
Kein Wunder, dass der Weltuntergang kurz bevor steht, wenn es im Weißen Haus so zugeht. Jeb Bartlet würde sich erschießen. Bill Pullmans Präsidentenfigur Dale Gilchrist regiert munter weiter.
Da ist es eher eine Frage der Zeit, bis dieser sonderbare Präsident vom amerikanischen Zuschauer abgewählt wird. Und man fragt sich, wieso NBC ein derart desaströses Format nach der zugkräftigen finalen Performance-Show von «The Voice» programmiert.
Oder geht es einem beim Peacock wie bei Sat.1 und man hat einfach nichts anderes, das man senden könnte?
Allen Lesern ein frohes Fest und einen guten Rutsch ins neue Jahr. 360 Grad meldet sich am 4. Januar mit einer neuen Ausgabe zurück. Sofern der Weltuntergang ausbleibt, natürlich.