Schiffbrüchige Tiger, böse Nordkoreaner, der Märchenkönig und Vampirschwestern: Die Neustarts der Woche.
«Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger»
Ein Schiffsunglück führt dazu, dass Pi Patel, der Sohn eines indischen Zoodirektors, mitten auf dem Ozean zusammen mit einem furchteinflößenden bengalischen Tiger in einem mickrigen Rettungsboot festsitzt. Eine gefährliche Situation, der Pi dank seines Einfallsreichtums jedoch Herr werden kann. Der Teenager trainiert mit Mut und Durchsetzungsvermögen die Raubkatze und mit seinem unbeugsamen Glauben trotzt er den Tücken der Elemente. So beginnt ein weitschweifendes Abenteuer vor exotischer Kulisse ...
Ob die von vielen US-Kritikern als Oscar-Favorit gehandelte Literaturverfilmung ihrem guten Ruf gerecht wird, verrät
unsere Kino-Kritik.
OT: «Life of Pi» von Ang Lee. Mit: Suraj Sharma, Irrfan Khan, Tabu, Adil Hussain, Gerard Depardieu und Rafe Spall
«Die Vampirschwestern»
Die 12-jährigen Schwestern Silvania und Dakaria ziehen von ihrer Heimat Transsylvanien in eine beschauliche Kleinstadt in Deutschland – was für sie eine enorme Umstellung bedeutet, denn erstmals leben die Halbvampire unter zahlreichen normalen Menschen. Das bringt auch allerlei Verbote mit sich: Ihnen wird es verboten, tagsüber zu fliegen, an der Decke herumzukrabbeln oder ihre Teleportationskraft zu nutzen. Während Dakaria von diesen Verboten entmutigt wird, saugt Silvania das Menschsein freudig auf.
Gemein ist beiden derweil, dass sie in der Menschenschule immer wieder unvorbereitet in alltägliche Situationen stolpern, die sie nicht begreifen. Wenn das mal nicht den Vampirjäger Dirk van Kombast auf ihre Fährte lockt ...
Die Kritikerstimmen sprechen von einem leicht überdurchschnittlichen Kinderfilm: Annekatrin Liebisch von ''Teleschau – Der Mediendienst'' zieht ein positives Fazit und lobt die „kleine[n] Skurrilitäten“, mit denen Vorbildern wie «Addams Family» und «Der kleine Vampir» Tribut gezollt wird sowie die Hauptdarsteller, die „in dieser Umgebung so viel Charme versprühen“. Ärgerlich stießen derweil die flachen Nebenfiguren ins Auge. Sophie Charlotte Rieger von ''kino-zeit'' gibt eine mittelmäßige Wertung und sieht «Die Vampirschwestern» als „ein[en] in erster Linie unterhaltsame[n] Kinderfilm, der Spaß macht, aber sicher nicht lange im Gedächtnis bleibt.“ Anlass sind auf der Haben-Seite auch für sie die „fantasievolle[n] Details“ der Ausstattung sowie „das unbeschwerte, komödiantische Konzept“ und Michael Kesslers Performance. Als Negativpunkte stellt sie die „zu simpel“ geratene Dramaturgie heraus, die auch die Zielgruppe inhaltlich „unterfordert“. Birgit Reuther bemängelt im ''Hamburger Abendblatt'', dass die cineastische Komponente fehle und der Film von „der Machart her genauso gut im öffentlich-rechtlichen Nachmittagsfernsehen laufen“ könne. Positiv fielen aber die Jungdarstellerinnen auf, die „viel Coolness und Frische“ aufzeigen und helfen, die zentralen Themen „zeitlos“ und „ohne Zeigefinger“ zu vermitteln.
OT: «Die Vampirschwestern» von Wolfgang Groos. Mit: Marta Martin, Laura Roge, Michael Kessler und Christiane Paul
«Ludwig II.»
Diese neue filmische Thematisierung des „Märchenkönigs“ setzt kurz nach dem Tod seines Vaters an und zeichnet Ludwig II. als einen verträumten Optimisten, der davon überzeugt ist, dass man die Menschheit durch Kunst und Musik verbessern kann. Der hochbegabte Adlige zweifelt am Nutzen des Waffendienstes und fördert mit aller Macht die Bildung. Jedoch muss Ludwig II. erkennen, dass er nicht allein in einer sicheren Blase lebt und andere Königreiche weiterhin auf Krieg aus sind. Auch
innenpolitisch stößt der in Liebesdingen glücklose Ludwig II. auf Widerstände, weshalb er sich letztlich von der Politik und seinem Umfeld enttäuscht zurückzieht ...
Der Historien-Biografiefilm spaltet die deutsche Presse. Beispielsweise bemängelt Dimitrios Athanassiou von ''moviemaze.de'', dass in der Produktion „die Stationen im Leben Ludwigs zwar gewissenhaft, aber schnell abgehandelt werden“ und keine „wirkliche Nähe“ zur Person Ludwigs entstünde, weil die Regisseure zu sehr „um eine überaus gesicherte Darstellung bemüht“ seien und Reibungen vermieden. Jens Mayer von ''critic.de'' zieht ebenfalls ein unzufriedenes Fazit, da er durch Ludwigs Leben „galoppiert“. „Jede Szene scheint nur ungeduldig auf ein bestimmtes Stichwort – einen Satz, eine Handlung – zu warten, um daraufhin sofort die nächste folgen zu lassen“, stellt Mayer fest, der sich ebenfalls an der mutlosen Zeichnung der Hauptfigur stört. Sie „wirkt so, als hätten [die Macher] sich nicht getraut, alle Fasern ihres Stoffes anzubrennen, um sie in eine überzeugende Form zu bringen“, urteilt der Kritiker. Aber es gibt auch sehr begeisterte Stimmen zum Drama. So urteilt ''Filmstarts''-Redakteur Staben Andreas, dass der Film „dank exzellenter Darsteller, opulenter Originalschauplätze und minutiöser Detailarbeit“ ein gerechtes Bild des Märchenkönigs zeichne. Lohnenswert seien auch die „ kleinen ungewöhnlichen Akzente“, wie etwa die „originelle Darstellung“ diverser Nebenfiguren oder „die verschnörkelte Pracht der Schauplätze“.
OT: «Ludwig II.» von Peter Sehr & Marie Noelle. Mit: Sabin Tambrea, Sebastian Schipper und Hannah Herzsprung
«Alexandre Ajas Maniac»
Stille Wasser sind tief, sehr tief: Der kontaktscheue, wortkarge Frank wirkt nach außen hin als lieber, langweiliger Zeitgenosse, der sich allein um seine Arbeit als Schaufensterpuppen-Restaurator kümmert. Seine abscheuliche wahre Seite kennt indes kaum jemand: Nachts verwickelt er wildfremde Frauen in Gespräche oder verabredet sich mit Internetdates, um diese kaltblütig zu ermorden und zu skalpieren. Als er eines Tages die gutherzige und bildhübsche Anna kennenlernt, glaubt er, dass sein Blutdurst versiegt. Frank verliebt sich in die passionierte Fotografin und sie kitzelt das Gute in ihm heraus – aber mit der Zeit kehrt sein Drang zur Gewalt zurück ...
Ob das Remake des seinerzeit in Deutschland beschlagnahmten 80er-Slashers in die gleiche Falle tappt wie zahlreiche andere Horror-Neuverfilmungen oder Genrefreunden zum Jahresende nochmal ein Highlight bietet, verrät Ihnen unsere
Kino-Kritikerin Antje Wessels.
OT: «Maniac» von Alexandre Aja. Mit: Elijah Wood, Nora Arnezeder und Jan Broberg
«Red Dawn»
Das US-Städtchen Spokane wird vollkommen ohne jede Vorwarnung von einer nordkoreanischen Fliegerstaffel angegriffen. Den Invasoren gelingt es, den Ort völlig einzunehmen und vom restlichen Bundesstaat Washington abzuschneiden. Nur wenige Einwohner konnten ins umliegende Waldgebiet fliehen, darunter der zur Marine gehende Jungspund Jed, der sich gerade auf Heimurlaub befindet, sowie sein Bruder Matt. Unter der Leitung Jeds beschließen die Flüchtlinge, eine Kämpfertruppe
namens „Wolverines“ zu formen und im Alleingang die Nordkoreaner zu bekämpfen. Matt verfolgt darüber hinaus das Ziel, seine gefangengenommene Freundin Erica zu befreien, was allerdings alsbald die gesamte Mission in Bedrängnis bringt ...
An «Red Dawn» lassen die Kritiker kein gutes Haar: Rüdiger Suchsland urteilt in ''film-dienst'', dass das Remake des polarisierenden 80er-Kriegsfilms lausige Action „ohne Stil oder Gespür für Timing“ bieten würde, die wie „Billig-Fernsehen für die große Leinwand“ wirkt. Bedenklich sei, dass das Remake „in puncto Chauvinismus, US-Nationalismus und Rassismus“ das Original weit überbiete und „darüber hinausgehend sogar rechtsextremes Gedankengut“ verbreite, weshalb es sich bei dieser Produktion um „ein übles, geschmackloses Machwerk“ handle. Das ''Moviejones''-Team fragt sich, „was die Produzenten bei Red Dawn geritten hat“ und belächelt die Entscheidung, in der Postproduktion aus der ursprünglichen Bedrohung durch chinesische Invasoren einen Angriff Nordkoreas zu machen. Dadurch „verkommt das Szenario zur üblichen US-Glorifizierung, die speziell im Ausland immer ein großes Grinsen nach sich zieht.“ Auch in den USA kam der Film schlecht an, zum Beispiel schreibt Steven Rea im ''Philadelphia Inquirer '' dass die Produktion durch „ein lächerlich mieses Skript und einen geschlossen uncharistmatischen Cast“ zerstört wird.
OT: «Red Dawn» von Dan Bradley. Mit: Chris Hemsworth, Josh Peck, Josh Hutcherson, Adrianne Palicki, Isabel Lucas und Jeffrey Dean Morgan