Daniel Brühl spielt in dieser Komödie den Lehrer Konrad Koch, der den Deutschen ihren Volkssport brachte.
Inhalt
1874, die Blütezeit des deutschen Kaiserreichs, eine Phase des patriotischen Überschwungs und der überautoritären Schulerziehung: Der dem Humanismus verschriebene, junge Lehrer Konrad Koch wird an ein Braunschweiger Gymnasium berufen, welches sich mit Pionierarbeit schmücken und als eines der ersten Lehrinstitute des Reichs Englischunterricht in den Lehrplan aufnehmen möchte. Damit, dass Koch nicht nur des Englischen mächtig ist, sondern auch eine weniger gestrenge, auf Ermunterung statt Bestrafung setzende Pädagogik verfolgt, hat der Rektor allerdings nicht gerechnet. Während die meisten von Kochs Schülern seine Freundlichkeit zu schätzen wissen, wissen sie mit seinem Lehrstoff nichts anzufangen. Was nützt die weibische Inzest-Inselaffensprache schon? Bald wird man das Land der teetrinkenden Barbaren eingenommen haben und auch dort Deutsch sprechen, also sonstwohin mit dem „th“!
Von der bornierten, feindlichen Einstellung seiner Schüler erschüttert, schlägt er einen gänzlich neuen Weg ein, sie zu motivieren und unterrichtet sie im Volkssport Englands, dem Fußball. Nach leichten Startschwierigkeiten sind die Schüler Feuer und Flamme für den Sport, die englische Sprache und Kochs Wertevorstellungen – Fairplay statt Denunziantentum, Teamwork statt Egoismus und Freidenkertum statt „bloody german Gehorsamkeit“. Der Aufruhr der alteingesessenen Lehrerkollegen und spießigen Eltern ist da selbstredend nicht weit ...
Darsteller
Daniel Brühl («Inglourious Basterds») als Konrad Koch
Burghart Klaußner («Das letzte Schweigen») als Gustav Merfeld
Thomas Thieme («Das Leben der Anderen») als Dr. Roman Bosch
Justus von Dohnányi («Napola – Elite für den Führer») als Richard Hartung
Jürgen Tonkel («Die Rosenheim-Cops») als Dr. Jessen
Vincent Kastner («Ein Hausboot zum Verlieben») als Offizier zu Hohenlohe
Kathrin von Steinburg («Franzi») als Klara Bornstedt
Axel Prahl («Tatort») als Schricker Sen.
Theo Trebs («Das weiße Band») als Felix Hartung
Adrian Moore («Friendship!») als Joost Bornstedt
Kritik
Man kreuze «Der Club der toten Dichter» mit dem filmischen Heinz-Rühmann-Evergreen «Die Feuerzangenbowle» und schmeiße noch das Feeling einer Jugend-Sportkomödie hinzu. Et voilà, oder wohl treffender, there it is: «Der ganz große Traum»! In einem leichtgängigen Tonfall erzählt Regisseur Sebastian Grobler unter teils blamabler, teils spritzig-augenzwinkernder Verwendung von Charakter- und Länderklischees die wahre Geschichte des Gymnasiallehrers Konrad Koch, der im späten 19. Jahrhundert das Fußballspiel nach Deutschland brachte. Historische Genauigkeit spielt allerdings eine untergeordnete Rolle – die wahren Themen bleiben bestehen, doch seine Kollegen, seine Schüler und auch Kochs Persönlichkeit weichen Jugendfilmcharakteristika, wie sie einer Disney-Sportkomödie (man denke etwa an «Mighty Ducks») entsprungen sein könnten. Da sich der Film jedoch sehr früh zu seiner spaßigen Natur bekennt und nie den Anspruch auf minutiöse Historiengenauigkeit erhebt, muss dies keineswegs schlecht sein – zumal die spritzige Machart die teils enormen Parallelen zum „inspirierende Lehrer“-Genreprimus «Der Club der toten Dichter» etwas abfedern kann.
In vereinzelten Szenen, etwa wenn die gesamte Klasse zusammenhält um eine angedrohte Strafe des Rektors abzuwenden, kann man sich nicht wehren und wartet geradezu darauf, dass Robin Williams hinter der Tafel hervorspringt oder einer der Schüler „Oh captain, my captain“ ruft. Doch diese als Ausrutscher in nicht zum restlichen Film passende Rührseligkeit zu verbuchenden Plagiatsmomente sind sehr rar gesät und dank der Energie der Darsteller leicht zu verzeihen. Daniel Brühls Darstellung Kochs als groß gewordener Spitzbube ist von ansteckender Dynamik, und so flach die Schülerrollen geschrieben sein mögen (der liebe Arbeitersohn, der eiskalte Sohn eines Wohlhabenden, der unsportliche Dicke …), so gehen die Jungdarsteller wenigstens in ihren Figuren auf und hauchen ihnen mit Ehrgeiz Leben ein.
Der Witz hinter «Der ganz große Traum» ist schnell zusammengefasst – es ist ironisch, dass Deutsche sich anfangs gegen den „weibischen“ Ballsport wehrten. Aber Grobler melkt diesen Gag mit frischen Dialogen genau so lange, wie er noch unterhaltsam ist und überreizt ihn nicht. Zur Zielgeraden der die Dauer eines Standard-Fußballspiels leicht überschreitenden Laufzeit hin übt er sich in kleinen Charaktergags und der häufig getätigten, inspirierenden Aussage, wie verbindend Sport sein kann – die Verspieltheit, mit der zuvor ausgetretene Pfade bewandert wurden, geht im Finale derweil verloren. Die Musik schwillt in den letzten Minuten etwas zu sehr an und mit dem Zaunpfahl wird etwas zu aggressiv gewunken, unterm Strich bleibt dennoch ein sympathischer Jugend- und Familienfilm mit sitzendem Humor und guter Botschaft.
Das Erste zeigt «Der ganz große Traum» am Sonntag, den 30. Dezember, um 17.45 Uhr.