Die Kritiker: «Kommissar Stolberg»

Wir beschäftigen uns mit der Folge "Der verlorene Sohn", einer der letzten der Krimiserie.

Inhalt
Ein umherziehender Junge weckt spät in der Nacht das Interesse zweier Streifenpolizisten. Er war hastig in eine Seitenstraße gelaufen und hatte sich dort tief in die Schatten gedrückt. Offenbar wollte er sich umziehen, die getragenen Sachen entsorgen. Als die Polizeibeamten ihn endlich aufgreifen können, sind sie äußerst überrascht: Die Kleidung des Jungen ist blutdurchtränkt. Auf die Fragen der Polizisten reagiert der äußerst verstört wirkende Junge kaum. Nur schwer kann Stolberg seine Identität klären. Dennis war erst vor wenigen Tagen mit Arnd Kessler, einem erwachsenen Begleiter, von Dublin angereist. Das Blut auf Dennis' Kleidern lässt Schlimmes erahnen.

Stolberg und seine Kollegen nehmen die Ermittlungen auf. Sie fahnden dringend nach Arnd Kessler, und tatsächlich können sie das Hotelzimmer, in dem dieser die vergangenen Tage verbrachte, rasch ermitteln. Doch dort erwartet die Kommissare ein furchtbarer Anblick: Sie finden Arnd Kessler inmitten einer riesigen Blutlache. Der Mann wurde erstochen. Einen wichtigen Hinweis erhalten Stolberg und seine Mitarbeiter von einem Polizei-Kollegen. Jupp Beckhaus meint den Jungen wiedererkannt zu haben und erinnert sich an eine alte Entführungsgeschichte. Vor etwa elf Jahren wurde der kleine Hanno Schönherr von einem Spielplatz entführt und blieb seither spurlos verschwunden. Auch Kessler und seine Frau wurden damals befragt, doch die Polizei vertraute den Eltern des Kindes bald nicht mehr und ging zunehmend von einem Tötungsdelikt aus. Dabei hatte sich das Ehepaar Kessler zwischenzeitlich mit dem entführten Jungen nach Irland abgesetzt und diesen als eigenes Kind aufgezogen. Doch im Hotelzimmer des Toten finden die Kommissare Indizien, die belegen, dass Arnd Kessler den nunmehr 14-jährigen Jungen seinen leiblichen Eltern Peter und Sibylle Schönherr zurückbringen wollte. Der einstige Entführer hatte gar Kontakt mit Dennis' Großvater Gerhard Mohr aufgenommen, eine Übergabe wurde vereinbart: Dennis gegen eine Zahlung von 300 000 Euro. Doch das Treffen fand nie statt, Kessler wurde vorher ermordet. Hat die Familie des Jungen den Mann aufspüren können und sich für das Leid der vergangenen Jahre gerächt? Die Ereignisse überschlagen sich, als Stolberg in der Familiengeschichte der Schönherrs auf Missstände und Verstrickungen stößt, die dem Fall eine Wendung geben.

Darsteller
Rudolf Kowalski («Bella Block») als Martin Stolberg
Wanja Mues («Stubbe – Von Fall zu Fall») als Nico Schreiber
Eva Scheurer («Die Strandclique») als Dr. Hannah Voskort
Jasmin Schwiers («Machen wir's auf Finnisch») als Svenja Landau
Alina Levshin («Im Angesicht des Verbrechens») als Severine Fischer
Marcus Mittermeier («Der Staatsanwalt») als Peter Schönherr
Sonja Baum («Wege zum Glück») als Sibylle Schönherr

Kritik
Das Ende ist bereits beschlossene Sache: Das ZDF wird keine neuen Folgen von «Kommissar Stolberg» mehr produzieren lassen. Vermissen wird man die Serie wohl kaum, schließlich hat sie nie durch irgendeine Art von Besonderheit glänzen können, sondern galt immer als eines der Paradebeispiele für das öffentlich-rechtliche Krimi-Einheitsformat, das mit anderen Serien der gleichen Machart beliebig austauschbar wäre.

In einer der letzten Folgen, „Der verlorene Sohn“, merkt man dies wieder deutlich. Die grundsätzliche Prämisse vom verschwundenen Kind, das nach über einem Jahrzehnt wieder auftaucht, mag zwar ganz spannend sein – doch das Drehbuch von Denise Schöwing und Sven Poser versteift sich leider viel zu stark auf eine zu gewollt plotgetriebene Erzählweise und belässt es bei der Betrachtung der Gefühlswelten der betroffenen Eltern beim bloßen Anreißen von Klischees.

Die filmische Umsetzung (Regie: Michael Schneider) beschränkt sich, ebenfalls typisch für den ZDF-Krimiserienduktus, auf eine sehr suggestive Inszenierung mit allerhand plump gesetzten Motiven (der leeren Schaukel auf dem Spielplatz als Leitmotiv) und effekthascherischen Zeitlupen, die die Wirkung der dramatischen Situation verwässern statt verstärken. Keine Subtilität, keine Innovation.

Doch tiefgreifendes Erzählen hatte bei «Stolberg» noch nie Priorität. Die lag schon eher auf dem Suggestiven und der Banalisierung psychologisch spannender Geschichten, die die eigentlich interessanten Aspekte des Stoffes oft zugunsten von möglichst viel Melodram ausgeklammert haben. Krimi geht besser.

Die neue «Kommissar Stolberg»-Staffel startet das ZDF am Samstag, 12. Januar 2013 um 21.45 Uhr.
11.01.2013 11:00 Uhr  •  Julian Miller  •  Quelle: Inhalt: ZDF Kurz-URL: qmde.de/61426