Laiendarsteller-Diskussion: ‚Sender wollen sparen‘

Jetzt mischt Heinrich Schafmeister in der Debatte mit. Er ist im Vorstand des BFFS (Bundesverband der Film- und Fernsehschauspieler). Er sagt: Ein vernünftiger Schauspieler wird man nur mit einer ordentlichen Ausbildung.

Sind Laiendarsteller, also beispielsweise die Akteure, die täglich in «Berlin – Tag & Nacht» und «Köln 50667» zu sehen sind, mitunter wirklich die Stars der nachkommenden Generation? Schwimmt Ole ohne Kohle 2013 auf einer ähnlichen Beliebtheitswelle wie zehn Jahre zuvor Jeanette Biedermann oder Yvonne Catterfeld? Diese Frage wirft der aktuelle Rummel um die RTL II-Darsteller derzeit auf. Bravo-Chefredakteur Alex Gernandt kam in einem Quotenmeter.de Artikel zum Schluss, dass «BTN»-Darsteller heute einen ähnlichen hohen Stellenwert bei der ganz jungen Generation hätten. Möglich also, dass der Star-Status nicht falsch ist. Das findet auch Heinrich Schafmeister («Wilsberg», «Wie erziehe ich meine Eltern?»), der als Schatzmeister im Vorstand des BFFS (Bundesverband der Film- und Fernsehschauspieler - gegründet im April 2006, heute über 2300 Mitglieder) die Interessen der gelernten Schauspieler vertritt und sagte diesbezüglich zu Quotenmeter.de:

„Wenn die Publikumsgunst die sich selbstdarstellenden Teenies zu Stars macht, sind sie Stars – aber eben noch lange keine Schauspieler.“ Letztlich bestehe vor allem die Gefahr für die jungen Darsteller, genau das zu verkennen. „In der Schauspielbranche hätten sie damit künftig ein Problem.“ Ohnehin: Der Erfolg der Laiendarsteller ist einigen in der Branche ein Dorn im Auge. Mit Schafmeister ging Quotenmeter.de auf Ursachenforschung. Sind Laiendarsteller für Vorabendformate besser geeignet, weil sie authentischer wirken und mitunter ihren eigenen Charakter mit in die Serie einbringen? Schafmeister verneint.

„Wahr ist vielmehr, dass man mit Laiendarstellern dreht, weil sie billiger sind, alles drum herum billiger ist und, wenn Laien ihre Geschichte einbringen, ist das wiederum billiger als ein ordentliches Drehbuch. Die Sender wollen sparen, wollen alles billiger – Qualität ist für sie nachrangig“, sagt der Schauspieler, sieht den Fehler aber vielmehr bei den Sendern als bei Produktionsfirmen wie filmpool. „Die Produktionsfirmen tun einfach, was die Sender wollen. Das ist die wirkliche, traurige Logik.“

Nun wurde auch schon früher mit vergleichsweise günstigen Darstellern in klassischen Soaps zusammengearbeitet - «GZSZ» und Co. wurden groß und profitabel, weil man letztlich immer auf das Gehaltsgefüge achtete. Vor allem solche Dailys waren über Jahre hinweg eine gute Chance für den Schauspielnachwuchs, in das Fernsehbusiness einzusteigen. Setzt ein Sender künftig in Vorabendproduktionen also nicht mehr auf gelernte Schauspieler, sondern auf Laien, ist das für den Berufstand Fernsehschauspieler nicht wirklich erträglich, zumal die Primetime-Fiktion-Projekte derzeit auch eher rar gesät sind. Dass Soaps allgemein als Sprungbrett dienen, sieht Schafmeister nicht so. „Soaps waren nur für sehr wenige Schauspielerinnen und Schauspieler ein guter Einstieg“, sagt er und verweist auf zahlreiche Schauspieler, die danach für eine Zeit oder für immer raus waren aus dem Geschäft.

„Die wenigen Erfolgreichen haben sich als respektable Schauspieler erwiesen und deshalb Karriere gemacht. Aber man kann nicht generell sagen, dass über Soaps der Schauspielernachwuchs kommt“, betont Schafmeister. Letztlich sieht er auch hier die Schuld bei den Sendern, die seiner Meinung nach „immer mehr auf „Fließband-Projekte setzen, die für den schauspielerischen Prozess keine Zeit lassen“. Kostendruck als Qualitätskiller. „Das ist schlecht gerade für junge und für alle Schauspielerinnen und Schauspieler“, sagt Schafmeister.

Ein solcher Lernprozess lässt sich nach Meinung des langjährigen Darstellers auch nicht nur durch bloße Praxisarbeit erzielen – immerhin gibt es in der Branche mitunter durchaus die Meinung, dass sich Darsteller von «Berlin – Tag & Nacht» durch die inzwischen fast zweijährige Kameraerfahrung durchaus positiv weiterentwickelt haben. „Den schauspielerischen Prozess, sich in andere Figuren hinein zu versetzen und sie zu verkörpern, lernt man nicht, wenn man im Grunde nur sich selbst darstellen soll. Politiker stehen auch vor der Kamera, müssen sich selbst verkaufen, lernen dadurch aber nicht die Schauspielkunst“, kontert Schafmeister diesen Argumenten.

Den Sprung ins richtige Schauspielfach sieht Schafmeister nur über eine ordentliche Ausbildung – und dann räumt er den jetzigen Teen-Stars auch echte Möglichkeiten ein. „Es kann natürlich durchaus sein, dass Laiendarsteller, Sportler, Politiker, Köche etc. später auch mal Schauspieler werden, weil sie ihr Talent, andere Menschen zu verkörpern, mit einer ordentlichen Ausbildung oder in guten fiktionalen Formaten professionell entwickelt haben“, sagt er. Genau diesen Weg geht – leise, still und heimlich, also ohne PR-Maschinerie nebendran – die ehemalige «Berlin»-Darstellerin Ceylan. Sie stieg aus aus der RTL II-Serie und besucht nun eine Schauspielschule.

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02.03.2013 09:58 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/62378