Die Kritiker: «Tag 7 - Auf der Suche nach»

Der WDR zeigt mit seiner Dokureihe «Tag 7 - Auf der Suche nach» erfrischend ehrliches und authentisches Fernsehen.

Inhalt
Folge 1 – Christine Westermann
„Mit Mitte 60 ist das Ende in Sicht, man kann nicht so tun, als seien die Fragen nicht da.“ Christine Westermann, die beliebte Fernsehmoderatorin der WDR-Sendung „Zimmer frei“, ist an einem Wendepunkt angekommen. Seit rund 40 Jahren arbeitet sie als Journalistin. Ihre Karriere war ein steter Weg nach oben. Ein Innehalten, gar eine Auszeit zu nehmen, daran dachte sie nie.
Nun hat die Moderatorin zum ersten Mal das Gefühl, auf die „Zielgerade des Lebens“ einzubiegen, wie sie es beschreibt: „Dabei drängt sich mir immer hartnäckiger die Frage auf: Wie viel Zeit bleibt mir noch? Mein Vater verstarb mit Mitte 60. Komme ich nach ihm, bin ich sozusagen schon übermorgen tot? Mit dieser Erkenntnis setzte bei mir ein tiefes Nachdenken ein: Wie die Zeit sinnvoll nutzen, die mir noch bleibt? Wie Überflüssiges vermeiden? Was ist überhaupt sinnvoll?“

Fragen, so massiv, dass man sie nicht zwischen Tür und Angel und in der Hektik des Berufsalltags klären kann. Deshalb hat sich die Moderatorin zurückgezogen; von Köln in ein überkonfessionelles Zen-Buddhistisches Zentrum. Spirituelles Neuland für die 64-Jährige, aber aus der Stille der Meditation, so hofft sie, werden die Antworten wohl auftauchen.

Folge 2 – Sabine Heinrich
„Ich bin 35 und frage mich, wie geht es jetzt eigentlich weiter?“, sagt Sabine Heinrich, die beim Radiosender 1LIVE als Moderatorin sehr erfolgreich auf Sendung und in Folge dessen auch immer häufiger im Fernsehen zu sehen ist („Unser Star für Oslo“, „Echo“, Einsfestival „1LIVE Talk“). Sie liebt ihren Job und geht in der Aufgabe auf, sowohl im Radio, als auch im Fernsehen zu moderieren und Reportagen - mitunter in ganz Europa - machen zu dürfen.

Langsam schleicht sich jedoch der Gedanke ein, dass das nicht alles sein kann und so fragt sie sich, warum es so schwierig ist, die Balance zwischen Job und Privatleben zu halten. Darum nimmt sich Sabine Heinrich eine Auszeit. Während sie sich sonst mit ihren Fragen bei Freunden gut aufgehoben fühlte, geht sie für tag7 völlig neue Wege.

Es geht um eine Weichenstellung in ihrem Leben. Warum also nicht Instanzen hinzuziehen, die vielleicht ihren Lebensplan viel besser einsehen können: Zum Beispiel eine Kartenlegerin, Schamanen, ein muslimischer Hodscha oder ein Pfarrer?

Folge 3 – Katty Salié
„Ich würde so gerne an ein Jenseits glauben, doch den Glauben anknipsen wie einen Lichtschalter, das geht leider nicht“, sagt die erfolgreiche TV-Moderatorin Katty Salié (WestART, Wunderschön, ZDF-Aspekte). Der Verlust ihres kürzlich verstorbenen Schwiegervaters hat eine große Lücke in ihrem Leben hinterlassen. Und eine zentrale Frage: „Wie konnte der Schwiegervater ohne Angst und mit der Überzeugung sterben, dass es nach dem Tod weitergeht? Und wie erkläre ich meiner Tochter, was mit dem Opa geschehen ist, wo ich es doch selbst nicht weiß?“
Katty Salié würde gerne an ein Leben nach dem Tod glauben – doch sie weiß, einen wissenschaftlichen Beweis wird ihr niemand liefern können. Wenn überhaupt, dann muss ein Funke überspringen. Auf der Suche danach nimmt sie sich eine Auszeit, um jene zu treffen, die behaupten: Ja, wir können Dir einen Zugang zum Jenseits vermitteln.

Dabei trifft Katty Salié u. a. Spiritisten, Sterbebegleiter, Rebirther oder einen krebskranken Bestatter, der ebenso wie Katty Saliés Schwiegervater überzeugt ist: Danach wartet der Herr auf mich.

Kritik
«Tag 7» begibt sich mit seiner dreiteiligen Reihe „Auf der Suche nach“ auf Sinnsuche. Im Zentrum der einzelnen Folgen steht jeweils eine prominente Medienschaffende, die sich mit der Frage auseinandersetzt, wo ihre Reise im Leben nun eigentlich hingehen soll. Rami Karmalker sorgt dabei stets für eine absolut authentische Atmosphäre, bildet intime Momente ohne jeglichen Voyeurismus ab und erlaubt es den Protagonistinnen, durch ihre nachträglichen, oft ambivalenten Off-Kommentare ihre Gefühle und Gedanken während der Dreharbeiten differenziert und hoch persönlich einzuordnen. Eine Dokumentation, die Nähe schafft, ohne dieses gezwungene Jetzt-Mal-Mensch-Sein-Müssen. Intim, aber würdevoll.

Natürlich ist diese Doku-Reihe nichts für Zyniker. Bewundernswert, dass sich etwa Sabine Heinrich mitten rein in den manchmal doch sehr schrägen Okkultismus traut, ohne Scham, ohne Hemmungen, gleichzeitig aber sehr selbstreflexiv. Schön auch, dass „Auf der Suche nach“ zwar naturgemäß viele Fragen stellt, jedoch ebenso bemüht scheint, zumindest den Versuch zu unternehmen, Antworten zu liefern, anstatt sich im pseudo-intellektuellen dilettantischen Philosophieren die ergebnislose, triviale Kante zu geben, wie man das in ähnlichen Konzepten oft sehen muss. Im Zentrum des Formats steht dagegen die individuelle Sinnsuche, der sich die Protagonistinnen mit Interesse und ohne Scheu vor dem vielleicht Bizarren stellen – die dreiteilige „Auf der Suche nach“-Reihe verdient ein breites Publikum.

«Tag 7 - Auf der Suche nach» läuft vom 3. bis zum 17. März immer sonntags um 16.30 Uhr im WDR.
02.03.2013 09:41 Uhr  •  Julian Miller  •  Quelle: Inhalt: WDR Kurz-URL: qmde.de/62405