Die Kirche ist nicht unbedingt für ihre Modernität in der Presse zu finden. Allerdings bot sie uns in der vergangenen Woche ein echtes TV-Highlight.
Die Welt hat einen neuen Papst. Nur ist die katholische Kirche nun kein Apple oder Samsung. Dennoch hat man anscheinend die Keynote erfunden. Weltweit berichteten die TV-Sender live über das Event aus dem Vatikan. Stunden wurde live auf einen Schornstein geschaut.
Weißer Rauch? Schwarzer Rauch? Es ist wohl der billigste Spezialeffekt aller Zeiten und sollte bei der Zuschauerzahl baldigst mit einem Oscar bedacht werden. Vor allem brodelte die Gerüchteküche schlimmer als bei einem Smartphone. Wer wird neuer Papst? Wer hat die besten Chancen? Wer bringt die Features für eine Modernisierung mit? Alles zusammen baute einen weltweiten Hype auf. Presse, Fernsehen und soziale Netzwerke im Internet wurden mit dieser Wahl überflutet. Die Katholiken suchen ihren Superstar und Bohlens Jury wirkt wie ein Witz gegen die Konklave.
Sogar unter Ausschluss der Öffentlichkeit wird abgestimmt. Ohne SMS-Voting. Lediglich die Wartezeit erzeugt den Hype. Damit ist es ein valides TV-Format. Die Wahl des neuen Papstes. Sogar der «Eurovision Song Contest» wird deklassiert. Jedes Land kann mitfiebern. Bleiben wir Papst? Gewinnt ein Italiener? Hier werden auch wunderbar Feindschaften aus dem Fußball bedient. Fast hätte man Netzer und Delling moderieren lassen können. Action? Die fehlt. Doch dafür gibt es ja Skandale in der Kirche. Missbrauch, Veruntreuung von Geldern und geheime Seilschaften im Vatikan. Das ist großartig!
Dabei geht es um nichts. Einzig und allein wählen viele alte Männer einen neuen Sprecher. Jeder Kaninchenzüchterverein hätte hier wohl mehr Unterhaltungspotential zu bieten. Die katholische Kirche schafft es dennoch selbst Apple zu toppen. Am Ende steht auf dem Balkon der Sieger und selbst seine Kutte wird von Stylingexperten analysiert. Modernität? Bringen die Gläubigen unten vor dem Balkon mit. Sie reißen ihr iPad in die Höhe und schenken damit der Kirche den nötigen Lifestyle. Hier werden Fahnen geweht und ein alter Mann wie ein Rockstar gefeiert. Er greift sogar zum Mikro. Singen muss der Papst nicht. Es reicht ein Segen und die Menge tobt.
Die Kirche hat schon vor dem Fernsehen ein klasse TV-Format erfunden. Casting, Jury, internationaler Contest und Konzertfeeling. Geht es noch besser? Eigentlich nicht.
Ihr
Rob Vegas
18.03.2013 01:02 Uhr
• Rob Vegas
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