Der Fernsehfriedhof Spezial: Der erste Tag des ZDF
Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 234: Die Programme am ersten Sendetag des ZDF.
Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir wahrer Fernsehgeschichte und bedeutungsvollen Worten.
Das Programm des ZDF vom Montag, den 01. April 1963
19.30 «Ansprache des Intendanten»
Prof. Karl Holzamer, der erste Intendant des ZDF, eröffnete das Programm offiziell mit dem Verlesen einer kurzen Ansprache. Darin verglich er unter anderem das Fernsehen mit dem Theater und zog entsprechend Parallelen zu Goethes „Vorspiel auf dem Theater“. Außerdem umriss er den Anspruch des neuen Kanals, eine harmonische Auswahl aus den Bereichen Information, Kultur, Beratung und Unterhaltung anbieten zu wollen. Nachfolgend ein paar Auszüge aus seinen Worten:
"Guten Abend, meine Damen und Herren. Ohne eine feierliche Eröffnung, vielmehr mitten aus dem Alltag der Arbeit, begrüße ich Sie als die Zuschauer des Zweiten Deutschen Fernsehens, dessen Zeichen mit den zwei Antennenmasten und den beiden Augen Sie schon kennen, und gebe den Bildschirm für unser erstes Programm frei. [...] ‚Wie machen wir's, dass alles frisch und neu und mit Bedeutung auch gefällig sei.' Genau das trifft unsere Situation, die wir zugleich das Neue, die Aktualität, das Zeitgeschehen, die Politik, und andererseits doch die Unterhaltung, das künstlerische Programm Ihnen ins Haus bringen sollen. Wenn der Chefredakteur mit seinen Mitarbeitern für die Politik und das Zeitgeschehen verantwortlich ist und der Programmdirektor dafür die entsprechende eigene Form entwickelt, dann soll es Ihnen zu Gefallen sein. Freilich ist es so, dass wir nicht allen alles bringen können, obwohl es unser Wunsch ist. Wir müssen uns dabei bescheiden. Denn nicht ist für alle alles. Und trotzdem haben Sie nun durch dieses Programm die Wahl, Sie haben die Möglichkeit, sich einzustellen, das Eine oder das Andere herauszuholen.“
19.35 «heute»
Im Anschluss an die Eröffnungsrede zeigte das ZDF die erste Ausgabe der neuen Nachrichtensendung. Diese wird aus Frankfurt-Eschborn gesendet, denn das aktuelle Sendezentrum am Mainzer Lerchenberg wurde erst im Jahr 1974 eröffnet. Der Wetterbericht am Ende der Nachrichten wird in Form des Zeigens einer Wetterkarte präsentiert.
20.00 «Ansprache Kurt Georg Kiesinger»
Weil das ZDF eine gemeinsame Initiative der Bundesländer darstellte, oblag dem Baden-Württembergischen Ministerpräsidenten, der zur damaligen Zeit den Vorsitz der Länderkammer (Bundesrat) hatte, die Ehre, das ZDF als Vertreter der Politik zu eröffnen.
20.10 «Vorspiel auf dem Theater»
Eine Aufführung der kurzen Passage aus Goethes „Faust“ bildete den ersten fiktiven Programmpunkt. Dabei war die Auswahl dieses Abschnitts nicht zufällig, verhandeln darin doch ein Theaterdirektor, ein Dichter und eine lustige Person über die Ausgestaltung eines gelungenen Theaterstücks und preisen die nachfolgende Geschichte um den Faust als idealen Kompromiss aus unternehmerischen, künstlerischen und unterhaltenden Forderungen an. Überträgt man diese Handlung auf das Fernsehen, dann bildet sie die Schwierigkeiten bei der Gestaltung eines ausgewogenen TV-Programms ab, über das der Intendant, die Autoren und die Künstler streiten. Weil diese Aufführung dem gesamten, späteren Programm des ZDF voran gestellt wurde, soll das Angebot des Kanals offenbar künftig ebenfalls jenen Kompromiss aus Wirtschaftlichkeit, Anspruch und Vergnügen erfüllen. Entsprechend hatte der Intendant des ZDF in seiner Eröffnungsansprache bereits auf das Werk verwiesen. Gänzlich neu war die Idee, das klassische Stück für das Fernsehen umzudeuten, jedoch nicht, denn bereits am 02. März 1951 ließ es der NWDR als eines der ersten Fernsehsendungen überhaupt ebenfalls derart bedeutungsvoll in Szene setzen.
20.15 «Berlin-Melodie»
Nach den offiziellen und gewichtigen Ansprachen und Aufführungen füllte das ZDF seinen ersten Abend anschließend mit einer kurzweiligen und seichten Musiksendung, in der mit Louis Armstrong, Curd Jürgens, O.W. Fischer, Hildegard Knef, Friedrich Schönfelder, Theo Lingen und vielen weiteren Gästen die namhaftesten Künstler der damaligen Zeit auftraten. Eingebettet wurden ihre Darbietungen in eine revueartige Rekonstruktion der Berliner Geschichte. Der legendäre Filmproduzent Artur Brauner war für das Programm verantwortlich.
21.45 «heute«
Seinen ersten Programmtag beschloss das ZDF mit einer weiteren, verkürzten Ausgabe der Nachrichtensendung.
Um 21.54 Uhr war nach bereits rund dreieinhalb Stunden Sendeschluss.
Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann einer Comedy-Soap mit Fahranfängern.