Die Kritiker: «Kommissarin Lucas: Lovegirl»

Im vergangenen Jahr ging es hinsichtlich der erzählerischen Dichte bei «Kommissarin Lucas» steil bergab. Schafft die neue Folge den dramaturgischen Turnaround?

Inhalt

Hinter den Kulissen

  • Produktion: Olga Film
  • Regie: Stefan Kornatz
  • Drehbuch: Martina Mouchot
  • Kamera: Martin Farkas
In der achtzehnten Folge erhält Hauptkommissar Boris Noethen einen Anruf von seiner alten Bekannten Claudia Benner. Bei ihr ist eine junge Frau aufgetaucht, die dringend Hilfe benötigt, mehr kann und will sie am Telefon nicht sagen. Kommissarin Lucas wundert sich, als sie mit Boris vor einem Wohnwagen am Stadtrand Halt machen, in dem Claudia Benner ganz offensichtlich der Prostitution nachgeht. Sie kommen zu spät: Claudia liegt erstochen in ihrem Wohnmobil, und von der hilfesuchenden Frau finden sie keine Spur.

Plötzlich taucht das BKA am Tatort auf, und Boris muss die Fronten klären. Kai Benner, Claudias Sohn, gibt sich erstaunlich unemotional und scheint mehr um den Wegfall der Einkünfte als um die Tote zu trauern. Eine erste heiße Spur führt Kommissarin Lucas und ihr Team zu Viktor Gheorghi, der von Claudias Handy als Letzter angerufen wurde und der just während der Tatzeit einen Autounfall in der Nähe des Wohnwagens hatte. Obwohl Gheorghi als Sicherheitsmann für ein nahe gelegenes Bordell arbeitet, streitet er ab, Claudia und die Unbekannte gekannt zu haben. Kommissarin Lucas bleibt an Gheorghi dran und wird fündig: Während des Unfalls wurde er in Begleitung von Alina gesehen, aller Voraussicht nach der Frau, die zuletzt bei Claudia im Wohnwagen war. Kommissarin Lucas und ihr Team fahnden auf Hochtouren nach Alina. Nach einer Razzia im Bordell und einem Spezialeinsatz ihres Assistenten Tom Brauer ist sich Lucas sicher: Hier werden osteuropäische Frauen von einem Frauenring illegal zur Prostitution gezwungen. Doch was hatte Claudia Benner damit zu tun, und wo ist Alina? Hatten sie Kontakte zu den illegalen Prostituierten?

Mittendrin tauchen erneut die Kollegen vom BKA auf und behindern die weiteren Ermittlungen. Ellen Lucas weiß, dass Viktor Gheorghi der Schlüssel zur Auflösung des Falls ist, doch als dieser sich als verdeckter Ermittler des BKA zu erkennen gibt, scheint sie förmlich im Strudel eines undurchschaubaren Netzwerk aus Prostitution und Menschenhandel unterzugehen.

Darsteller
Ulrike Kriener («Klimawechsel») als Ellen Lucas
Michael Roll («Liebe, Babys und ein Herzenswunsch») als Boris Noethen
Tilo Prückner («Village People 2 – Auf der Jagd nach dem Nazigold») als Max
Anke Engelke («Ladykracher») als Rike
Alexander Lutz («Geld.Macht.Liebe») ist Martin Schiff
Anna Brüggemann («Ein Praktikant fürs Leben») als Alex Eggert
Lasse Myhr («Machen wir's auf Finnisch») als Tom Brauer

Kritik
„Lovegirl“ mag verglichen mit den letzten Folgen von «Kommissarin Lucas» wieder ein wenig mehr überzeugen – ihre besten Zeiten scheint die Reihe jedoch hinter sich zu haben.

Nicht nur, dass die Konflikte um Ellen Lucas' Privatleben, ihre Auseinandersetzungen mit dem grantelnden Max und die oft sonderbaren Geschäftsideen ihrer Comic-Relief-Schwester, mittlerweile deutlich auserzählt scheinen; auch die (manchmal mehr, manchmal weniger) gesellschaftlich relevanten Themen auf der zweiten Ebene, um die hier gerne der Mordfall gestrickt wird, hatten schon mehr Screen-Time, wurden schon vielschichtiger und wann immer möglich auch eine Spur kompromissloser erzählt.

In „Lovegirl“ müssen wieder osteuropäische Zwangsprostituierte herhalten, die unter unmenschlichen Bedingungen nach Deutschland geschleust werden und hier in abgewirtschafteten Puffs anschaffen müssen. Ein wichtiges Thema und aus dramaturgischer Sicht auch ein durchaus ergiebiges. Hier begnügt man sich jedoch mit wenig mehr als einem kurzen Anreißen und einer Aneinanderreihung allerhand Plattitüden, was jedweden Vorstoß unter die narrative Oberfläche in das Seelenleben dieser an sich interessanten Figuren verhindert.

Auch der Aufbau eines Spannungsbogens gestaltet sich in der neuen «Lucas»-Folge ziemlich schwierig. Schließlich hat der Zuschauer über weite Strecken einen durchaus beachtlichen Informationsvorsprung vor den Ermittlerfiguren. Strukturell wurde so manches nicht optimal gelöst und es fehlt an thematischer Differenziertheit, um den Eindruck der Spannungsarmut nicht so sehr ins Gewicht fallen zu lassen. Verglichen mit Folgen von vor zwei Jahren, wirkt „Lovegirl“ dramaturgisch leider unausgereift, platt und weit unter den Möglichkeiten bleibend, die die Reihe einst so schön aufgezeigt hat. Ulrike Kriener und Michael Roll überzeugen jedoch nach wie vor.

Das ZDF zeigt «Kommissarin Lucas: Lovegirl» am Samstag, den 20. April 2013, um 20.15 Uhr.
19.04.2013 10:20 Uhr  •  Julian Miller Kurz-URL: qmde.de/63305