Die Kritiker: «Medcrimes»

Ein neuer Action-Pilot soll das RTL-Portfolio in diesem Genre noch erweitern. Es ist ein Mix aus Krimi und Medical-Format, wie der Titel schon andeutet.

Inhalt:

«Medcrimes»: Hinter den Kulissen

  • Produktion: Mona Film Produktion GmbH
  • Regie: Peter Ladkani
  • Drehbuch: Maja und Wolfgang Brandstetter
  • Kamera: Florian Schilling
  • Produzenten: Thomas Hroch und Gerald Prodgornig
Der knallharte Polizist Alex Steiner landet mit seinem Bruder Tommi, der bei einem Attentat angeschossen wurde, in der Notaufnahme der scharfzüngigen Jungärztin Rita Bucher. Während Alex sich bei der Jagd auf die Verantwortlichen mit einer eiskalten Untergrundorganisation anlegt, muss Rita feststellen, dass die Kugel im Körper des jungen Mannes nicht der einzige Grund für seinen sich minütlich verschlechternden Zustand ist. Alex und Rita finden sich in einem Wettlauf mit der Zeit wieder und kommen mit jedem neuen Hinweis nicht nur der Diagnose und dem Täter, sondern auch einander näher. Nach einem waghalsigen Einsatz schafft es Kripoermittler Alex Steiner gerade noch rechtzeitig zum Abendessen mit seiner Ehefrau Julia.

Doch der romantische Abend entpuppt sich schnell als privater Tiefschlag, da Julia ihm eröffnet, dass sie eine Affäre hat und sich scheiden lassen möchte. Alex bleibt nichts anderes übrig, als von heute auf morgen zu seinem jüngeren Bruder Tommi zu ziehen. Der versucht, seinen tief verletzten Bruder auf andere Gedanken zu bringen, in dem er ihn zu einer ausgiebigen Kneipentour motiviert. Doch gerade, als die beiden die Wohnung verlassen, lauert ihnen ein Unbekannter auf, der mehrere Schüsse auf sie abgibt. Eine Kugel trifft Tommi, der schwer verletzt zusammenbricht. Im letzten Moment gelingt es Alex seinen Bruder in die Notaufnahme zu bringen, in der die junge und äußerst scharfzüngige Chirurgin Dr. Rita Bucher Dienst hat. Rita kann den jungen Mann gerade noch stabilisieren, bevor er ins Koma fällt. Erste Untersuchungen ergeben allerdings, dass Tommis innere Blutungen nicht von der Kugel herrühren, sondern dass der Junge allem Anschein nach durch gefälschte Medikamente vergiftet wurde. Um die Vergiftung und damit die Blutung stoppen zu können, müssen Rita und ihr Team erst das Gift identifizieren. Aber die Tests könnten Stunden dauern und Ritas Vorgesetzte Maria will sich auf diese extrem heikle Diagnose nicht einlassen.

Alex ist fest davon überzeugt, dass der Anschlag ihm galt. Von Schuldgefühlen getrieben versucht er auf eigene Faust herauszufinden, wer der unbekannte Schütze und sein Komplize sein könnten. Als eben dieser Fahrer im Krankenhaus auftaucht und einen Mordanschlag auf Tommi verübt, überschlagen sich die Ereignisse. Rita kann den Anschlag zwar vereiteln, aber der Täter flieht - und Alex muss feststellen, dass nicht er, sondern Tommi das Ziel der Täter war.

Der Anschlag hat fatale Folgen: Tommis Kreislauf fällt ab und Maria lässt trotz Ritas Warnung eine OP vorbereiten. Rita macht Alex klar, dass sein Bruder ihrer Meinung nach bei der OP sterben wird, wenn sie die wahre Ursache der Blutung, den unbekannten Giftstoff, nicht finden. Tommis Leben hängt am seidenen Faden, denn plötzlich versagen seine Nieren und nur eine Transplantation kann jetzt sein Leben retten. Alex muss feststellen, dass der Schlüssel zur Rettung seines Bruders in der Lösung des Falls liegt - und dass ihm die Zeit immer mehr davon läuft.

Darsteller
Simon Böer («Nymphomaniac») als Alex Steiner
Julia-Maria Köhler («Die Draufgänger») als Dr. Rita Bucher
Adina Vetter («Zornige Küsse») als Julia Steiner
Julian Weigend («Die Rache der Wanderhure») als Karl Potz
Julian Mau («Händer – Der Film») als Tommi Steiner
Stefanie Dvorak («Eine Couch für alle») als Maria Püber
Maxim Kovalevski («Lindenstraße») als Vlado Kruger

Kritik
Ob «Medcrimes» in Serie gehen und das ohnehin schon verhältnismäßig üppige Action-Portfolio im Serienbereich bei RTL erweitern wird, muss sich noch zeigen. Sollten sich die qualitativen Aspekte auch auf die Zuschauerzahlen niederschlagen, wird das jedoch kaum der Fall sein: Denn selten sieht man bei einem Piloten solch einen Totalausfall.

Der Neunzigminüter wirkt für das Jahr 2013 fast schon anachronistisch, erzählt in gezwungen-ironischem und maßlos überdrehtem Stil die Geschichte vom harten Kerl mit dem weichen Kern sowie die Dreieckskonstellation von einem Mann, der zwischen zwei Frauen steht, und einer Frau, die zwischen zwei Männern steht. Wo «Alarm für Cobra 11» zumindest noch als TV-Kirmes mit jeder Menge Testosteron funktioniert und die USP ehrlich wie stimmig auf opulente Stunts und zahlreiche Explosionen gerichtet ist, regiert bei den «Medcrimes» der Kitsch und eine durchwegs seltsam anmutende Unnahbarkeit.

Macker Alex und die resolute Dr. Bucher haben immer Zeit für einen flotten Spruch oder schlechten Gag; und dieses gezwungene Auflockern an sich wirklich dramatischer Situationen wirkt furchtbar konstruiert und unglaubwürdig. Ein Action-Medical-Genre-Mix gepaart mit einer Witzelsucht, derer sich sogar Markus Lanz schämen würde, funktioniert zumindest in dieser Konstellation nicht. Jeder halbwegs interessante Ansatz wird für eine schale Pointe geopfert – und den Autoren scheint wirklich nichts zu platt: Auf der Polizeidienststelle scheint es völlig normal zu sein, dass die Mitarbeiter im Dienst terabyteweise Pornos konsumieren; liegt der Bruder im Sterben, hat Alex immer noch die Nerven für eine mäßige Punchline, und bei der Lagebesprechung für den alles entscheidenden Großeinsatz darf die betrogene und betrügende Gattin Julia ihrem Lover erzählen, dass sie sich durch ihn endlich wieder wie eine Frau fühlen kann – im Beisein aller Kollegen natürlich. Augenzwinkernde Action war schon mal witziger.

Und auch die eigentliche Action will nicht so richtig zünden: Nicht nur, dass die Bilder von Regisseur Peter Ladkani und Kameramann Florian Schilling verglichen mit anderen Produktionen eher unspektakulär daherkommen – all die in ihrem Verlauf oft bizarren Schießerei- und Verfolgungsszenen sind ziemlich plump in die Story eingebunden und sehen somit eher nach Stückwerk aus. Dass auch der Cast eher einen auf überdreht und pathetisch macht, wirkt da fast schon passend und scheint eher ein Ausfluss der Witzelsucht der Autoren zu sein. Das Resultat: Dead on Arrival.

RTL zeigt den Backdoorpiloten «Medcrimes» am Donnerstag, 2. Mai 2013, zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr.


01.05.2013 21:00 Uhr  •  Julian Miller  •  Quelle: Inhalt:RTL Kurz-URL: qmde.de/63504