Zehn neue Folgen umfasste die zweite Staffel der Produktion von TNT Serie. Konnte sie inhaltlich genauso überzeugen wie die erste?
Serieninfos
- Produktionsfirma: Wiedemann & Berg Filmproduktion
- Schauspieler: Ken Duken, Friedrich Mücke, Emilia Schüle, Martin Brambach, u.v.m.
- Folgen insgesamt: 20 in 2 Staffeln
- Folgenlänge: jeweils circa 25 Minuten
Sky spielt schon lange mit dem Gedanken, eine eigene Serie zu produzieren. Bislang ist es aber bei dieser Ankündigung geblieben. Die erste deutsche Pay-TV-Serie ging dagegen bereits 2012 bei TNT Serie on Air;
«Add a Friend» heißt sie, und war nicht nur hinsichtlich der Tatsache, dass es die erste Pay-TV-Serie in Deutschland überhaupt war, ein Prestigeobjekt. Auch inhaltlich ging man neue, da wegen des knappen Budgets fast schon notwendige, Wege. Anstelle von Effekthascherei oder aufwändigen Sets beschränkt man sich lieber auf andere Dinge, wie beispielsweise eine gute Kameraarbeit oder ordentliche Dialoge.
Nach einem Autounfall ist Fotograf Felix ans Krankenbett gefesselt. Kommunizieren kann er während seines Krankenhausaufenthaltes nur über soziale Netzwerke, genauer gesagt mit Google Plus. Mit seinem besten Freund Tom kann Felix demnach nur mithilfe einer Webcam in Kontakt treten, ebenso wie mit seinen Eltern, gespielt von Gisela Schneeberger und Dietrich Hollinderbäumer. Die vermeintlich an den Rollstuhl gebundene Vanessa lernt er sogar erst durch das Internet kennen.
Wie schon in der ersten Staffel, wussten die zehn neuen Folgen der zweiten Staffel durch die tollen schauspielerischen Leistungen sowie der insgesamt immer noch unkonventionellen erzählerischen Art zu überzeugen. Wirklich lachen konnte man aber erneut nur ansatzweise. «Add a Friend» will keine reine Comedyserie sein, ebenso wenig, wie man eine reine Dramaserie sein möchte. Dramedy trifft es wohl am besten.
In der ersten Staffel gab es für Felix ein Wiedersehen mit seiner Jugendliebe Julia. Nach langem Hin- und Her treffen sich die beiden am Ende der ersten Staffel schließlich im Krankenhaus. Ganz so einfach gestaltet sich das jedoch nicht, denn der Cliffhanger der ersten Staffel hatte es in sich: Ein Phantombild zeigte Julias Gesicht. War sie also an Felix‘ Autounfall schuld?
Diese Frage wurde gleich in den ersten Folgen der zweiten Staffel eindeutig geklärt: Nein, war sie nicht. Eine eher unspektakuläre und auch erstaunlich schnelle Auflösung. Wer wirklich dahinter steckte, konnte sich der Zuschauer so nämlich schon von selbst denken. Vanessa war es, die der Polizei absichtlich einen falschen Hinweis gab. Felix weiß über viele Folgen der zweiten Staffel weiterhin nicht darüber Bescheid, dass sie ihm das Mädchen im Rollstuhl nur vorspielt – und es eigentlich auf Rache abgesehen hat. Ihr Vater war nämlich bei einem Hubschrauber-Unglück ums Leben gekommen, Felix war offenbar der Pilot.
Diese Geschichte war in der ersten Staffel vielleicht noch ganz interessant, hat sich in der zweiten leider aber zu sehr in die Länge gezogen. Immer wieder sah man den nichtsahnenden Felix mit Vanessa sprechen und immer wieder sah man Vanessa, mit ihrem wirklich perfiden Lächeln, vor der Webcam mit einer Pistole herumspielen.
Als sich die beiden dann in echt treffen, holt Vanessa jedoch nicht zum großen Wurf aus, nein: Sie küsst Felix einfach – und die beide verbringen einen harmonischen Abend miteinander. Warum sie im Verlauf der Staffel dann aber doch wieder ihre Meinung ändert, wird wohl ein Geheimnis der Autoren bleiben. Klar: Vanessa ist psychisch krank. Als sie Felix gesteht, an dem Autounfall schuld zu sein, wird sie deswegen auch in eine Psychiatrie gebracht. Doch kaum dort angekommen, scheint sie erneut nach Rache zu sinnen – und bringt eine ihr vertraute Person ins Spiel, die wohl in der dritten, bereits angekündigten, Staffel eine wichtige Rolle spielen wird: Sophie. Mit ihr hatte Felix ebenfalls schon Kontakt.
Spannend wird es also zu sehen sein, wie sich das Ganze in der dritten Staffel entwickelt – und vor allem, was die Autoren mit der Figur Sophie vorhaben. Soll sie etwa jetzt Vanessas Platz einnehmen?
Schade ist zudem, dass man Frederike Kempter (Foto) so schnell aus der Serie geschrieben hat. Da flirtet Felix in der ersten Staffel mit seiner vermeintlichen Jugendliebe Julia so lange online, hat Liebeskummer und sehnt sich offensichtlich nach ihr. Nur, um gleich in der ersten Folge der zweiten Staffel festzustellen, dass sie doch gar nicht so richtig zusammenpassen. Im wahren Leben kommt es eben immer anders, als man denkt.
Stattdessen ist Felix nun von zwei potenziellen, neuen Partnerinnen umgeben. Die eine wäre Sophie, von der Felix und die Zuschauer lange Zeit zunächst nicht wissen, wer sie wirklich ist. Und zum anderen wäre da Felix‘ Physiotherapeutin, die allerdings unglücklich verheiratet zu sein scheint. Mehrmals erlebt der Zuschauer in dieser Staffel, wie sich Felix schwer damit tut, eine finale Entscheidung zu treffen. Letztendlich scheint sich Felix für Sophie entschieden zu haben, ist sie es doch, mit der er sich in New York treffen will.
In New York macht Felix zuvor aber noch einen Abstecher zu Toms Büro. Letzterer hat sich gerade erst mit seiner Frau versöhnt und seinen Job als Banker an den Nagel gehängt. Alles scheint perfekt zu sein: Tom hat sich für seine Familie entschieden, Felix kann wieder normal gehen - anders als bei der ersten Staffel hatte man beim Ende der zweiten somit ein stärkeres Gefühl von Abgeschlossenheit. Für den unerwarteten Cliffhanger wurde jedoch erneut gesorgt: Ein Magier, mit dem Tom im Internet falsche Spielchen getrieben hat, kommt wutentbrannt ins Büro gestürmt und zielt mit einer Waffe auf die beiden Protagonisten.
Nun stellt sich die Frage, wer angeschossen wurde. Sollte die Wahl auf Felix fallen, wäre das nicht besonders kreativ, aber eben naheliegend. Dann wäre die Situation wieder wie in der ersten Staffel – Felix kommt nicht aus dem Krankenhaus hinaus und kann sich nur mittels sozialen Netzwerken verständigen. Viel mutiger wäre es jedoch, wenn man anstelle von Felix Tom ins Krankenhaus verlagern würde. Freilich: Das erfordert Mut von den Machern und würde die Serie ein wenig auf den Kopf stellen. Doch Mut ist ja schließlich das, was «Add a Friend» mehr als jede andere Fernsehserie hat.