Kunst und Krempel 2.0

25 Jahre alt ist die Sendung vom Bayerischen Fernsehen schon. Jetzt schnappt sich das ZDF die Idee und füllt mit gewaltig TV-Glutamat auf.

«Kunst und Krempel» hat sich über viele Jahre zu einem Kultformat im Fernsehen entwickelt. Das Format ist so einfach wie genial. Normale Bürger bringen ihre Dachbodenfunde an den Tisch und das Fernsehen stellt die Experten zur Verfügung. Da werde Träume ruiniert und staubige Wanduhren der Großmutter auf einmal zum Jackpot für die Reiseplanung. Was haben wir da? Kunst oder Krempel? Diese Begutachtung macht immer wieder Spaß und als Zuschauer bleibt man hier nur allzu gern hängen.

Jetzt hat sich das ZDF die Idee geschnappt. «Bares für Rares» nennt sich die Copycat bei den Mainzern. Im Titel steckt auch schon einer der Hauptunterschiede zum Original. Das ZDF lässt die Experten und Kunsthändler auch ankaufen. Dieses Element der Verhandlung fehlt dem Original. Doch nicht nur hier hat man moderne TV-Zusatzstoffe hinzugefügt. Die Version im ZDF erinnert allein schon vom ganzen Outfit mehr an eine große Castingshow.

Lange Schlangen von Bewerbern drücken sich an die Expertenstellen für die Vorauswahl. Hier menschelt man schon mit den möglichen Teilnehmern und produziert Einspieler. Wer deswegen auch einen neuen Job hat? Horst Lichter. Experte in Sachen Kunst und Krempel! Der TV-Koch hat umgeschult und ist nun für Spaß und Stimmung im Eingangsbereich zuständig. Witzig soll es sein und Lichter meistert seine Aufgabe gut. Er entscheidet auch über den Recall. Erst Moderator Lichter überreicht den Besitzern von spannenden Gegenständen die Händlerkarte. Diese Karte ist auch gefühlte zwei Stunden im Bild. Man muss es dem Publikum ja immer wieder erklären.

Mit jener Karte geht es dann zu den Kunsthändlern. Ein Händler? Ich meine ganze fünf Händler standen dort an einem riesigen Pult. Selbst Claus Kleber könnte hier neidisch werden. Ich vermisste gegenüber bald Hugo Egon Balder und lustige Fragen an die Runde. Hier beginnt dann erst der eigentliche Deal. Der Kandidat hat unten eine Einschätzung von einem Experten bekommen und damit einen ungefähren Preis in der Hand. Die Händler wollen natürlich günstig an die Sachen rankommen. Verkauft Hartmut also nun die Wanduhr? Wird er schwach? Verhandelt er gut? Pokert Trude gut um die Ming-Vase? Natürlich werden auch noch einmal alle Händler in Einspielern vorgestellt.



Kritisiere ich nun das Format? Ich habe es gern geschaut. Horst Lichter machte seine Scherze und manche Artikel waren spannend in der Begutachtung. Nur muss sich jede Kopie am Original messen lassen. Hier allerdings scheitert die Kopie vom ZDF. Im Original hätte man vor allem in der gleichen Sendezeit die doppelte Anzahl an Gegenständen begutachten können! Alles wirkt zu sehr wie eine verdammte Castingshow von Simon Cowell. Im Original wird sich einfach Zeit genommen für die Experteneinschätzung. Hier lernt der Zuschauer und es ist spannend. Beim ZDF dauert dieser Teil gefühlte 20 Sekunden. Der Rest ist TV-Glutamat. Man nimmt sich ein schon feines Konzept und brezelt es endlos auf. Selbst ein TV-Koch muss noch für eine sinnlose Moderation herhalten.



Da muss verkauft werden. Da muss Comedy rein. Da muss dieses ausgelutschte Casting-Element noch einmal durch den Wolf gedreht werden. Das nervt mich als Zuschauer langsam. Vergleichen Sie es ruhig selbst einmal mit dem Original. Warum? Dann wissen Sie wie man eine echte Kultsendung erschafft.

Schafft das ZDF hier Kunst? Eher Krempel.
11.08.2013 20:54 Uhr  •  Rob Vegas Kurz-URL: qmde.de/65458