360 Grad: Clash Boom Bang - Ouch
Der große Trend der Sommer Game-Shows: B- bis Z-Promis als Kandidaten. Und kaum ein Format konnte überzeugen, meint unser Redakteur Julian Miller.
In diesem Sommer boomten die Game-Shows. Allerdings häufig mit prominenter Besetzung. Die Platzhirsche wie «Wer wird Millionär?» und «Rette die Million» sind diesbezüglich zu Ausnahmen geworden, weil sie Promis nur zu Specials einladen und ansonsten den Normalos die Chance zum großen Geld bieten.
Werden Spielshows also mit Celebrities irgendwie besser, lustiger, spannender, unterhaltsamer?
Es kommt darauf an. Meistens leider nicht.
Natürlich spielt es eine große Rolle, was man so unter dem Begriff „Promi“ versteht. Wenn die Öffentlich-Rechtlichen mit «Opdenhövels Countdown» oder «Rette die Million» ins Promi-Game-Show-Genre driften, sind das zumeist wirklich relevante Persönlichkeiten des Unterhaltungsgeschäfts, die nicht durch irgendwelche Reality-Shows zu den Fifteen Minutes of Fame hochgenudelt wurden. Die Geissens auf der «Wetten, dass..?»-Couch sind nicht der Regelfall.
Bei RTL hat man in den Sommersendungen jedoch einen durchaus cleveren Weg gefunden, das in den diversen anderen (teilweise mit Stachel versehenen) Trash-Formaten des Senders aufgebaute Personal gewinnbringend weiter einzusetzen. Bei der VIP-Edition von «Cash Crash» battleten sich etwa zwei Dschungeljahrgänge; zuvor sieht es beim Promi-«Familien Duell» wenig anders aus. Moderieren darf die beiden Sendungen Daniel Hartwich – wer sonst – bei dem die Ironie, mit der der Trash-Cast eine zweite Ebene erhalten soll, aber immer äußerst gezwungen wirkt. Damit ins Feuilleton zu kommen wie mit dem Dschungel – no way.
Aber während RTL zumindest den Versuch von Selbstironie zeigt und der Ansatz, das «Familien Duell» aus dem Keller zu holen, ja trotz einer völlig falschen Umsetzung ganz ehrenwert ist, ging ProSieben mit dem Trash-Format des Sommers par excellence an den Start:
«Got to Dance».
Kidding. Denn diese Sendung war gut produziert, unterhaltsam und seriös – vielleicht eine der großen Showüberraschungen des Sommers in positiver Hinsicht.
Gemeint ist natürlich «Clash Boom Bang».
Schon die Cast-Liste liest sich wie ein soziales Experiment: Sarah Knappik, Gina-Lisa Lohfink, Micaela Schäfer, Jay Khan, Pietro Lombardi, Sarah Engels und die in diesem Showsommer ubiquitären Ochsenknechts, die nach Abstechern bei «Deutschland gegen Holland – Die Revanche» und dem «Familien Duell» bei Nela Panghy-Lee und Tommy Scheel ihre Familientherapie fortsetzen durften.
Nun schreit eine solche Besetzung geradezu nach einer Meta-Ebene, wie sie auch beim «Cash Crash» zumindest in Ansätzen vorhanden ist. Ein «Clash Boom Bang», das prinzipiell wenig mehr als ein Auffangbecken von «DSDS» und Dschungelcamp ist, könnte nur durch jede Menge Selbstironie punkten – doch die müsste auch treffend rübergebracht werden: augenzwinkernd, lässig, jovial, verschroben intellektuell. Bei Hartwich lässt das zumindest die Hornbrille durchschimmern. Bei «Clash Boom Bang» gar nichts.
Stattdessen begibt man sich beim ProSieben-Geclashe knietief in den Trash und will nicht wahrhaben, dass man Trash produziert. Das kann nicht gut gehen.
Manche Spielideen mögen ja ganz nett sein, andere sind dafür eher sonderbar bis befremdlich. Etwa wenn man die Kandidaten in Schokolade getränkte Frauen sauberlecken lässt. Bemerkenswerterweise ganz ohne einen #Aufschrei zu provozieren. Doch wo an dieser Stelle von Matthias Opdenhövel eine Pointe nach der anderen rausgehauen würde (Daniel Hartwich würde es zumindest versuchen), kommt diesbezüglich bei «Clash Boom Bang» nichts, das zünden könnte. Meta, nein Danke. Und Trash soll es auch nicht sein.
Nur: Was denn dann?
Absurd-komische Spiele mit mehr oder weniger bekannten Persönlichkeiten tragen allein keine Sendung. Wenn man sich vornehmlich Dschungel- und It-Girl-Gäste einlädt, muss man die Banalität des Formats zelebrieren – gerne auch ein bisschen feingeistig á la Beisenherz –, sofern der Stachel sitzen soll.
Oder man lädt sich Gäste ein, die anderweitig liefern und nicht nur über ihr einfach gestricktes Image funktionieren. Nicht aus dem Dschungel, nicht vom Promi-Dinner, nicht von Möbelhauseröffnungen in Wipperfürth. Das müssen nicht einmal die absoluten Superstars sein: Im Idealfall gehen die abstrus-kecken Spielideen mit den B-Riege-Stars eine Symbiose ein, die alle Erwartungen, die man bei Celebrity-Game-Show-Prämissen so hat, übertreffen kann.
Ein Beispiel dafür sieht man derzeit in den USA mit der «Hollywood Game Night»: Eine Dreiviertelstunde lang spielen Promis lustige Kneipenspiele, erraten Süßigkeiten, umschreiben Fernsehsendungen, singen Popsongs nach. Nicht gerade die innovativste Idee der TV-Saison. Und von A-List-Namen wie Jennifer Lawrence, George Clooney oder Rihanna ist bei den Mitspielern auch keine Spur.
Stattdessen kommt die B-Riege der amerikanischen Medienszene. Gäste wie Matthew Perry, Sean Hayes, Amy Poehler, Alyson Hannigan. Nicht Snooki oder die Mutter von Honey Boo Boo Child.
Das Ergebnis ist jedenfalls eine der witzigsten Shows, die man im amerikanischen Fernsehen seit Jahren gesehen hat, obwohl die Grundidee unfassbar einfach ist und man obendrein auf eine opulente Showbühne und ein Riesenpublikum zu Gunsten einer heimeligeren Atmosphäre verzichtet hat. Das Format gibt sich selbstironisch, suhlt sich in der Popkultur, hat herrlich komische Mitspieler gefunden und ist classy as hell.
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