Wie gut war der Showsommer von RTL und ProSieben?

Viel wurde getestet, am Ende bleiben zwei große Gewinner und zwei riesige Flops übrig. Wir blicken auf die Sommershows von RTL und ProSieben zurück.

In den Sommermonaten tun sich die großen Sender oft und gerne schwer, ein ansatzweise sehenswertes Programm auf die Beine zu stellen. Da in den heißen Monaten die Fernsehnutzung deutlich geringer ausfällt als sonst, sich viele Menschen nur nebensächlich mit dem Thema Fernsehen auseinandersetzen und deshalb auch die Werbewirtschaft deutlich zurückhaltender agiert als in den kalten Wintermonaten, verzichten die Sender meist auf wirklich kostspielige Produktionen. Auch in diesem Jahr blieben die ganz großen Sommerhighlights aus - doch immerhin nutzten RTL und ProSieben die Zeit, um einige neue Showformate zu testen. Die ganz großen Erfolge blieben - von einer Ausnahme abgesehen - jedoch aus.

RTL
Hier startete man am 21. Juni mit der Show «Die Pool Champions - Promis unter Wasser». Was sich konzeptionell wie eine Mischung aus dem «TV Total Turmspringen» und «Let's Dance» anhörte, entpuppte sich in der realen Umsetzung als sehr zähes Promi-Geplatsche, das künstlich auf vier Folgen mit jeweils mehr als drei Stunden Sendezeit aufgebläht wurde. Beim Publikum erzielte die erste Folge mit 3,01 Millionen Zuschauern und 12,0 Prozent Marktanteil insgesamt sowie 18,7 Prozent in der werberelevanten Zielgruppe zunächst sehr starke Werte, die Folgen zwei bis vier mussten im Anschluss mit sehr überschaubaren 8,7 bis 10,1 Prozent aller sowie 12,3 bis 14,7 Prozent der jungen Zuschauer Vorlieb nehmen.
Fazit: Inhaltlich hätte man aus dieser Show einen kurzweiligen Wettbewerb machen können, der sich selbst nicht zu ernst nimmt. Man entschied sich jedoch dafür, die Show pseudo-professionell aufzuziehen und über vier Folgen zu strecken. Die Quittung der Zuschauer folgte schnell, auch wenn unterm Strich immerhin akzeptable 10,2 Prozent insgesamt sowie 14,6 Prozent bei den Jüngeren zu Buche standen. Eine Fortsetzung ist eher unwahrscheinlich.

Am Mittwochabend muteten die Kölner ihrem Publikum wieder einmal sehr grenzwertige Rohkost zu, ab dem 3. Juli startete hier die neue Kuppelshow «Mama Mia - Wer heiratet meinen Sohn?». Offensichtlich gelangweilt von den immergleichen Konzepten des Senders entschied sich die Mehrheit der Konsumenten dafür, dem Format von Beginn an den Rücken zu kehren. Nachdem auch eine Verschiebung von 20:15 Uhr auf 21:15 Uhr kaum Beachtung fand, versendet man die restlichen Folgen nun am Sonntagmittag weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Fazit: Mit einem mutlosen Konzept sind die Macher hier nicht zu Unrecht böse abgestraft worden. «Mama Mia» gehört in die Riege der TV-Flops, an die sich aufgrund der mangelnden Bedeutung bereits in einem halben Jahr kaum noch jemand erinnern wird. Zum Vergessen waren auch die Quoten der fünf Episoden am Mittwoch: Nur die Auftaktfolge kam mit 2,20 Millionen auf mehr als 1,74 Millionen Zuschauer. Im Durchschnitt wurden katastrophale 6,5 Prozent aller sowie 10,2 Prozent der jungen Fernsehenden erzielt. Ein Fall für den Giftschrank.

Nur bedingt besser schnitt ebenfalls am Mittwochabend die im Vorfeld doch recht schlagzeilenträchtige Wüsten-Show «Wild Girls - Auf High Heels durch Afrika» ab, in der zwölf großbusige Intellektamöben wochenlang gemeinsam mit einem namibischen Eingeborenenstamm mitten in der Wüste überleben sollten. Das Ziel der Sendung war dabei von Anfang an klar: Möglichst viele Konflikte zwischen den Trash-Ladies schüren, den Zuschauer mit deren verbaler Unbeholfenheit amüsieren und die vermeintlichen Unterschiede zwischen einem deutschen B-Promi und einem namibischen Wüstenstamm überspitzt präsentieren. Doch die Idee ging überhaupt nicht auf, denn nach einem einigermaßen soliden Start rutschte die Sendung in den Folgewochen auf immer unzulänglichere Werte ab.
Fazit: Mit dieser Sendung stellte RTL einmal mehr eindrucksvoll unter Beweis, wie außergewöhnlich das Dschungelcamp in der Riege der Promi-Trashsendungen ist - und wie sehr man es missversteht, wenn man es auf die einfache Formel "bedeutungslose Menschen werden in der Wildnis ausgesetzt und dabei gefilmt, wie sie dummes Zeug erzählen" herunterbrechen möchte. Auch das Publikum langweilte sich hierbei eher, nach 2,62 Millionen zum Auftakt wurde kein einziges Mal mehr die Zwei-Millionenmarke geknackt. Im Schnitt stehen nach fünf Ausstrahlungen 7,4 Prozent aller und 12,4 Prozent der jungen Zuschauer auf dem Papier - gewiss zu wenig für eine Fortsetzung.

In der letzten Juliwoche ging mit «Familien Duell - Prominenten-Special» die Neuauflage eines großen Gameshow-Klassikers der 90er-Jahre auf Sendung. Und auch wenn im Vorfeld das Gemurre ob der Idee, schon wieder halbprominente Kandidaten für eine Show zu nutzen und RTL-Moderationsmaschine Daniel Hartwich die Sendung präsentieren zu lassen, groß war, konnte man mit der Umsetzung letztlich überraschend gut leben. Der Charme der alten Folgen geht der modernisierten Fassung zwar etwas ab, doch auch heute vermag das schlichte Konzept der Sendung noch immer zu unterhalten - und zu belustigen, wenn in der Schnelle wieder einmal eine schräge Antwort abgegeben wurde. Das Publikum honorierte diese Umsetzung bislang mit guten Werten.
Fazit: Wenn es einen Show-Neustart in diesem Sommer auf RTL gibt, der eine Fortsetzung verdient hat, dann am ehesten dieses Format. Daniel Hartwich führt solide durch die Sendung, die zum Glück mit einer Stunde am Freitagabend aufgrund der vielen Spielrunden genau richtig dosiert ist, dass sie weder hektisch noch langatmig wirkt. Mit 2,44 bis 2,61 Millionen Zuschauern schnitten die ersten drei Folgen sehr ordentlich ab. Insgesamt stehen bis dato 11,1 Prozent zu Buche, bei den 14- bis 49-Jährigen kommt man auf 17,1 Prozent. In Zeiten, in denen RTL hier inzwischen fast täglich weniger als 15 Prozent holt, schreit dies geradezu nach einer Fortsetzung.

Direkt im Anschluss an das «Familien Duell» zeigt der Sender derzeit die Promi-Version von «Cash Crash». Die skurrile Spielshow bietet auch mit prominenten Duellanten reichlich Kurzweil und fügt sich somit recht gut ein in den aktuellen Freitagabend des Senders.
Fazit: Mit «Cash Crash» zeigt RTL derzeit ein Format, das auf der einen Seite niemanden stört und mitunter sogar gut unterhält, auf der anderen Seite würde wohl kaum ein Zuschauer bei einer möglichen Einstellung der Show so richtig trauern. Nach drei Ausgaben stehen im Durchschnitt 10,5 Prozent insgesamt sowie 15,0 Prozent bei den Umworbenen bei maximal 2,46 Millionen Zuschauern auf dem Papier. Ein Flop ist die Show somit nicht - aber auch kein wirklicher Erfolg. Tendenziell schlägt das Pendel eher in Richtung Fortsetzung aus.

Lesen Sie auf der nächsten Seite unsere Einschätzung der ProSieben-Sommershows sowie ein Resümee, welcher der beiden Sender zufriedener mit seinen Sommer-Neustarts sein konnte.


ProSieben:
Hier war der erste Neustart im Sommer auch zugleich das Beeindruckendste, was im Bereich Show seit langem außerhalb des regulären TV-Jahres auf die Beine gestellt wurde. Mit «Got to Dance» bewies man den zahlreichen Kritikern, dass Tanz-Castings hierzulande sehr wohl Zuschauer anlocken können - so lange sie gut gemacht sind. Und das war bei dieser Sendung ohne jeden Zweifel der Fall, auch wenn man sich optisch und konzeptionell schon an einigen Stellen sehr stark an «The Voice of Germany» anlehnte. Mit stets klar überdurchschnittlichen Werten signalisierte das Publikum Interesse an weiteren Formaten dieser Couleur.
Fazit: Dieses Format ist hochklassig, modern und höchst sehenswert und beweist damit einmal mehr, dass sich Niveau und Quote bei Casting-Shows nicht ausschließen müssen, wenn die Aufmachung stimmt. Mit bis zu 2,42 Millionen Zuschauern waren drei Wochen lang am Donnerstag- und Freitagabend überzeugende Einschaltquoten Standard, durchschnittlich kamen die sechs gezeigten Episoden auf 8,3 Prozent aller und 15,8 Prozent der jungen Zuschauer. Fortsetzung gesichert.

Nur zwei Tage nach «Got to Dance» ging mit «Clash! Boom! Bang!» ein weiteres brandneues Format an den Start. Der Münchener Sender programmierte «Die Stunde der Abrechnung» sehr geschickt im direkten Anschluss an «Schlag den Star», sodass man sich zumeist über ordentliche Quoten freuen konnte. Wie so oft traten auch hier wieder C-Prominente gegeneinander an, hier jedoch mussten sich die Promis ein schlagkräftiges Team zusammenstellen, das die Gegner bestenfalls besiegen konnte.
Fazit: Auch wenn man mit Pietro Lombardi, Sarah Knappik oder auch Jay Khan wieder nur die üblichen Verdächtigen in Aktion sah, bot das Format immerhin leichte Unterhaltung, die niemandem ernsthaft weh tat. Das Trash-Festival kam stets auf 1,06 bis 1,18 Millionen Zuschauer und konnte starke 7,0 Prozent aller sowie akzeptable 11,2 Prozent der jungen Konsumenten an den Sender binden. Für kurzweilige Sommerabende gewiss nicht das schlechteste Format, um das jedoch auch niemand bei einer möglichen Einstellung trauern würde. Fortsetzung? Kann man machen.

Als eine Art Sommer-«Bachelor» wurde schließlich «Catch the Millionaire» bezeichnet, doch die Sendung kam am Donnerstag nicht einmal ansatzweise an die Riesenerfolge des RTL-Formats heran. Mit maximal 1,68 Millionen Interessenten gingen für die ersten vier Folgen dennoch recht solide 5,8 Prozent des Gesamtpublikums sowie 11,2 Prozent der Zielgruppe einher, sodass die Programmverantwortlichen zumindest von einem großen Flop verschont blieben. Eine Verlängerung dieses Formats erscheint zwar nicht allzu wahrscheinlich, aber auch keineswegs unmöglich.


Resümee:
Unterm Strich hat ProSieben bei seinen drei mehr oder minder großen Neustarts somit keinen einzigen echten Quotenflop hinnehmen müssen, «Got to Dance» löste gar kurzfristig erneut einen Casting-Hype aus. Nicht ganz so zufrieden können die Programmchefs beim größten deutschen Privatsender RTL sein, denn hier gelang beileibe nicht jedes Experiment. Insbesondere die Mittwochsformate avancierten schnell zu großen Flops, während es am Freitag gar nicht schlecht aussah. Hier sind Fortsetzungen der Hartwich-Shows «Familien Duell» und «Cash Crash» wahrscheinlich, während man die «Pool Champions» wohl ebenso kentern lassen wird wie «Wild Girls» und «Mama Mia». Somit lautet der Sieger im Show-Vergleich schlussendlich ProSieben - wenn auch nur mit einem moderaten Vorsprung.
16.08.2013 11:00 Uhr  •  Manuel Nunez Sanchez Kurz-URL: qmde.de/65548