Die Kritiker: «Tatort - Freunde bis in den Tod»

Den Ludwigshafener «Tatort» um Ulrike Folkerts' Lena Odenthal gibt es seit über zwei Jahrzehnten. Das merkt man auch - an seiner Rückständigkeit.

Hinter den Kulissen

  • Produktion: Maran Film GmbH
  • Drehbuch: Harald Göckeritz
  • Regie: Nicolai Rohde
  • Kamera: Jürgen Carle
  • Producer: Nils Reinhardt
Inhalt
Der 19-jährige Roland Klaas wird erschossen auf einem Feldweg bei Ludwigshafen gefunden. Was wollte der Junge an diesem einsamen Ort? Lena und Kopper finden in der Nähe eine Kiesgrube, in der Schießübungen stattgefunden haben. Sicher ist, dass die Schießübungen geheim bleiben sollten, da alle Patronenhülsen aufgesammelt wurden. Ein Computerspiel, das Roland selbst programmiert hat, zieht Kopper ganz in seinen Bann und Lena macht eine erschreckende Entdeckung: Ein Level des Spiels ist dem Grundriss von Rolands Schule nachempfunden. Hatte Roland einen Amoklauf in seiner Schule geplant? Was wusste sein Freund Manu davon? Lena und Kopper können zwar herausfinden, wer Roland das Gewehr und die Munition verkauft hat, und auch wer Roland getötet hat, aber damit ist der Fall noch nicht abgeschlossen. Manu will die Tat von Roland beenden und ist bereits auf dem Weg zur Schule.

Darsteller
Ulrike Folkerts («Die Leibwächterin») als Lena Odenthal
Andreas Hoppe («Cascadeur») als Mario Kopper
Annalena Schmidt («Ein Jahr nach morgen») als Frau Keller
Peter Espeloer («Nachts wenn der Tag beginnt») als Becker
Joel Basman («Unsere Mütter, unsere Väter») als Manu
Leonie Benesch («Das weiße Band») als Julia
Rick Okon («Bissige Hunde») als Ron

Kritik
Ludwigshafen hat den klassischsten aller «Tatorte». Oder, um es vielleicht treffender zu sagen: den rückständigsten. Verwunderlich ist das nicht, schließlich ist Ulrike Folkerts' Lena Odenthal des Franchises derzeit dienstälteste Kommissarin. „Freunde bis in den Tod“ ist nach über dreiundzwanzig Jahren ihr neunundfünfzigster Fall.

Schon ein bisschen faszinierend, wie man hier so ganz ohne Innovation auskommt, dramaturgisch wie ästhetisch vollkommen altbackenes Zeug präsentiert. Eine Hauptfigur, deren tragende Eigenschaft das Überspielen ihrer Betroffenheit ist. Dialoge, die alle paar Minuten als Expositionsmaschine oder – noch schlimmer – zum nochmaligen Durchkauen jedes noch so banalen Handlungsschritts missbraucht werden, um auch noch den Doofsten bei der Stange zu halten. Dieser aufdringliche, penetrante Lokalkolorit, den man einzig und allein durch betont trottelig klingendes Pfälzisch herstellen will. Und die Entschleunigung, mit der man Tiefgang vortäuschen will.

Vor allem den Teenagerrollen tut dieses Drehbuch Grässliches an. Joel Basman und Leonie Benesch müssen als Manu und Julia immer betont bedacht sprechen, langsam und mit wohl dosierter Fäkalsprache, damit es teeniegerecht wirkt, und bei düsterem Wetter am süddeutschen Flussufer so trancehaft ins Nichts starren, dass man meint, sie wären nicht ganz bei Sinnen.

Man hätte diese Geschichte auch sinniger erzählen können. Dazu hätte man aber das Augenmerk auf die spannenderen Fragen lenken müssen: etwa die, wie Eltern damit umgehen, wenn der Sohn als Beinahe-Amokläufer vor seiner Bluttat ermordet wurde. Aber in „Freunde bis in den Tod“ besteht dieser Konflikt aus einer kurzen Dialogszene. Ansonsten zeigt man, wie die verstörte Mutter auf Lena Odenthal eindrischt. Die bildlichere Lösung. Aber auch die infantilere und plakativere.

Der neue «Tatort» funktioniert allenfalls als Kuriosum: Denn so wie hier war die Reihe früher ständig. Man muss die Messlatte nur tief genug ansetzen, um zum Schluss kommen zu können, dass auch am Sonntagabend im Ersten über die Jahre einiges an Innovation stattgefunden hat. Diese niedrige Messlatte findet man in Ludwigshafen.

Das Erste zeigt «Tatort - Freunde bis in den Tod» am Sonntag, den 6. Oktober um 20.15 Uhr.
04.10.2013 11:02 Uhr  •  Julian Miller Kurz-URL: qmde.de/66534