Neu im Kino: Viel Substanz - und Helge Schneider

Während der Komiker sein Publikum vorwiegend zum Lachen bringen möchte, gehen in dieser Woche zwei deutlich ernstere Filme mit tieferen Botschaften an den Start.

«00 Schneider - Im Wendekreis der Eidechse»
Einen hinterhältigen Sittenstrolch hat 00 Schneider (Helge Schneider) gerade hinter Gitter gebracht, da sind seine detektivischen Fähigkeiten schon wieder gefragt. Ein Tabakladen wird überfallen, auf einem Bauernhof verschwindet ein Huhn spurlos und sexuelle Übergriffe auf brave Bürgerinnen häufen sich. Schnell hat Deutschlands Doppelnull einen Verdacht, wer der Täter sein könnte: Kettenraucher Jean-Claude Pillemann (Rocko Schamoni), wegen seiner geschmeidigen Bewegungen auch "Die Eidechse" genannt. Mordanschlägen und Zahnschmerzen zum Trotz heftet sich der Kommissar dem Übeltäter auf die Fersen.

Kaum überraschend ist diese deutsche Komödie nicht gerade der größte Kritikerliebling, doch zumindest einige solide Reaktionen kann Helge Schneiders Werk hervorrufen. So lobt Carsten Baumgardt von filmstarts.de die "brilliant-absurden Details", die dank Schneiders Eigensinn immer wieder zu beobachten seien. Somit habe man die beste Chance, sich bei diesem Film gut unterhalten zu fühlen, wenn man "einfach die Atmosphäre genießt und sich an den Absurditäten freut, die ihm nebenbei zufliegen". Auch Ben Hiltrop von Radio Köln fällt ein überwiegend positives Urteil - vor allem für Fans des Komikers, da der Streifen exakt so gemacht sei, "wie seine Fans ihn haben wollen". Laut Hiltrop sei «00 Schneider» die bis dato zugänglichste Regiearbeit des Komikers, "aber von klassischer Dramaturgie noch immer meilenweit entfernt". Dieter Oßwald von programmkino.de outet sich sogar als Fan von Schneiders Schaffen: "Zu Deutschlands fadem Comedy-Einheitsbrei bietet «00 Schneider», der kuriose Clown aus dem Ruhrpott, seit über zwei Jahrzehnten eine amüsante Alternative. Auf der Leinwand braucht es solch eigenwillig einzigartige Pointen-Feinkost allemal."

OT: «00 Schneider - Im Wendekreis der Eidechse» von Helge Schneider und Andrea Schumacher; mit Helge Schneider, Rocko Schamoni, Peter Thoms, Ira Coleman, Pete York und Ilka Bessin


«Prisoners»
Keller (Hugh Jackman) ist mit seinem Leben als Familienvater und Handwerker in einer Ortschaft in Pennsylvania zufrieden. Da wird seine geliebte kleine Tochter zusammen mit ihrer Freundin gekidnappt. Ein Verdächtiger ist bald gefunden, doch die Polizei findet keine Beweise gegen den geistig minderbemittelten Außenseiter Alex (Paul Dano). Detective Loki (Jake Gyllenhaal), der den Fall betreut, muss ihn laufenlassen. Keller ist jedoch überzeugt, dass Alex der Schuldige ist. Er nimmt das Gesetz in die eigene Hand, schnappt sich Alex und versucht, ein Geständnis zu erzwingen.

Mit überwiegend starken bis hervorragenden Kritiken wird dieses US-amerikanische Thriller-Drama bedacht. So ist Max Fischer von moviemaze.de der Ansicht, dass es alles und noch viel mehr biete, was das Filmherz begehrt: "Ein spannendes Drehbuch, eine perfekte Inszenierung, elektrisierende Schauspielleistungen von Jackman und Gyllenhaal, sowie überhaupt jede Menge Herzblut." In die gleiche Kerbe schlägt auch Christoph Schelb von outnow.ch, der den Streifen gar als "besten Thriller seit «Sieben»" bezeichnet. In Erinnerung werde es dem Zuschauer demnach in erster Linie aufgrund "sensationeller Darsteller" sowie "Roger Deakins wunderbarer Kameraarbeit" bleiben. Auch in den Vereinigten Staaten dominiert die Begeisterung ob des Gesehenen, A.O. Scott von den New York Times spricht von einer Produktion, der es gelinge, "einen ganzen Saal voller nach Nervenkitzel suchender Zuschauer zum absoluten Schweigen zu bringen", da das Publikum hier eine "ständige Anspannung" über sich ergehen lassen müsse. Einzig Amy Nicholson von den L.A. Times kann derartige Loblieder auf «Prisoners» ganz und gar nicht nachvollziehen, da sie den Film als "Gefangenen seiner Ambitionen bewertet", der sich kaum für "das Warum" seiner Handlung interessiert.

OT: «Prisoners» von Denis Villeneuve; mit Jake Gyllenhaal, Paul Dano, Hugh Jackman, Maria Bello, Terrence Howard und Melissa Leo


«Der Butler»
Als Junge hat Cecil Gaines (Forest Whitaker) auf den Baumwollplantagen im amerikanischen Süden Rassismus und die brutale Gewalt der Weißen erlebt. Als Butler steht er seit 1952 in den Diensten des Weißen Hauses und beobachtet beunruhigt, wie sich das Land mit der aufkommenden Bürgerrechtsbewegung explosiv erhitzt, wie verschiedene Präsidenten auf die Veränderungen und Herausforderungen reagieren und wie seine Familie durch den Konflikt mit dem ältesten Sohn, der im Unterschied zum Vater den Weg der Konfrontation sucht, gespalten wird.

Unter den Kritikern herrscht bei diesem Drama keine wirkliche Einigkeit hinsichtlich seiner Beurteilung, tendenziell fällt diese jedoch letztlich positiv aus. Stephanie Zacharek von Movieline spricht von einem sehr klassisch gehaltenen Film, der stilistisch bereits "vor 30 Jahren hätte gedreht worden sein können". Bill Goodykoontz von Arizona Republic erwartet eine durchaus gute Rolle des Streifens bei der kommenden Oscar-Verleihung, da er "großes, bewegendes Erzählkino" sei, "das dabei durch die darstellerischen Leistungen nicht abhebt". Ty Burr von The Boston Globe wiederum hebt die Performance Whitakers in diesem "bemerkenswerten, ja, hocherfreulichen Film" hervor. Auf der anderen Seite gibt es jedoch auch weniger euphorische Töne, beispielsweise von Todd McCarthy vom Hollywood Reporter. Seiner Ansicht nach sei «Der Butler» zwar "inspirierend, aber nicht inspiriert" und gebe letztlich eine Übersicht über die Bürgerrechtsbewegung in den Vereinigten Staaten "aus der außergewöhnlichen Sicht eines gewöhnlichen Individuums". Matthias Hopf von dasfilmfeuilleton.wordpress.com spricht von einer "wenig aufschlussreichen Hetzjagd von einer notwendigen Station zur nächsten", in der "knallhart entscheidende Persönlichkeiten wie Rosa Parks ignoriert werden". Somit verschränke sich der Film regelrecht "gegen eine tiefergreifende Reflexion angesprochener Missstände".

OT: «The Butler» von Lee Daniels; mit Forest Whitaker, Alex Pettyfer, David Banner, Robin Williams, James Marsden und John Cusack
09.10.2013 11:30 Uhr  •  Manuel Nunez Sanchez Kurz-URL: qmde.de/66627