Ein farbloser Thorsten Krüger ermittelt sich müde durch den Spreewald. Innovativ ist das nicht. Sehenswert ebenso wenig.
Hinter den Kulissen
- Produktion: H & V Entertainment GmbH und Monaco Film GmbH
- Drehbuch: Thomas Kirchner
- Regie: Roland Suso Richter
- Kamera: Stefan Unterberger und Dirk Schlobohm
- Produzent: Wolfgang Esser
Inhalt
Kommissar Krüger will den Spreewald eigentlich verlassen. Auf gepackten Koffern sitzend wird er zu einem Großbrand gerufen. Das Hotel Wotschofska im Hochwald brennt nieder. In der Brandruine wird die Leiche von Tim Engel gefunden. Er war schon tot, bevor er verbrannte. Nun ermittelt Krüger doch wieder unter alten Bekannten. Karsten Hellstein, der Hoteleigner, und seine Geliebte Lisa Engel, die Witwe des Ermordeten, geraten ins Visier. Wollte Tim Engel Hellstein in der Tatnacht wegen dessen Affäre mit seiner Frau zur Rede stellen? Hellsteins Schweigen macht ihn verdächtig. Und was für hochfliegende Pläne verfolgt Lisa Engel mit ihrem dritten geheimnisvollen Freund?
Darsteller
Christian Redl («Vulkan») als Thorsten Krüger
Anja Kling («Hänsel und Gretel») als Lisa Engel
Kai Scheve («Freundschaft mit Herz») als Karsten Hellstein
Martin Lindow («Heiter bis tödlich – Henker & Richter») als Tim Engel
Roman Knizka («Dr. Molly und Karl») als Vladislav Bratic
Rike Schäffer («Ich habe es dir nie erzählt») als Anna
Thorsten Merten («Inklusion – gemeinsam anders») als Fichte
Kritik
Thorsten Krüger ist so gnadenlos unspannend, dass dieses völlige Nichtvorhandensein auch nur halbwegs interessanter Charaktereigenschaften fast schon wieder ein faszinierendes Untersuchungsfeld bietet. Krügers Markenzeichen ist, dass er kein Markenzeichen hat. Er spricht nicht sonderlich viel, er ist kein Teamplayer und er denkt einigermaßen logisch. Er hat keine Schraube locker, er ist kein Genie, er ist kein gebrochener Held, er hat kein Aggressionsproblem, keine Frau, die ihn betrügt, keinen Sohn, der Leukämie hat, er leidet weder an beginnender Verwesung noch chronischem Jugendwahn. Er ist eine Art kreative Nullmenge, ein stilles Wasser im Ozean deutscher Krimi-Ermittler.
Doch wo stille Wasser normalerweise tief sind, herrscht im ZDF-Spreewald größtenteils innovationslose Ebbe.
Eine Sache gibt es jedoch schon, die diese Produktion vom großen Rest ein wenig unterscheidet: Man erzählt anders. Zumindest ein bisschen jedenfalls: nonlinear, vertrackter und kausaler. Der große strukturelle Aufhänger ist nicht allein die Suche nach dem Täter, sondern die Frage, wie Krüger die Puzzleteile zusammenfügt. In seinem Kopf spielt er immer wieder alle möglichen Mordszenarien durch. Jedes Mal ist da der Zuschauer mit dabei, wenn Krügers Gedanken visualisiert werden. Am Schluss, wenn der Mordfall endlich aufgeklärt ist, offenbart sich auch die dramaturgische Cleverness, die die einzelnen Plot-Rädchen stimmig ineinander greifen lässt.
Leider ist das aber deutlich zu spät. Denn bis dahin muss man sich nicht nur durch allerhand, zumeist recht offensichtliche, falsche Fährten wühlen, sondern auch noch durch einen ordentlichen Haufen Melodram. Die bei Dramaturgen allseits beliebte Dreieckskonstellation wird hier gleich so auf die Spitze getrieben, dass man meint, gleich werde Bernhard Hoecker um die Ecke kommen und den Sketch auflösen.
Nicht zu vergessen die auf Plattitüden reduzierte Sozialkritik: „Wen kennt man schon?“, wirft Krüger da einmal in den Raum. „Das System funktioniert schon lange nicht mehr“, wird im Vorbeigehen analysiert, wenn der Subplot um die raffgierigen Banker – ein Standardthema – aufgebaut werden soll, den man später noch durch ein „Nicht alles, was recht ist, ist auch recht“ unterfüttert.
Am Schluss steht der Minikompromiss: Ein Standardthema wird mit einer Standardhauptfigur und in einem Standardsetting umgesetzt. Nur beim dramaturgischen Aufbau darf ein bisschen Innovation sein. Zu wenig, um der Produktion wirklich etwas abgewinnen zu können.
Das ZDF zeigt «Spreewaldkrimi – Feuerengel» am Montag, den 18. November um 20.15 Uhr.