Die Kritiker: «Hatfields & McCoys»

Die aufwändige Eventserie mit Kevin Costner und Bill Paxton weiß in voller Länge zu überzeugen.

Inhalt

Hinter den Kulissen

  • Regie: Kevin Reynolds
  • Produktion: Kevin Costner, Darrell Fetty und Herb Nanas
  • Drehbuch: Ted Mann und Ronald Parker
  • Story: Bill Kerby und Ted Mann
  • Kamera: Arthur Reinhart
  • Schnitt: Don Cassidy
Gegen Ende des Sezessionskriegs kehren die befreundeten Veteranen Anse Hatfield und Randall McCoy zu ihren Familien zurück, die in direkter Nähe zueinander leben. Zwischen ihnen befindet sich einzig und allein der Grenzfluss Tug Fork, der West Virginia von Kentucky trennt. Doch während die Patriarchen, die beide jeweils mehr als ein Dutzend Kinder hatten, an der Front Vertrauen zueinander fanden, kam es in ihrer Abwesenheit zu mehreren kleinen Querelen zwischen den Familien. Zunächst können die Familienoberhäupter den schwelenden Konflikt klein halten, allerdings eskalieren die Missverständnisse und so kommt es schließlich, dass sich auch Anse und Randall nicht länger achten.

Die Fehde gerät außer Kontrolle, als einer der McCoys auf der Weide der Hatfields ein Schwein ausmacht, von dem er felsenfest überzeugt ist, dass es sein Eigentum ist und demnach gestohlen wurde. Vor Gericht sagt ein Verwandter beider Clans gegen die McCoys aus und löst so eine Gewaltspirale aus, die nicht nur die Hatfields und McCoys zu den Waffen greifen lässt, sondern immer mehr benachbarte Familien erzürnt. Der Familienzwist nimmt immer größere Ausmaße an und stürzt die USA beinahe in einen neuen Bürgerkrieg ...

Darsteller
Kevin Costner («Der mit dem Wolf tanzt») als 'Devil' Anse Hatfield
Bill Paxton («Apollo 13») als Randall McCoy
Matt Barr («Hellcats») als Johnse Hatfield
Tom Berenger («Platoon») als Jim Vance
Powers Boothe («Nashville») als Judge Valentine 'Wall' Hatfield
Andrew Howard («Burn Notice») als 'Bad' Frank Phillips
Jena Malone («Die Tribute von Panem - Catching Fire») als Nancy McCoy

Kritik
Mit dieser eigenproduzierten Eventserie des US-amerikanischen History Channels bringt RTL Nitro nun ein wahres Monumentalwerk unter den TV-Produktionen ins deutsche Free-TV. Und dies trifft nicht allein auf die Laufzeit zu – auch wenn die wahrlich beachtlich ausfällt. Fast fünf Stunden lang blickt dieses mit massiven Schauwerten inszenierte Western-Geschichtsdrama auf den Familienstreit, der in die US-Geschichtsbücher einging und sämtliche Zutaten beinhaltet, die für ein gutes, nahezu epochales Historiendrama benötigt werden. Neben historisch verbuchten Polit-Intrigen und verqualmten Schlachtenbildern gibt es auch eine, bei solchen Erzählungen wohl unvermeidliche, in diesem Fall allerdings der Realität entsprechende, Clangrenzen sprengende Liebesgeschichte.

Der Vorteil der Erzählweise und des Umfangs von «Hatfields & McCoys» ist, dass in den knapp fünf Stunden sämtliche Aspekte dieser Geschichte auf ihre Kosten kommen. So gerät die Liebesgeschichte nicht zu einer melodramatischen Romanze, weil das ausgedehnt episodenhafte regulärer Historienserien ausbleibt, gleichfalls erhält dieser Subplot genügend Raum, sich glaubhaft zu entfalten, was in einem zweistündigen Kinofilm schwerer zu bewerkstelligen wäre. Zudem überwältigt dieses herzlichere Element der Geschichte keineswegs die weiteren Storylines, die dem Zuschauer etwa einen Einblick in die Psychologie der Patriarchen zweier verfeindeter Clans gewähren oder stimmungsvoll den Balanceakt zwischen Ehrenkodex und zügelloser Selbstjustiz einfangen, der im Amerika des späten 19. Jahrhunderts Geltung hatte.

Darstellerisch holt das Ensemble nahezu sämtliches Potential aus dem gebotenen Stoff heraus. Der auch als Produzent am Projekt beteiligte Costner zeichnet beeindruckend eine facettenreiche Figur, die zwar bei seinen Gegnern mit aller Härte zuschlägt, dafür aber seiner Familie umso zarter und fürsorglicher begegnet. Bill Paxton steht Costner in Nichts nach und verleiht dem McCoy-Oberhaupt ebenfalls eine runde, gleichermaßen berührende wie herbe Persönlichkeit. Unter den Nebendarstellern fallen insbesondere Powers Boothe oder Tom Berenger positiv auf, die ihren Figuren etwas weniger Tiefe verleihen, dafür ein umso einprägsameres und bestechendes Profil.

Das Produktionsdesign, für das Serban Porupca, Derek R. Hill, John B. Vertrees und Sally Black verantwortlich zeichneten, ist imposant und baut effektiv die Atmosphäre der Serie auf, die nicht nur die große Bandbreite der Familienfehde aufzeigt, sondern ebenso nie die Intimität dieses Zwists vergisst. Dies wird auch im von Folkmusik inspirierten Score der Komponisten John Debney und Tony Morales deutlich, der neben großen, tragenden Melodien auch leisere Töne umfasst.

Insgesamt gelang Regisseur Kevin Reynolds eine packende Miniserie, die ihre Geschichte, die in der Vergangenheit bereits Vorlage für simple Dramen war, facettenreich beleuchtet und in fließenden Übergängen ausgedehnte Action- und Drama-Momente zu einem runden, teils tragischen, stets sehenswerten Gesamtwerk zusammenführt.

«Hatfields & McCoys» ist am 19. November ab 20.15 Uhr bei RTL Nitro als deutsche Free-TV-Premiere zu sehen.
19.11.2013 10:00 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/67418