Herr Beckmann, die ARD-Anstalten gelten nicht gerade als sonderlich geduldig. Wie viel Geduld haben die Intendanten denn noch mit «Heiter bis tödlich»?
Zur Person: Frank Beckmann
Der 1965 geborene Journalist ist Programmdirektor des NDR und zugleich für den Vorabend im Ersten zuständig. Zwischen 2000 und 2008 war er, vor seiner Station beim NDR, Programmgeschäftsführer des KIKA. Sein Vertrag wurde kürzlich um fünf Jahre verlängert. Es geht um den Anspruch, attraktives und erfolgreiches Programm zu produzieren. Und zugegebenermaßen können wir mit den Zuschauerzahlen noch nicht bei jeder Serie zufrieden sein. Was die Qualität der Programme angeht, sind wir aber schon auf einem sehr guten Weg. Davon sind auch die Intendantinnen und Intendanten überzeugt.
Wir haben schon 2012 über die Serien gesprochen, damals erbaten Sie sich Zeit. Stichwort: Sehgewohnheiten der Menschen. Warum steht «Heiter bis tödlich» heute besser da als vor einem Jahr?
Weil all unsere Formate kontinuierlich besser werden. Das kann man am Beispiel von «Hubert und Staller» sehr schön sehen: Das Zusammenspiel der beiden Protagonisten hat in der aktuellen Staffel noch einmal deutlich gewonnen. Ich halte das bei einer Serien-Entwicklung auch für logisch, denn natürlich wissen die Macher von Staffel zu Staffel besser, was funktioniert. Bei der zweiten Staffel hat es immerhin schon zur Nominierung für den Deutschen Fernsehpreis gereicht. Und auch bei der neuen Staffel des «Großstadtreviers», die vergangenen Montag mit 11,0 Prozent Marktanteil sehr erfolgreich gestartet ist, zeigt sich, wie lebendig und innovativ dieser großartige Klassiker des Vorabends sein kann.
Dann sprechen wir doch mal über das Vorzeigeformat: «Hubert und Staller» unternehmen inzwischen erste Primetime-Ausflüge, weitere Formate sollen folgen. Sind aber Primetime und Access-Prime nicht zwei unterschiedliche paar Stiefel? Kann man nach 20.15 Uhr wirklich Zuschauer für 18.50 Uhr gewinnen?
«Hubert und Staller» zeigt, dass die Verzahnung von Hauptabend und Vorabend funktioniert. Fünfmal waren wir mit den Wiederholungsfolgen am Hauptabend das meistgesehene Programm um 20.15 Uhr. Einmal mussten wir uns mit Platz zwei begnügen - gegen die Champions League. Und den Film «Hubert und Staller – Die ins Gras beißen» haben zum Staffelstart fast vier Millionen Menschen gesehen. Davon waren mehr als eine Million in der Altersgruppe der 14-bis 49-Jährigen. Eine Serie wie «Hubert und Staller» macht das Erste für Jüngere attraktiver, sowohl am Hauptabend als auch am Vorabend.
Sie haben ja schon verschiedene neue Serien für 2014 angekündigt, gibt es auch Entscheidungen, welche Formate nicht weitergehen? «München 7» stand immer ein bisschen auf der Kippe…
«München 7» ist ein Schmuckstück des Vorabends. Die Serie hat nicht ohne Grund den „Grimme-Preis“ gewonnen. Im kommenden Jahr werden wir acht frische Folgen «München 7» präsentieren, auf die ich mich jetzt schon sehr freue. Und wenn die Zuschauerinnen und Zuschauer weiterhin Gefallen an dem Format finden, dann sollten wir es auch weitermachen.
Etwas überraschend ist auch, dass Sie «Verbotene Liebe» für ein weiteres Jahr verlängert haben, obwohl die Soap mittlerweile manchmal nicht mehr als eine Million Zuschauer erreicht. Das war aber keine Entscheidung auf Grund von fehlenden Alternativen?!
Die «Verbotene Liebe» ist nach wie vor eine der stärksten Marken der ARD bei den jüngeren Zielgruppen. Deshalb gehört sie auch zu unseren gefragtesten Angeboten in der Mediathek. Die Reichweiten im klassischen Fernsehen können aber besser werden. Hier sehe ich in den letzten Wochen einen leicht positiven Trend, den wir verstetigen und ausbauen müssen. Die inhaltlichen Maßnahmen dafür haben wir bereits ergriffen.
«Schmerzt es Sie eigentlich, wenn Sie sehen, dass es Tage gibt, an denen RTL II um 18 Uhr mit «Köln 50667» selbst bei allen Zuschauern erfolgreicher ist?
Nein. Weil es so einen Tag in den letzten Wochen schlicht nicht gegeben hat. Und lassen Sie es mich direkt sagen: Für uns kommt ein Format wie «Köln 50667» nicht in Frage, auch wenn es
„
Die «Verbotene Liebe» erzählt starke, emotionale Liebesgeschichten, allerdings über einen klar definierten Zeitraum hinweg, wie wir es von Telenovelas kennen. Darüber steht der Konflikt zwischen den Schönen und Reichen aus dem Clan der „von Lahnsteins“ und den Menschen wie Du und ich als das unverwechselbare Kernthema der «Verbotenen Liebe».
”
ARD-Vorabendkoordinator Frank Beckmann zu «Verbotene Liebe»
momentan vielleicht bei den Jüngeren recht erfolgreich ist. Es gibt Programme, die passen besser zu anderen Sendern.
Bei «Verbotene Liebe» gab es ja schon verschiedene Ansätze, aus der Krise raus zu kommen. Welcher soll für 2014 gewählt werden?
Ich halte den in diesem Jahr eingeschlagenen Weg für richtig. Die «Verbotene Liebe» erzählt starke, emotionale Liebesgeschichten, allerdings über einen klar definierten Zeitraum hinweg, wie wir es von Telenovelas kennen. Darüber steht der Konflikt zwischen den Schönen und Reichen aus dem Clan der „von Lahnsteins“ und den Menschen wie Du und ich als das unverwechselbare Kernthema der «Verbotenen Liebe». Auf diese Weise bietet sie viel Identifikationspotential für die Zuschauer am Vorabend.
Sich inhaltlich etwas mehr den erfolgreichen Scripted Realitys anzunähern, also „authentischer“ zu werden, kam für Sie nie in Frage?
Ich finde, man sollte das Adjektiv „authentisch“ nicht in Zusammenhang mit den „Scripted reality“-Formaten verwenden. Bei diesen Sendungen wird Authentizität nur vorgespielt, das passt mit dem Auftrag eines öffentlich-rechtlichen Senders nicht zusammen.
Wie planen Sie eigentlich am Freitag um 18.50 Uhr. Es steht immer noch ein neues Vorabend-Format mit Kai Pflaume im Raum, Jörg Pilawa kommt zurück zum Ersten… Oder sollen es erstmal Krimis auf Dauer richten…
Lassen Sie sich überraschen – wir haben spannende Formate in der Entwicklung, zu denen ich aber noch nichts Konkretes sagen möchte.
Dann warten wir bis es etwas zu sagen gibt, sagen aber jetzt Danke für das Gespräch.