Skandal-Glutamat

Hoch her ging es im ZDF heute-journal zwischen Sigmar Gabriel und Marietta Slomka im Gespräch über den SPD Mitgliederentscheid. Wirklich?

Am Tag darauf konnte man es überall in der Presse lesen. Gabriel und Slomka zickten sich live im Fernsehen an. Da ist das Wort „Quatsch“ gefallen und selbst Horsti Seehofer musste seinen baldigen Koalitionspartner öffentlich verteidigen. Nur wozu der ganze Wirbel?

Im Endeffekt viel heiße Luft um eine Banalität. Es erinnert in seinem Ausmaß fast an die Bahncard von Peer Steinbrück. Der Kanzlerin wäre ein solcher Ausrutscher nicht passiert. Warum? Weil sie viel zu glatt antwortet und somit auch dank Teflon Beschichtung gar keine Angriffsfläche bietet. Glatt und reibungslos funktioniert hierzulande der Politikbetrieb. Streit und Zank? Dafür sorgt bestenfalls noch Seehofer mit markigen Sprüchen zur PKW-Maut und beweist sich damit in der Heimat als harter Hund. Im Endeffekt nur auch heiße Luft ohne große Wirkung. Ex-Kanzlerkandidat Steinbrück nannte Seehofer schon einmal die „loseste Kanone an Deck“.



Was traurig ist? Nur die Banalität schafft es scheinbar noch zur Schlagzeile. Damit schafft man es zwei Tage in die BILD und alle Redaktionen haben ein schönes Stück Fleisch vor sich auf den iMacs. Auf Twitter war die gute #Slomka dann sogar in den Charts. Natürlich trägt auch diese Kolumne dem Treiben bei. Ich bin mir dieser Tatsache vollkommen bewusst. Was sich dahinter wahrscheinlich verbirgt? Es ist einfach. Man kann dazu schön und schnell einen Beitrag stricken und die Redakteurin hat einen leichten Arbeitstag. Wir alle machen es uns damit sehr einfach. Den SPD-Mitgliederentscheid wirklich analysieren? Von allen Seiten durchleuchten? Die wirkliche Stimmung in der hintersten Basis erfassen? Die Rolle Gabriels darin erkunden und für eine breite Masse einfach und mundgerecht präsentieren?

Das würde Arbeit bedeuten. Das würde Recherche bedeuten. Man müsste sich wirklich mit der fachlichen Seite befassen und komplexe Sachverhalte einfach darstellen. Wurde der NSA-Skandal schon wirklich bis ins Detail aufgearbeitet? Was es für jeden Bürger und jeden mittelständischen Betrieb bedeutet? Wurden die Millionen Bürger wirklich von den Medien informiert? Das findet so richtig nicht mehr statt. Vielmehr muss es die Schlagzeile zum abgehörten Merkelphone geben. Daraus lässt sich schnell ein Beitrag basteln.

Wenn man sich diesem System nicht anschließt? Verpasst man die Klicks. Kürzer, knackiger und persönlicher muss es heute scheinbar sein. Hauptsache man kann aus einem nutzlosen Tweet von Boris Becker mit ein wenig Skandal-Glutamat eine Schlagzeile basteln.

Das Gute daran? Früh Feierabend.
01.12.2013 17:41 Uhr  •  Rob Vegas Kurz-URL: qmde.de/67678