Im Kölner «Tatort», der aus Jugendschutzgründen nach 22.00 Uhr gezeigt wird, muss eine Gefängnisentführung aufgelöst werden. Wir verraten, ab welcher Minute sich das Abschalten lohnt!
Inhalt
Die Macher hinter dem «Tatort»
- Produktion: Colonia Media Filmproduktion GmbH
- Musik: Jörg Lemberg
- Kamera: Gero Steffen
- Buch: Jürgen Werner
- Regie: Dror Zahavi
Rund zwölf Jahre lang unterstützte die Schauspielerin Tessa Mittelstaedt das Kölner Ermittler-Duo Klaus J. Behrendt und Dietmar Bär als deren Assistentin Franziska Lüttgenjohann, bevor sie ihren freiwilligen Ausstieg ankündigte. Weil dies zweifelsfrei einen bedeutenden Einschnitt und eine entscheidende Zäsur für die Reihe darstellt, ist es umso verständlicher, dass der Figur ein besonderes Finale bereitet werden soll. So wird sie bei ihrer ehrenamtlichen Arbeit als Bewährungshelferin im Gefängnis vom Insassen Daniel Dehl als Geisel genommen. Der Vergewaltiger und Mörder glaubt darin, seinen einzigen Ausweg aus der JVA zu sehen, denn zuvor wurde er des Mordes an einem Mithäftling beschuldigt. In der Hoffnung, dass sich Dehl nicht als Täter herausstellt, muss der Tod des Gefangenen so schnell wie möglich aufgeklärt werden, um Franziska retten zu können. Die zu Hilfe gerufenen Kommissare Max Ballauf und Freddy Schenk nehmen die Ermittlungen auf.
Darsteller
Klaus J. Behrendt («Rommel») als Max Ballauf
Dietmar Bär («Kehrtwende») als Freddy Schenk
Tessa Mittelstaedt («Heiter bis tödlich – Morden im Norden») als Franziska
Joe Bausch («Verbotene Liebe», «Die Ärzte – der Medizintalk im ZDF») ist Dr. Roth
Christian Tasche («Die Rettungsflieger») ist Staatsanwalt von Prinz
Birge Schade («Die Aufnahmeprüfung») ist Katharina Streiter
Hinnerk Schönemann («Dr. Psycho», «Marie Brand und...») ist Daniel Kehl
Kritik
Für die Schaffung der Ausgangslage gönnt sich der Film erfreulich viel Zeit, die auch gut genutzt wird. Durch die schön komponierten Bilder, die eindringliche Musik und eine mitreißende Parallelmontage ist die komplette Geiselnahme äußerst spannend, effektvoll und vor allem rasant inszeniert. Der Anfang ist sogar so stark, dass selbst eine darin deplazierte und allzu erzwungene Debatte über die ethische Frage, ob Mörder, Vergewaltiger und andere Straftäter eine zweite Chance verdient haben, verzeihlich ist. Offenbar sollte dadurch die beinahe schon obligatorische gesellschaftliche Brisanz des «Tatorts» abgehandelt werden. Wie gesagt, selbst dies tut dem gelungenen Auftakt keinen Abbruch, denn er ist nicht nur äußerst sehenswert, sondern hebt sich zudem erfrischend vom typischen Krimi-Muster ab. Aber dann treten erstmals die Kommissare Max Ballauf und Freddy Schenk in Erscheinung...
Ab diesem Zeitpunkt verliert die Episode alle Dramatik, alle optische Raffinesse und vor allem jegliches Tempo. Das liegt gar nicht so sehr an den beiden Hauptdarstellern als vielmehr am nun unausgereiften Drehbuch und der mutlosen, konservativen Umsetzung. So außergewöhnlich der Auftakt der Folge daherkommt, so mittelmäßig werden die obligatorischen Mordermittlungen im Anschluss dargestellt. Erschwerend kommen unzählige, lange Erklärungs- und Rechtfertigungsversuche für die insgesamt sehr konstruierte Grundkonstellation des Falls hinzu. Es ist zudem wenig hilfreich, dass sich die Suche von Ballauf und Schenk diesmal ausschließlich innerhalb des Gefängnisses und damit in einem sehr überschaubaren Raum sowie auf einen winzigen Verdächtigenkreis beschränkt. Sicherlich sollte sich gerade aus dieser Einengung ein besonderer Nervenkitzel ergeben, vielleicht sogar eine Art eindringliches Kammerspiel, doch dies funktioniert überhaupt nicht. Vielmehr wirken die Untersuchungen der ewig gleichen Zimmer und die wiederholte Befragung der selben Personen äußerst redundant und zäh.
Geplant war es sicherlich ebenso, dass die vielen Dialoge zwischen Franziska und ihrem Geiselnehmer eine besondere Spannung, Brisanz und Intensität erzeugen sollen, doch auch dieses Vorhaben geht am Ende kaum auf. Die Wortbeiträge sind dafür zu einfallslos und abgegriffen. Während Hinnerk Schönemann seine Rolle als Entführer noch recht passabel ausfüllen kann, scheitert Franziska-Darstellerin Tessa Mittelstaedt vollends daran, ihrer Figur die wahrscheinlich beabsichtigte Mischung aus überspielter Angst, Unsicherheit und Stärke zu verleihen. In den meisten Szenen wirkt sie schlicht unglaubwürdig abgebrüht, kühl und fast unbeteiligt. Dadurch fehlt es meist an einer wirklich bedrohlichen Grundstimmung. Dass sich ein Großteil der Handlung obendrein in allzu abgedroschenen Zuständigkeitsstreiterein zwischen Gefängnisleitung, Kommissaren, Staatsanwalt und SEK verliert, ist für das Szenario zusätzlich wenig förderlich.
Ganz zum Schluss folgt allerdings noch einmal die langersehnte Wendung, denn zum Finale erreichen sowohl Handlung, schauspielerische Leistung als auch die Inszenierung noch einmal die Qualität des imposanten Anfangs, wodurch eine intensive, unerwartete und fesselnde Auflösung des Falls erreicht wird. Dann gelingt es dem Film auch wieder, eindrucksvolle Bilder und erstmals eine emotionale Betroffenheit zu erzeugen. Dadurch wirkt die Behäbigkeit der vorangegangenen 60 Minuten umso mehr wie ein Fremdkörper.
Letztlich bleibt also ein sehr zweigespaltener Eindruck zurück. Wer die Minuten 25 bis 80 überspringt, kann einen packenden, optisch reizvollen Kurzfilm genießen. Der Rest ist wenig überraschend und eher entbehrlich. Man könnte fast meinen, dass Anfang und Ende einerseits sowie der Hauptteil andererseits von verschiedenen Verantwortlichen umgesetzt wurde; dass es sich um zwei getrennte Werke handelt, in denen nur zufällig die selben Schauspieler mitwirken. Dieser Kontrast ist sicherlich beabsichtigt, aber das ist letztlich genau der Punkt, woran die aktuelle Ausgabe scheitert: An zu vielen guten Absichten.
Das Erste zeigt «Tatort: Franziska» am Sonntag, den 05. Januar. Aufgrund des gezeigten über längere Zeit andauernden Bedrohungspotentials ist diese Folge ausnahmsweise erst um 22.00 Uhr zu sehen.