'Aufhören, Erfolg mit Schlagzeilen gleichzusetzen'

Neues Jahr, neues «DSDS»: RTL-Moderatorin Nazan Eckes spricht über das neue Konzept „Kandidaten an die Macht“ und die herbeigeschworene „Castingshow-Apokalypse“…

Nazan Eckes, 2014 ist erst wenige Tage alt. Welchen Vorsatz haben Sie für das neue Jahr?

Zur Person: Nazan Eckes

Nazan Eckes moderiert seit 2007 «Explosiv-Weekend» und startet am 8. Januar um 20.15 Uhr bei RTL in die neue Staffel von «Deutschland sucht den Superstar». 2013 wurde die Deutsch-Türkin vom Emnid-Institut zur schönsten TV-Moderatorin Deutschlands gewählt, die zuvor auch für «Let´s Dance», «Punkt 12» oder im letzten Sommer bei «Pool Champions – Promis unter Wasser» vor der Kamera stand.
Es sind die üblichen Kleinigkeiten, wie mehr für meine Gesundheit zu tun und mehr Zeit für mich und meine Familie zu haben. Große Vorsätze habe ich allerdings nie zum Jahreswechsel. Vielmehr reflektiere ich, was in den letzten 365 Tagen passiert ist und überlege, was ich daraus lernen kann oder zumindest sollte.

Haben Sie dabei auch reflektiert, was Sie als Kind mal werden wollten? Vielleicht Sängerin?
(lacht) Es gibt tatsächlich uralte Super-8-Aufnahmen von mir, in denen ich mit einem Mikrofon durch's Bild hüpfe. Aber ich glaube, das hat eher damit zu tun, dass Musik ein wichtiger Bestandteil der türkischen Kultur ist und bei uns von morgens bis abends das Radio lief. Ansonsten habe ich nie ernsthaft daran gedacht, Sängerin zu werden. Mir fehlt schlichtweg die Stimme und das Talent.

Talent haben Sie dagegen im TV, wo Sie zunächst beim Musiksender VIVA starteten. Hilft das bei «DSDS»? In der neuen Staffel müssen Sie ja auch ohne Raúl Richter ran...
Schaden kann das sicherlich nicht, wenn man sehr lange bei einem Musiksender gearbeitet hat und somit einen direkten Einblick in die Welt der Musikmacher hatte. Ich weiß zumindest, was die Kandidaten und die Kandidatinnen mitbringen müssen, um in der Branche und auf der Bühne zunächst begeistern und dann bestehen zu können. Es gibt viele gute Sänger, aber nur die Wenigsten haben dieses gewisse Etwas, das das Publikum sofort von den Socken haut.

«Deutschland sucht den Superstar» startet am 8. Januar. Das neue Konzept erinnert ein wenig an «Popstars», wo Proben oder die Entstehung der Band mehr im Vordergrund stehen als die eigentlichen Entscheidungsshows, oder? Was ist das Neue an «DSDS 2014»?
Das Motto lautet „Kandidaten an die Macht“ - sie bekommen mehr Einflussmöglichkeiten, was natürlich auch nach hinten losgehen kann. Es wird also überraschend werden. Spannend ist aber auch die neue Jury, die aus extrem unterschiedlichen Persönlichkeiten besteht. Marianne, Mieze, Kay und Dieter könnten wirklich unterschiedlicher nicht sein, das hat man gleich bei den ersten Dreharbeiten gemerkt. Ich bin jetzt schon sehr gespannt auf die Live-Shows. Rein optisch haben wir uns in diesem Jahr auch verändert. Beim Recall auf Kuba zum Beispiel hatten wir wahnsinnig tolle Drehorte. Die Kandidaten mussten teilweise im Dschungel oder in den Straßen Havannas singen, mit ganz vielen Menschen um sie herum, die begeistert mitgegangen sind. Das war wirklich aufregend.

Seit über zehn Jahren gibt es «DSDS», was an sich ein Erfolg ist. Im Staffelschnitt sinken die Quoten allerdings. Sehen Sie ein Verfallsdatum beim Castingshow-Boom?
Von der Castingshow-Apokalypse redet man ja nun schon seit Jahren. Aber in Wahrheit sind sie längst fester Bestandteil der Fernsehunterhaltung, so wie Quizshows, Talkshows oder Spielshows. Das muss man nicht mögen, aber zumindest erkennen. «DSDS» ist immer noch eine erfolgreiche Show, auch wenn solche Megaquoten wie in der Vergangenheit nicht mehr zu erzielen sind, das erwartet auch keiner. Aber natürlich geben wir uns auch in der elften Staffel Mühe, das Format lebendig und modern zu halten.

Es gibt wieder eine neue Jury – u. a. mit Marianne Rosenberg. Öffnet sich das Format so stärker dem Schlager und neuen Zielgruppen? Beatrice Egli hat sicher auch ihren Teil dazu beigetragen...?
Beatrice hat tatsächlich einen kleinen Schlagerboom ausgelöst bei uns. Selbst Menschen, die Schlager nicht mögen, haben ihr den Sieg gegönnt, weil sie schlichtweg ihr Ding durchgezogen und fest an sich geglaubt hat. Man muss aber auch sagen, dass «DSDS» schon immer offen für Schlager war. Denkt man da an Vanessa Neigert und Norman Langen. Das wird auch in diesem Jahr so sein, aber eine reine Schlagersendung werden wir sicher nicht. Dazu gibt es viel zu viele andere gute Musikrichtungen in Deutschland.

In Deutschland wird viel über den langfristigen Erfolg der Castingshow-Sieger gestritten. Sie kennen vielleicht auch internationale «Pop Idol»-Adaptionen wie die in der Türkei? Wie sehen Sie mit diesem Hintergrundwissen diese Debatte?
Ein Vergleich mit dem türkischen Markt, ist aber tatsächlich sehr spannend. Dort haben Castingshows ein ganz anderes Standing. Die Sieger starten dort richtig durch, werden gefeiert und geliebt, nicht kritisiert, weil sie ein „Casting-Kind“ sind.
Nazan Eckes über Casting-Shows
Man muss vielleicht aufhören, Erfolg mit großen Schlagzeilen gleichzusetzen. Die Sieger diverser Castingshows stehen irgendwann alle nicht mehr in der Zeitung, das bedeutet aber nicht, dass sie nicht mehr stattfinden. Viele ehemalige Kandidaten und Sieger von Castingshows sind heute durchaus in der Lage, ihr Geld mit Musik zu verdienen, werden für verschiedene Events gebucht, touren mit ihrer Musik durch's Land usw. Ich glaube, dass man auch das als Erfolg werten sollte. Ein Vergleich mit dem türkischen Markt, ist aber tatsächlich sehr spannend. Dort haben Castingshows ein ganz anderes Standing. Die Sieger starten dort richtig durch, werden gefeiert und geliebt, nicht kritisiert, weil sie ein „Casting-Kind“ sind. Viele bekommen anschließend Film- oder Serienrollen angeboten. Die Wahrnehmung von Casting-Shows ist in vielen Ländern anders als in Deutschland.

Jede Woche sind Sie auch bei «Explosiv-Weekend» on-air. Wie boulevardesk müssen Magazine heutzutage sein?
Wir müssen anders sein, eine eigene Marke setzen, manchmal auch etwas lauter sein.
Nazan Eckes über ihr Magazin «Explosiv»
Ein Boulevard-Magazin muss sich genauso verändern, wie die Gesellschaft es auch tut. Die Themen ändern sich, die sozialen Netzwerke spielen eine immer größere Rolle und am Look muss auch immer wieder gefeilt werden. Die Menschen haben heute einen sehr flexiblen Zugang zu Informationen und rufen im Internet sehr gezielt und ausschließlich die Themen und Filmchen ab, die sie interessieren. Das macht es für ein Boulevard-Magazin nicht einfacher. Wir müssen anders sein, eine eigene Marke setzen, manchmal auch etwas lauter sein.

Könnten Sie sich auch andere Genres wie ein Talkformat vorstellen, das zuletzt angeblich beim ZDF im Gespräch war?
Ich habe von Anfang an, nie nur eine einzige Sache gemacht, sondern immer wieder meine Grenzen ausgelotet und meine Möglichkeiten getestet. Schließlich verändere ich mich ja auch als Mensch und das wirkt sich auf meine Interessen, sowie auf meine Arbeit aus. Ansonsten plane ich immer nur von Jahr zu Jahr und das Jahr 2014 ist mit «DSDS», «Explosiv-Weekend» und anderen kleinen Projekten ohnehin schon wieder vollgepackt, also konzentriere ich mich erstmal darauf.

Was halten Sie eigentlich von Ex-«Explosiv»-Kollege Markus Lanz? Der sucht bei «Wetten, dass…?» derzeit ja noch offiziell eine dauerhafte Co-Moderatorin…
Ich kenne Markus natürlich noch aus seiner «Explosiv»-Zeit. Ich mag ihn sehr. Aber wie Sie wissen, habe ich ja einen Job bei RTL, mit dem ich sehr glücklich bin… (lacht)

Ja, tatsächlich zählen Sie zu den erfolgreichsten RTL-Moderatorinnen – allein schon durch «DSDS». Wie können Sie da abschalten und auf wessen Feedback hören Sie?

Ich kann bei ganz einfachen Dingen entspannen. Ich muss dafür nicht in die Karibik oder so.
Am liebsten beschäftige ich mich in meiner Freizeit mit irgendwelchen Sachen, die noch im Haus erledigt werden müssen. Oder ich liege einfach nur rum, trinke Kannenweise Tee und lese. Mein wichtigster Ratgeber in allen Dingen ist mein Mann Julian. Er ist ein guter Analytiker, ein kritischer Fernsehzuschauer und doch jemand, der viel übrig hat für gutes Entertainment. Er hat oft einen ganz anderen Blick auf die Dinge und bringt mich manchmal auf Gedanken, auf die ich selber nicht komme. Obwohl er als Maler einem ganz anderen Beruf nachgeht, sind wir immer wieder überrascht über die Parallelen in unseren Jobs. Er ist die wichtigste Stütze in meinem Leben.

Was schauen Sie gerne im Fernsehen? Vielleicht das Dschungelcamp, wo Sie vielleicht den einen oder anderen Bewohner aus einer alten Mottoshow kennen könnten…?
Das Dschungelcamp ist ein Phänomen. Ich erinnere mich noch genau daran, wie geschockt alle waren, als es hieß, RTL schickt Promis in den Dschungel. Ein riesen Aufschrei. Und doch ist das Format über die Jahre immer erfolgreicher geworden und heute gucken es alle. Ich natürlich auch. Freu mich jetzt schon auf die neue Staffel!

Zurück zum Ernsten: Sie engagierten sich im vergangenen Jahr auch politisch für Migration und Integration. Müssen sich Fans Sorgen machen, dass Sie vom Show- ins Politik-Business wechseln?
Politische Themen haben mich schon immer interessiert. Als Tochter meines Vaters, der ein sehr politischer Mensch ist, konnte es gar nicht anders kommen. Aber trotzdem würde ich hauptberuflich wahrscheinlich nicht ins politische Fach wechseln wollen. Dazu liebe ich das Fernsehen viel zu sehr. Auch wenn es manchmal ein anstrengender und ermüdender Job ist, bei dem das eigene Schicksal und die Zukunft von so vielen Faktoren abhängt, die man selber nicht beeinflussen kann, ist es doch eine tolle, aufregende Arbeit, die ich da machen darf. Das will ich nicht missen und noch ein paar Jahre so weitermachen.

Gibt es 2014 noch weitere TV-Projekte, die für Sie anstehen?
Ich werde vor und nach den «DSDS»-Live-Shows weiterhin «Explosiv-Weekend» moderieren und wir prüfen immer wieder Angebote aus der Türkei. Bisher war aber keines dabei, das zeitlich hingehauen und sich nicht mit meinen RTL-Einsätzen überschnitten hätte, die für mich natürlich Vorrang haben. Aber wer weiß, vielleicht habe ich 2014 mehr Glück und es klappt endlich mal.

Vielen Dank für das Interview und alles Gute für 2014, Nazan Eckes.
08.01.2014 11:30 Uhr  •  Benjamin Horbelt Kurz-URL: qmde.de/68311