Lass das mal den Papa machen. Der Papa macht das sehr gut!

Der Film des Monats: Die langersehnte Filmadaption von Deutschlands beliebtester Büroserie führt «Stromberg» zu einem vortrefflichen Abschluss.

Diesen Kinofilm wollten wir schon lange machen. Es scheiterte
bislang hauptsächlich an der Finanzierung. Wir haben diverse Szenarien durchgespielt, aber erst durch
die Möglichkeit des Crowdfunding konnten wir den Film so machen, wie wir ihn wollten. Das war für
mich der letzte Versuch, dieses Thema noch einmal in Angriff zu nehmen. Wenn das nicht geklappt
hätte, hätten wir den Kinofilm vermutlich begraben.
Ralf Husman über die schwierigkeiten bei der finanzierung
Experimentieren ist im deutschen Kino generell ein mutiges Unterfangen. Zu sehr klammert man sich hierzulande – sicherlich auch der Einfachheit halber – an bereits bewährte Erfolgskonzepte. Das Publikum liebt Schweighöfer-Komödien, weil es weiß, was es erwartet, und Genreproduktionen werden mit der Begründung gemieden, dass es einheimischen Regisseuren ohnehin nicht liegt, Horror und Suspense zu generieren. «Stromberg – Der Film» experimentiert gleich auf zwei Ebenen. Als erste deutsche, von der Masse beachtete Kinoproduktion, die durch das Prinzip des Crowdfundings entstanden ist, gelingt dieser Art der Schwarmfinanzierung, bei der Fans einen Großteil der Produktionskosten übernehmen, der Sprung an die breite Öffentlichkeit. Inwiefern sich dieser Versuch im Nachhinein als lohnenswert erweist, wird erst in wenigen Wochen ein Blick auf die Zuschauerzahlen und Einspielergebnisse zeigen. Dennoch bleibt festzuhalten, dass dem Team um Deutschlands beliebtestes Büroekel schon vor Kinostart ein beachtlicher Quantensprung im Segment der Filmfinanzierung geglückt ist.

Des Weiteren ist «Stromberg» auf nationalem Terrain ein seltenes Beispiel dafür, dass sich eine solch große Fangemeinde an den Geschichten einer Serie erfreut, dass sich ein Sprung ins Lichtspielhaus lohnt. Während in den USA derzeit Planungen für einen (ebenfalls durch Crowdfunding finanzierten) Film zum Crime-Format «Veronica Mars» laufen und zuvor schon zahlreiche Serien wie «Akte X» teilweise sogar mehr als einen Leinwandausflug erhielten, hat sich hierzulande bislang kaum eine Serie angeschickt, dieser Entwicklung zu folgen. Vielleicht fungiert das «Stromberg»-Team auch an dieser Stelle als Trendsetter.

Schon lange vor dem deutschen Kinostart am 20. Februar dieses Jahres machten sowohl Bernd Strombergs Heimsender ProSieben als auch die Produktionsfirma Brainpool deutlich, dass sie ihr Handwerk in den Bereichen PR und Marketing verstehen. Um «Stromberg – Der Film» so bekannt zu machen, dass nicht nur die alteingesessene Fan-Community angesprochen wird, sondern auch eventuelle Fan-Neulinge hinzugewonnen werden können, wurde die Produktion Teil einer ausgeklügelten Promotion-Strategie. Erste Trailer zum Film präsentierten sich als Werbespots für die fiktive CAPITOL-Versicherung und orientierten sich dabei überdeutlich an real existierenden Imagefilmen bekannter Versicherungskonzerne. Es folgten ein Musikvideo zum Titelsong „Lass das mal den Papa machen“, komponiert von Stefan Raab, ein Serienmarathon bei ProSieben, ein In-Charakter-Auftritt bei «Schlag den Raab» und nicht zuletzt ein der Crosspromotion dienender Auftritt Bernds beim Wissensmagazin «Galileo». Doch auch wenn man in den vergangenen Wochen kaum an der filmgewordenen Office-Comedy vorbeikam, ist dieses Paradebeispiel für Film-PR noch lange kein Garant dafür, dass das Endprodukt schließlich auch den gesteigerten Erwartungen standhält. So muss sich schlussendlich auch ein Bernd Stromberg den wachsamen Augen eines jeden Kritikers stellen – selbst dann, wenn dieser seit Jahren ein brennender Anhänger der Seriengrundlage ist.

Zum fünzigjährigen Bestehen der CAPITOL-Versicherung macht sich Bernd „Papa“ Stromberg (Christoph Maria Herbst) mit seinen Schützlingen in Richtung Landhotel. Dort soll sich die gesamte Belegschaft einer ausgelassenen Jubiläumsfeier hingeben. Mit an Bord sind neben Stromberg natürlich auch alte Bekannte. Berthold „Ernie“ Heisterkamp (Bjarne Mädel) ist in seiner neuen Funktion als stellvertretender Leiter der Schadensregulierung voll in seinem Element. Das Büropärchen Ulf und Tanja (Oliver Wnuk und Diana Staehly) ärgert sich mit seinem heranwachsenden Adoptivsohn Marvin herum und zwischen Jennifer (Milena Dreißig) und Bernd knistert es wie am ersten Tag - oder eben auch nicht. Doch die Stimmung schlägt um, als Stromberg von der bevorstehenden Schließung seiner Filiale erfährt. Von nun an versucht er alles, um sich vor dem Vorstand von seiner besten Seite zu zeigen. Blöd nur, dass ausgerechnet Ernie denselben Plan verfolgt…

Auf der Weltpremiere von «Stromberg – Der Film» am Dienstag in Köln bringt es Regisseur Arne Feldhusen auf den Punkt: Der Streifen falle zwar um einiges größer aus als die Serie, dennoch habe er sich bewusst dazu entschlossen, einen kleinen Film zu machen. Mit klein, damit meint Feldhusen das Sich-treu-bleiben. Das bleibende Bestehen sämtlicher Prinzipien, durch welche sich «Stromberg» einst eine solch treue Fanbase aufbauen konnte. Der Humor ist derselbe geblieben. Die Macher setzen glücklicherweise nicht auf lautere Pointen oder gar platteren Humor, um das Komikzentrum einer größeren Masse zu treffen. Dabei ist nicht von der Hand zu weisen, dass die große Leinwand ihre Vorteile hat. Eine gewisse Experimentierfreude kann man auch dem Skript nicht absprechen. Arne Feldhusen und Ralf Husmann – Drehbuchautor von Film und Serie – lassen vor allem im furiosen Schlussakt ihrer blühenden Fantasie freien Lauf und kreierten ein Finale, das sich Bernd Stromberg selbst nicht besser hätte vorstellen können. Vor allem hier zeigen sich die Vorzüge, mit denen eine Kinoadaption punkten kann: In die Serie eingebettet würden die Entwicklungen des Films schnell als „too much“ abgestempelt werden können. Der Film als i-Tüpfelchen des Franchises lässt hingegen Raum für sämtliche Vorstellungen. Hier scheint (fast) alles erlaubt und angesichts der Tatsache, dass «Stromberg – Der Film» nun doch definitiv den endgültigen Höhepunkt der Marke «Stromberg» markiert, seien den Machern einige winzige Anflüge von Größenwahn verziehen.

Vermutlich vor allem für Fans relevant ist der Umgang mit sämtlichen liebgewonnenen Figuren. So viel sei verraten: Bernd Stromberg bleibt Bernd Stromberg – beißender Sarkasmus, halbgare Weisheiten und jede Menge Zynismus inklusive. Getreu dem Motto „Never change a winning Team“ verlässt man sich in allen Bereichen auf Altbewährtes. Nicht nur, dass sämtliche Darsteller vor der Kamera in ihren Paraderollen – und seien es im Falle von Tatjana Alexander als Frau Berkel oder Sinan Akkus als Herr Turculu nur für wenige Takes – zurückkehren, auch hinter der Kamera baut man auf dieselbe Crew. Kameramann Johannes Imdahl findet sichtlich Gefallen daran, für den „Kino-Stromberg“ etwas opulentere Bilder einzufangen, als es die Serie verlangt. In den entscheidenden Momenten im bekannten Büro oder auf dem Ausflug ins Landhotel ist sein typisch bodenständiger Mockumentary-Stil jedoch unverkennbar geblieben. Dadurch behält auch «Stromberg – Der Film» zu jedem Zeitpunkt den Charme der Serie bei, denn auch auf der musikalischen Ebene verzichtet der Streifen auf eine Kino-Anpassung. Abgesehen vom mittlerweile durch Deutschland geisternden Titelsong „Lass das mal den Papa machen“ verzichtete man nahezu gänzlich auf Musik. Kleiner Wehrmutstropfen: leider auch auf die Serientitelmelodie, die man zu Beginn doch schmerzlich vermisst.

Während die Figurenkonstellation, deren Darsteller auch im Film einmal mehr blendend aufgelegt sind, der Serie gleichkommt, ist die Fortentwicklung der Charaktere bei den einigen mehr, bei den anderen jedoch weniger geglückt. Während Bjarne Mädels Ernie mittlerweile zum stellvertretenden Leiter der Schadensregulierung aufgestiegen ist und die damit einhergehenden Ego-Explosionen durchgehend nachvollziehbar und ungeheuer komisch anzusehen sind, geht man vor allem mit dem Büro-Pärchen Ulf und Tanja weniger sorgsam um. Bis auf die Zuteilung von Adoptivsohn Marvin und einer Sinnkrise Ulfs, ob ein Mann ein Schläger sein muss, um nicht als Weichei dazustehen, erhalten die beiden innerhalb des Films erstaunlich wenig Aufmerksamkeit. Selbiges gilt für Strombergs Dauer-On-Off-Freundin Jennifer, deren Dasein sich im Film darauf beschränkt, sich selbst in eine Lebenskrise zu philosophieren. Bei den Freiheiten die man auf der Leinwand hatte, hätte dem Film vor allem an diesen beiden Punkten etwas mehr Pfiff gut getan.

Vor allem eines ist entscheidend: Die Macher von «Stromberg – Der Film» haben tatsächlich eine abendfüllende Komödie kreiert, die sich nicht wie eine gekürzte, sechste Serienstaffel anfühlt. Dem Team der CAPITOL-Versicherung ist eine serielle Entwicklung vergönnt, die man im TV-Format niemals hätte unterbringen können. Dadurch zeigt nicht nur das Team eine enorme Spielfreude, auch die Story kommt mit Höhen und Tiefen daher, die sich gewaschen haben. Den Charme der Serie beibehaltend hat «Stromberg – Der Film» zwar einige kleine Schwächen, als finaler Akt innerhalb des Franchises hätten sich Fans jedoch nichts Besseres vorstellen können.

«Stromberg - Der Film» ist ab dem 20. Februar bundesweit in den Kinos zu sehen.
19.02.2014 13:30 Uhr  •  Antje Wessels Kurz-URL: qmde.de/69105