Ein gelungenes Fernsehdrama, das intelligent geschrieben und vergnüglich geraten ist.
Inhalt
Hinter den Kulissen
- Regie: Isabel Kleefeld
- Buch: Beate Langmaack
- Musik: Florian van Volxem und Sven Rossenbach
- Kamera: Alexander Fischerkoesen
- Ausführende Produktion: Shark TV GmbH
- Produzenten: Tom Spieß und Sönke Wortmann
Die sich in ihren späten Zwanzigern befindliche Judith beginnt einen neuen Lebensabschnitt: Mit ihrem Umzug nach Berlin fängt sie eine neue Arbeit als Psychotherapeutin an und zieht zudem erstmals mit ihrem langjährigen Freund zusammen. So zumindest der Plan. Was der Anfang eines schönen, neuen Lebens werden sollte, entwickelt sich jedoch zu einem herben Einschnitt – ihre Beziehung zerbricht und so findet sich die junge Frau plötzlich ganz allein in der großen Stadt wieder. Hinzu kommt, das die noch relativ unerfahrene Therapeutin für Kinder und Jugendliche am Arbeitsplatz immer wieder in Trubel mit ihren abgebrühten Kollegen sowie ihrem ungeduldigen Chef gerät. Wenig überraschend, dass sie bei all dem Stress in der Behandlung ihrer drei jungen Patienten nur auf der Stelle tritt: Der sechsjährige Konrad hört nicht mit dem Bettnässen auf, der neunjährige Linus bleibt ein überzeugter Schläger und die 13-jährige Nele übt sich wacker als Rebellin.
Währenddessen beherrscht ein Buckelwal die vom Sommerloch geplagten Fernsehnachrichten: Das Tier hat sich in die Ostsee verirrt und droht, dort zu sterben. Vom Schicksal des Meeressäugers gerührt und verzweifelt auf der Suche nach Ablenkung von ihrem erdrückenden Alltag reist Judith nach Stralsund, um sich diese tierische Tragödie mit eigenen Augen anzusehen …
Darsteller
Rosalie Thomass («Kreutzer kommt ... ins Krankenhaus») als Judith
Robert Gwisdek («Neue Vahr Süd») als Martin
Luis August Kurecki («Staub auf unseren Herzen») als Konrad
Claas Schroeder («Aschenbrödel und der gestiefelte Kater») als Linus
Emma Bading («Halbschatten») als Nele
Golo Euler («Heiter bis tödlich - Henker & Richter») als Christian
Rosa Enskat («Gold») als Anna Stockhausen
Götz Schubert («Unsere Mütter, unsere Väter») als Jens Kollmann
Anna Blomeier («Der Kriminalist») als Claudia
Kritik
Bislang spezialisierte sich Regisseurin Isabel Kleefeld mit Fernsehfilmen wie «Arnies Welt» und «Im Netz» auf schwermütige Dramen. Zumindest die Komplexizität dieser Werke behält die Filmemacherin in ihrem jüngsten Werk bei, doch selbst wenn das ruhig erzählte Drama «Weiter als der Ozean» vielschichtig ist, so ist die darin ausgebreitete Komödie vergleichsweise leichtfüßig, während die Inszenierung freudvoll und optimistisch geriet. Und so stellt «Weiter als der Ozean» eines dieser raren TV-Filmdramen dar, die zwar klug, nicht aber deprimierend sind.
Basierend auf einem Drehbuch von Beate Langmaack handelt dieser Neunzigminüter von einer Endzwanzigerin, die von ihrer neuen Lebenssituation so überfordert ist, dass sie allmählich die Orientierung verliert und sich bloß noch antriebslos durch den Tag treiben lässt. Hauptdarstellerin Rosalie Thomass jedoch legt ihre Rolle der Judith nicht als deprimierte, selbstgeißelnde Frau an, sondern eine an sich lebensbejahende, positiv eingestellte Person, die nun schlichtweg eine anstrengende Phase durchlebt. Im Zusammenspiel mit den sonnendurchfluteten Bildern und einer erfreulich zurückhaltenden Filmmusik ergibt sich eine zwar ernste, doch nicht erdrückende Atmosphäre, die «Weiter als der Ozean» so kurzweilig und leichtgängig macht.
Aufgrund dieser vitalen Stimmung, weiter gestützt durch eine dynamische und erfrischende Kameraführung, besteht auch nie die Gefahr, dass sich «Weiter als der Ozean» als verkopft verkauft, was angesichts der Verbindung der zwei zentralen Plots fatal wäre: Dass sich Judith so sehr für das Schicksal eines verirrten Wals interessiert, könnte in den falschen Händen eine prätentiöse Metapher ergeben. Stattdessen macht Isabel Kleefeld klar, dass die Parallelen zwischen ihrer verlorenen Hauptfigur und dem orientierungslosen Wal nur oberflächlich sind. Seinen berührenden, teils poetischen, Dimension gewinnt dieser Aspekt des Films dagegen dadurch, wie die Regisseurin zeigt, dass sich Judith in ihren Selbstvergleichen mit dem Wal verliert und nur beim Gedanken an das bedrohte Tier all die Verzweiflung zulässt, die sie sonst zu unterdrücken versucht.
Darüber hinaus begeistert «Weiter als der Ozean» mit den Performances der Jungdarsteller, die Judiths Patienten verkörpern: Nur selten gibt es so natürliches, echt wirkendes Schauspiel von Kindern zu sehen, das in wenigen Sequenzen Bände über die Entwicklung ihrer Figuren spricht. Genauso packt Kleefeld auch den romantischen Subplot zwischen Judith und einem Meeresbiologen an, dem sie beim Beobachten des in der Ostsee verirrten Wals begegnet. Nur eine Handvoll Szenen ist dieser Beziehung vergönnt, weshalb diese Romanze die anderen Handlungsfäden nicht übertönt. Dennoch bleibt die langsam aufkeimende neue Liebe Judiths plausibel, da Thomass und Robert Gwisdek in einem gelungen beiläufigen Ton in jeder ihrer gemeinsamen Szenen immer engere Bande knüpfen.
Fazit: «Weiter als der Ozean» ist ein sehenswertes, ruhiges und optimistisches Drama, das in warmen Bildern von einer schwierigen Passage im Leben einer Endzwanzigerin erzählt.
«Weiter als der Ozean» ist am Mittwoch, den 19. Februar 2014, ab 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.