Die Kritiker: «Kommissar Dupin – Bretonische Verhältnisse»

Eine deutsche Produktion macht's auf Französisch – und zeigt trotz einiger auffälliger Mängel solide Krimikost.

Inhalt

Hinter den Kulissen

  • Regie: Matthias Tiefenbacher
  • Buch: Martin Ess & Gernot Gricksch
  • Musik: Biber Gullatz & Andreas Schäfer
  • Kamera: Klaus Merkel
  • Produktion: Filmpool/ARD Degeto
Ein seltsamer Mord beunruhigt die Einwohner des beschaulichen Küstendorfs Pont Aven: Pierre-Louis Pennec, der hochbetagte Inhaber des legendären Hotel Central, das einst Gauguin und andere Künstlergrößen beherbergte, wird erstochen aufgefunden. Die Ermittlungen leitet Georges Dupin, ein in die bretonische Provinz strafversetzter Kommissar aus Paris. Dupin muss als Neuling vor Ort nicht nur die Geheimnisse Pennecs und dessen verwickelter Familiengeschichte ergründen, er fühlt sich auch unter den eigenwilligen Landbewohnern der Bretagne nicht gerade heimisch.

Darsteller
Pasquale Aleardi («München 72 – Das Attentat») als Georges Dupin
Jan Georg Schütte («Stromberg – Der Film») als Kadeg
Annika Blendl («Die Jagd nach dem Bernsteinzimmer») als Nolwenn
Ludwig Blochberger («Die Manns – Ein Jahrhundertroman») als Riwal
Sibylle Canonica («Alaska Johansson») als Catherine Pennec
Michael Prelle als Loic Pennec
Gudrun Ritter («Das Haus der Krokodile») als Francine Lajoux
Walter Kreye («Mama kommt!») als André Pennec
Ulrike Tscharre («Im Angesicht des Verbrechens») als Morgane Cassel
Ernst Stötzner als Frédéric Beauvois
Andreas Windhuis als Koch

Kritik
„Menschen sind Menschen – entweder man durchschaut sie oder man durchschaut sie nicht.“ Dieser Satz fällt inmitten des Krimis rund um Kommissar Dupin. Man mag diesem Satz zustimmen. Spricht man allerdings nicht über Menschen, sondern über Filme, so sieht die Situation ein wenig anders aus: Hier ist es oftmals besser man durchschaut sie zumindest nicht von Beginn an. Im Machwerk von Filmpool und der ARD Degeto ist das jedoch nicht immer gelungen. Um unterhaltsam zu sein, reicht das zwar aus, wirklich gut aber wird die Produktion unter anderem aus diesem Grund nicht. Ein weiterer Kritikpunkt ist die Darstellung der Bretonen, die zumindest phasenweise arg pauschalisiert und klischeebehaftet erscheint.

Betrachtet man dann die Story, mutet die nicht besonders kreativ an: Ein Ermittler wird strafversetzt und landet irgendwo auf dem Land – wo er mit kleinbürgerlichen und engstirnigen Anwohnern so seine Probleme hat. Wie aus dem Nichts geschieht schließlich ein Mord, der das Dorf aus dem Tiefschlaf reißt. Wer nun das Schlimmste erwartet, der darf aufatmen, denn trotz Degeto-Beteiligung wird das Ganze nur halb so schwach wie zu befürchten war. Tatsächlich wartet die Produktion phasenweise mit subtilem Humor auf, gerade Jan Georg Schütte in der Rolle als Kommissar Dupins Kollege Kadeg weiß humoristisch zu überzeugen. Da sind billige Running Gags wie der ständig geblitzte Kommissar verzeihlich.

Dazu kommen Darsteller, die ihre Sache durchaus ordentlich machen. Ausgenommen werden muss allerdings Walter Kreye als André Pennec. Er wirkt kaum überzeugend und spielt den korrupten Bruder des Ermordeten künstlich und ohne Elan. Schwierig ist es auch, dass bei dem in Frankreich spielenden Film überwiegend deutsche Schauspieler aktiv sind. Für eine deutsche Produktion ist das naheliegend, trägt aber nicht dazu bei Realismus zu erzeugen. Nicht immer kauft der Zuschauer den Darstellern den Franzosen wirklich ab, den diese spielen wollen.

Problematischer ist da schon, das einige Handlungsstränge einfach nicht zu Ende erzählt werden. So bleibt die sich anbahnende Lovestory um den Kommissar ohne Zuspitzung, auch die Gründe seiner Versetzung werden nur in Ansätzen ausgeführt. Warum dies so ist, erscheint dem Zuschauer rätselhaft, als Stilmittel oder absichtsvolles offenes Erzählen ist es jedenfalls kaum zu verstehen. Bildtechnisch wechseln sich wunderschöne Landschaftsfahrten mit Aufnahmen ab, in denen Fokus und Schnitt seltsam gewählt sind und den Zuschauer merklich stören.

Lässt man die vorgenannten Probleme jedoch außen vor, muss man sagen, dass die Erzählung durchaus relevant ist. Unvermittelt wird die Kriminalgeschichte zum Kunstraub-Film. Das schafft die Produktion ohne platt zu werden oder ein Heist-Movie sein zu wollen. Viel mehr dringt sie ins Universum des Kunstdiebstahls ein und schafft es dabei dennoch anders zu sein. Die Auflösung, die das Ganze dann findet ist komplex und klug – nur warum genau der Ermittler plötzlich wusste, wo exakt das gesuchte Bild steht, lässt das Gebilde am Rande der Absurdität wandeln. Was mit den Schuldigen letztendlich passiert, bleibt offen und das ist auch gut. Damit verbunden ist nämlich zugleich ein gelungenes Statement gegen Korruption, sofern man es nicht als pauschalisiertes Herziehen über Bretonen und Polizeibeamte versteht.

Insgesamt aber bleibt die Produktion zu vorhersehbar, um wirklich herausragend zu sein. Genau diejenigen, die der Zuschauer von Beginn an im Verdacht hat, sind mit schuld an den Taten. Doch dass die Geschichte intelligent und in ihrer Vorhersehbarkeit doch irgendwie auf eine eigene Art und Weise erzählt wird, steht dem Film gut zu Gesicht. Durch ein Mehr an „einheimischen“ Darstellern hätte das Machwerk jedoch noch dazu gewinnen können, ebenso durch ein Weniger an Klischee. Da diese Aspekte das Geschehen jedoch nicht dominieren, darf man «Kommissar Dupin» gerne einschalten. Allein fischfressende Bretonen sollten das Produkt eher meiden, besonders wenn sie sich schnell angegriffen fühlen.

«Kommissar Dupin – Bretonische Verhältnisse» ist am Donnerstag, 24. April um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.
23.04.2014 11:26 Uhr  •  Frederic Servatius  •  Quelle: ARD (Inhaltsangabe) Kurz-URL: qmde.de/70268