Die Kritiker: «Father Brown – Der Hammer Gottes»

Mit «Father Brown» holt ZDFneo die britische Variante der Kriminalreihe «Pfarrer Braun» nach Deutschland.

Hinter den Kulissen

  • Serienerfinder: Rachel Flowerday und Tahsin Guner
  • Basierend auf den Kurzgeschichten von G.K. Chesterton
  • Regie; Ian Barber
  • Musik: Debbie Wiseman
  • Ausführende Produzenten: Will Trotter und John Yorke
  • Produzentin: Ceri Meyrick
  • Kamera: Stuart Biddlecombe
Inhalt
Father Brown liebt Rätsel, ist äußerst neugierig und zudem ein besonnener, herzlicher Mann, der seinem Umfeld zuhört und stets versucht ist, seiner Gemeinde ein Gefühl der Geborgenheit zu geben. Und somit ist er wie dafür geschaffen, Verbrechen aufzuklären – schließlich sind die Menschen gewillt, sich ihm zu öffnen und obendrein hat er das Kombinationsvermögen, unter zahlreichen Spuren die richtige zu finden. So auch während eines Dorffestes anlässlich der Einweihung der neuen Kirchenglocken:

Norman Bohun, der reiche, prahlerische Bruder des Pastors Wilfred, wird erschlagen aufgefunden. Die Dorfgemeinde ist sich bald darauf sicher, im Schmied Simeon Barnes den Täter identifiziert zu haben – immerhin ist sein Hammer die Mordwaffe. Dass sich Simeon kurz zuvor mit Norman geprügelt hat, erhärtet den Verdacht bloß. Jedoch ist es Simeons Frau, die schüchterne und stille Elizabeth, die sich der Polizei stellt und vehement behauptet, die Tat begannen zu haben. Father Brown wird stutzig, weshalb er sich sehr zum Widerwillen der Polizei in die Ermittlungen einmischt …

Darsteller
Mark Williams («Harry Potter und der Halbblutprinz») als Father Brown
Hugo Speer («Five Days») als Inspector Valentine
Sorcha Cusack («Coronation Street») als Mrs. McCarthy
Kasia Koleczek («2xl») als Susie Jasinski
Nancy Carroll («Silent Witness») als Lady Felicia
Adam Astill («Geständnisse einer Edelhure») als Rev. Wilfred Bohun
Bryony Afferson («House of Anubis») als Elizabeth Barnes
Barry Sloane («Revenge») als Simeon Barnes
Sam Hoare («Jane Eyre») als Norman Bohun

Kritik
Die TV-Reihe «Pfarrer Braun» endete erst kürzlich, doch für Freunde der humorvollen ARD-Krimiserie gibt es Nachschub: Denn die Kurzgeschichten des britischen Autors Gilbert Keith Chesterton dienten nicht nur als Inspiration zur 22 Episoden umfassenden Serie mit Ottfried Fischer. Schon 1954 spielte Alec Guinness den Mordfälle lösenden Pfarrer Brown in einer Kinoproduktion, in den 60ern folgten zwei Heinz-Rühmann-Filme und 1974 eine 13-teilige britische Fernsehserie. Die Motive Chestertons bieten sich also zweifelsohne dazu an, mehrmals adaptiert zu werden – dies erkannten auch die aktuellen BBC-Verantwortlichen, weshalb sie 2012 eine neue Serie auf Basis der Kriminal-Kurzgeschichten in Auftrag gaben. Diese findet dank ZDFneo nun auch den Weg ins deutsche Fernsehen – und sticht dort unter all den modernen, schnellen und teils düsteren UK-Krimis, die über die hiesigen Mattscheiben flimmern, als bewusst altmodisch und langsam hervor. Was dank der fähigen Umsetzung keineswegs einen Kritikpunkt darstellt.

Bereits die erste Szene der Premierenfolge «Father Brown – Der Hammer Gottes» führt vor, mit welchem Geschick die Dialogsequenzen geschrieben sind: Ein Mann und eine Frau sprechen nach dem Geschlechtsakt miteinander. Der Mann lobt die Frau als gute Gattin und lenkt das Thema anschließend in finsterem Tonfall auf die Bibel. Die vom Mann eingeschüchterte Frau erwidert, sie kenne sich mit den Lehren der Bibel besser aus als ihr gehässiges Gegenüber. Der Verdacht liegt nahe, dass diese Szene eine unglückliche Ehe skizziert, in der sich der Mann mittels absichtlicher Bibel-Fehlinterpretation als unübertrefflicher Patriarch zu positionieren versucht, aber auf (wenngleich ängstlichen) Widerstand stößt. Dann aber wird mit einem Satz klar: Die Beiden sind nicht miteinander verheiratet.

Diese Sequenz steht stellvertretend für die Weise, in der die Autoren und Serienschöpfer Rachel Flowerday und Tahsin Guner ihre Geschichten erzählen: Es wird eine klar umrissene Situation etabliert, ein Verdacht bezüglich eines dem Publikum verborgenen Problems geschürt und letztlich enthüllt, was sich wirklich abspielte. All dies im Laufe einer ruhig erzählten, prägnant geschriebenen und gut gespielten Dialogsequenz.

Ähnlich verläuft es mit dem gesamten Fall: In groben Pinselstrichen zeichnet Regisseur Ian Barber eine vermeintlich leicht durchschaubare Situation (ein Dorffest, auf dem es zu einer Eifersuchtstat kommt), dann bauen sich allmählich profunde Thesen auf, was sich dahinter noch verbirgt, nur um zum Schluss in Folge einer sinnigen, dennoch überraschenden Auflösung zu verdeutlichen, dass das Publikum eingangs zu eilige Schlüsse gezogen hat. Das Erzähltempo und auch die gemütlich-raffinierten Gespräche, die Father Brown mit den Verdächtigen und Zeugen führt, erinnern dabei nicht von ungefähr an die «Miss Marple»-Serie, die die BBC in den 80ern und frühen 90ern produzierte.

Selbstredend befindet sich «Father Brown» technisch gesehen auf dem neusten Stand – und bietet somit in gestochen scharfen Bildern und klaren, hellen Farben idyllische Panoramen der ländlichen Schauplätze. Das Dorfleben der 1950er ist aber nicht nur ein schöner Anblick, sondern verleiht dieser Produktion zudem eine leicht nachdenkliche wie nostalgische, ideal zur väterlichen Hauptfigur passenden Atmosphäre. Und so wird der Schwerpunkt dieser Serie behände von der nervenaufreibenden Tätersuche hin zu den Charakteren verlegt, und vor allem darauf, welche Aussagen sie über Schuld, Glauben und Vergebung treffen.

Diese Themen werden mehrfach angesprochen, was angesichts des Settings und der Hauptfigur kaum jemanden überraschen dürfte – und da die Dialoge stets mit scharfem Blick auf die thematischen Schwerpunkte der Serie geschrieben sind, ohne an Glaubwürdigkeit zu verlieren, fällt dies auch nicht negativ auf. Zudem sorgen einzelne Schmunzler für genügend Auflockerung.

Trotz dieser positiven Aspekte und Mark Williams' sympathischer, unaufdringlicher Performance in der Titelrolle ist «Father Brown – Der Hammer Gottes» auch ein Stück weit vom Gutwillen des Publikums abhängig. So begegnet der Protagonist im Laufe seiner Ermittlungen einem Homosexuellen und heißt dessen Orientierung auf warmherzige Weise gut. Bei einer Serie, die in den 50er-Jahren, noch dazu auf dem Land spielt und von einem katholischen Geistlichen handelt, ist diese Geste der Toleranz arg unglaubwürdig – und somit auch ein Zeichen dafür, dass «Father Brown» zwar starke Skripts aufweist, bei der Charakterzeichnung aber nicht in Grauzonen abdriften möchte.

Fazit: Gute, unaufdringliche Darsteller, stimmungsvolle Landschaftsbilder und eine bewusst zurückhaltende, die geistreichen Dialoge in den Vordergrund stellende Inszenierung machen «Father Brown – Der Hammer Gottes» zu einem viel versprechenden Auftakt einer gewollt altmodischen, klugen, wenngleich nicht besonders mutigen UK-Kriminalserie.

«Father Brown – Der Hammer Gottes» ist am 28. April um 20.15 Uhr bei ZDFneo zu sehen. Weitere Episoden folgen jeden Montag zur besten Sendezeit.
27.04.2014 13:00 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/70373