«WohnSchnellSchön»: Rückkehr zur Harmlosigkeit

Statt Scripted Reality zeigt RTL II wochentags um 16:05 Uhr nun eine neue Deko-Soap. Mit Innovationen hält man sich dabei arg zurück und erinnert stattdessen an Zeiten, in denen fernsehen am Nachmittag schmerzarm möglich war.

Mit «Einsatz in vier Wänden» feierte RTL beinahe elf Jahre lang mehr oder minder große Erfolge, zuletzt meist im Abendprogramm mit angenehm zurückhaltenden Episodentiteln wie «Der Bungalow des Grauens», «Der Fluch der Billig-Bude», «Das Schreckenshaus der Schrotthändlerinnen» oder sogar «Der düstere Plumpsklo-Hof». Doch was viele nicht mehr wissen: Jene Sendung mit Tine Wittler, der in ihren Endzügen kein Horror-Titel aus der Resterampe der 80er-Jahre-Trashstreifen zu übertrieben war, startete zwischen 2003 und 2006 als kleines, zurückhaltendes Format für das tägliche Morgen- bzw. Nachmittagsprogramm und kam dabei ohne Voyeurismus aus. An diese und die zahlreichen ähnlich gelagerten Deko-Formate erinnerte sich nun offenbar RTL II, das seine gefloppte Pseudo-Dokusoap «Privatdetektive im Einsatz» auf dem Sendeplatz um 16:05 Uhr durch «WohnSchnellSchön» ersetzt.

Das Konzept ist sehr unspektakulär und altbekannt: In zunächst 38 geplanten Folgen will Moderatorin Emell Gök Che finanziell schwach betuchten Familien dabei helfen, ihre renovierungsbedürftigen Wohnungen neu einzurichten. Mit einem Kamerateam, diversen Handwerkern und Einrichtungsexperten im Schlepptau inspiziert sie zunächst die Wohnung mit einem ihrer Besitzer, während die restlichen Familienmitglieder überrascht werden sollen. Steht das Auffrischungskonzept grobe, wird der alte Krempel entsorgt, um Platz für neue Möbel und Einrichtungsgegenstände zu machen, die auch wenig später künstlerisch wertvoll platziert werden. Abschließend dürfen die zum Zeitpunkt der Dreharbeiten abwesenden Bewohner eintreten und die Veränderungen ausgiebig bestaunen und loben, sodass nach einer Stunde Brutto-Sendezeit alle miteinander glücklich und zufrieden sind.

Das alles klingt nicht spannend, das alles ist nicht spannend. Die primäre Motivation der Macher ist hier ganz offenkundig nicht, innovatives und ambitioniertes Fernsehen zu schaffen, welches das Publikum in helle Aufregung versetzt, sondern schlicht und einfach eine Stunde Sendezeit bei einem Privatsender möglichst schmerzfrei zu füllen, der bislang auf diesem Programmslot eher durch schlechtes Schauspiel und gescriptete Dialoge auffällig geworden ist. Das gibt es hier ebenso wenig zu sehen wie künstliche Dramatik. Die Protagonisten werden zu keinem Zeitpunkt abfällig behandelt und auch die Tränendrüsen der Zuschauer werden nicht überstrapaziert. Wenn man an dieser Sendung also etwas wirklich lobenswertes finden möchte, dann ist es ihre für Eigenproduktionen im Nachmittagsprogramm von Privatsendern erstaunlich authentische und unaufdringliche Machart.

Ebenfalls positiv hervorzuheben ist die Hauptdarstellerin Emell, die den unaufgeregten Gesamteindruck der Produktion durch ihre sympathische Moderation ohne Hang zu groß ausgeblasenen Storys verstärkt. Wenn sie gemeinsam mit dem Vater der Familie Wolf, dessen Wohnung in der Auftaktfolge aufgefrischt wird, durch die Zimmer streift und Fragen zur Wohnsituation stellt, gelingt es ihr, tatsächlich interessiert zu wirken. Weniger gelungen ist hingegen das recht mühsam integriert wirkende Zeit-Element, da die Arbeiten der Experten ja nur drei Stunden dauern dürften, bevor Frau und Kinder zurückkehren. Hektisch durch die Wohnung rennend suggeriert sie hier den großen Zeitdruck, nutzt mehrfach Countdowns, um irgendeine Etappe für beendet zu erklären und feiert anschließend sich selbst und die Arbeitskräfte, weil das Werk - oh Wunder - doch stets soeben noch in allerletzter Sekunde verrichtet werden konnte.

Immerhin bemüht wirkt der Versuch, auch das Fernsehpublikum in das Geschehen zu involvieren, indem man nicht einfach nur andere Menschen bei der Arbeit filmt, sondern zusätzlich auch an einigen Stellen konkret erläutert, wie diese Arbeit auch für den Hobby-Heimwerker zuhause durchzuführen ist. In einem kleinen Infokasten am Bildrand wird zudem eingeblendet, welche Materialien benötigt werden. So richtig geht Emell Gök Che in ihrer Arbeit auf, als sie einen so genannten Schmuckturm errichtet, welcher es der Tochter ermöglichen soll, ihren gesamten Schmuck zu platzieren. Diese Styroporbox ist letztlich ebenso platzraubend wie nutzlos, doch sie hat den Nutzen, Zahnstocher in sie hereinzustechen, um daran schließlich Ketten und Halsbänder aufzuhängen, erläutert Gök Che stolz. Alternativ kann man sich damit allerdings auch schlicht ins Auge stechen, wenn man gerade achtlos durchs Zimmer läuft. Erstere Verwendungsmethode führt sie gleich mehrfach vor, letztere erstaunlicherweise nicht.

Wie gefiel Ihnen der Auftakt von «WohnSchnellSchön»?
War super, gerne mehr davon.
41,7%
Naja, nichts Besonderes, aber akzeptabel.
13,0%
Ganz mies, ich will meine Privatdetektive zurück.
11,3%
Ich habe es mir gar nicht angesehen.
33,9%


Unterm Strich ist «WohnSchnellSchön» Fernsehen, das nicht groß heraussticht. Es ist angenehm zu konsumieren, tritt allerdings zu keinem Zeitpunkt aus dem Korsett der 0815-Dekorations-Soap aus, um ein wirklich eigenes Profil zu errichten. Ob es allerdings derartiger Highlights bedarf, kann angesichts des noch immer erfolgreichen «Zuhause im Glück» auch durchaus in Frage gestellt werden. Und als Liebhaber der qualitativ hochwertigen Unterhaltung kann man immerhin nach dem Strohhalm greifen, dass RTL II um 16:05 Uhr nun deutlich weniger unangenehm daherkommt als zuvor mit seinen sich im televisionären Einsatz befindlichen Privatdetektiven. Letztlich werden wie so oft die Einschaltquoten darüber bestimmen, ob es mehr als die zunächst geplanten 38 Folgen geben wird. Stören dürfte es wohl kaum jemanden, sollte es dazu kommen.
28.04.2014 23:55 Uhr  •  Manuel Nunez Sanchez Kurz-URL: qmde.de/70407