Angesichts der aktuellen Drama-Positionierung von FOX wirkt «Gang Related» fast ein bisschen altmodisch. Das kann durchaus gefallen - allerdings mit vielen, vielen Abstrichen.
Hinter den Kulissen
- Produktion: Chris Morgan Productions, Skeeter Rosenbaum Productions, Imagine Television und 20th Century Fox Television
- Schöpfer: Chris Morgan
- Darsteller: Ramon Rodriguez, Terry O'Quinn, RZA, Jay Hernandez, Sung Kang, Inbar Lavi, Cliff Curtis u.v.m.
- Executive Producer: Chris Morgan, Scott Rosenbaum, Brian Grazer, Francie Calfo und Allen Hughes
FOX hat im Drama-Bereich eine bewegte Season hinter sich. Viele seiner Neustarts fischten in dramaturgisch nicht gerade alltäglichen Gewässern. Mit
«Sleepy Hollow» schaffte es eine stark erzählte Mystery-Serie on air, die am Rande gerne die Gründungsmythen der Vereinigten Staaten abklapperte. Mit «Almost Human» hatte man ein Polizei-Procedural im Portfolio, das im New York des Jahres 2048 spielte.
Das am vergangenen Donnerstagabend gestartete «Gang Related» spielt zur Abwechslung also mal im Hier und Jetzt – und entpuppte sich auch dramaturgisch als eher bodenständig, vielleicht sogar ein bisschen altmodisch. Das aber nicht im schlechtesten Sinne.
Im narrativen Zentrum steht eine Gang Task Force in Los Angeles, der Hochburg amerikanischer Bandenkriminalität. Doch aus der klaren Systematik von vor zwanzig Jahren, als sich die Bloods und die Cribs sowie deren Splittergruppen weitgehend gegenseitig bekriegten, sind deutlich komplexere Strukturen hervorgegangen, die die Polizei vor neue Herausforderungen stellen. Hispanische Gangs sind auf dem umkämpften Drogen- und Menschenhandelmarkt dazugestoßen,
“brown is the new black“.
Ein Mitarbeiter der Task Force ist Detective Ryan López – doch wo genau seine Loyalitäten liegen, ist schwer zu beurteilen und einer der thematischen Hauptaufhänger der Serie: Vor sechzehn Jahren, als er noch ein Kind war, ist er ins Blickfeld des zwielichtigen Gangsters Javier Acosta gerückt und sein Protégé geworden. Acosta hat Ryan zur Polizeiakademie geschickt; dafür schachert er Acosta heute Informationen aus den Behörden zu, und manipuliert sich durch so manch brenzlige Situation, um den Familienclan aus den Ermittlungen rauszuhalten. Was Ryan Hoffnung gibt: Javier will sich legalisieren, sich und seine Familie aus dem Mafia-Sumpf bringen. Einer seiner beiden Söhne unternimmt bereits erste Schritte in diese Richtung. Doch sein anderer Sohn hält von dem Plan wenig und macht zunehmend Probleme.
Dass mit Chris Morgan (Autor einiger Filme aus dem «The Fast and the Furious»-Franchise) ein Serienschöpfer aus dem Action-Bereich das Format aus der Taufe gehoben hat, merkt man «Gang Related» mit seinen vielen Verfolgungsjagdsequenzen durchaus an. Trotz der oft einfallslosen Dialogführung und der starken Action-Färbung gelingt es ihm aber durchaus, ein respektables Maß an thematischer Vielschichtigkeit in das dramaturgische Konstrukt zu verweben. Fragestellungen der Art, wie weit die Polizei gehen darf, um Massenmörder dingfest zu machen, werden durchaus ernsthaft thematisiert, bei der Darstellung des West-Coast-Gang-Lebens bemüht man sich sichtlich um Facettenreichtum – auch wenn,
wie Brian Lowry bei der „Variety“ ausführte, die Diversifizierung zwischen Gut und Böse ethnisch unangenehm homogen ausfällt. Der Pilot kennt nur eine positiv besetzte afroamerikanische Figur, die hispanischen Charaktere sind großteils Bandenmitglieder oder stehen – im Falle der Hauptfigur – der kriminellen Unterwelt zumindest nahe. Potential zu einer vielschichtigeren Betrachtungsweise ist im Piloten zwar auszumachen; wie weit sich ein Polizei-Procedural bei FOX dessen aber annehmen wird, ist fraglich.
Zumindest auf der Handlungsebene kann «Gang Related», vielleicht aufgrund eines (angesichts der heutigen Ausrichtung von FOX) altmodischen Charmes, einer narrativen Einfachheit, die aber nie zur thematischen Banalität degeneriert, schon gefallen. Ramón Rodriguez in der Hauptrolle und Terry O'Quinn als Leiter der Gang Task Force sowieso.