Regelmäßig mehr als 20 Millionen Zuschauer, Marktanteile über 80 Prozent: Das schafft nur die deutsche Nationalmannschaft. Am Tag des zweiten Vorrundenspiels blickt Quotenmeter.de zurück auf die größten Erfolge der Vergangenheit.
Am Samstagabend (21. Juni) muss die deutsche Nationalmannschaft die Berechtigung ihrer Titelambitionen abermals unter Beweis stellen. Spätestens seit dem famosen 4:0 über Portugal am Montag sind die Erwartungen an Jogis Jungs riesig, doch auch die Niederländer strauchelten kürzlich gegen die vermeintlichen Underdogs aus Australien bedenklich, nachdem sie zuvor noch den gescheiterten Weltmeister Spanien mit 5:1 aus dem Stadion schossen. Ein Sieger des um 21 Uhr startenden Spiels gegen Ghana steht allerdings bereits jetzt fest: Das Erste Deutsche Fernsehen, das bereits am Montag weit über 26 Millionen Zuschauer bei Deutschlands WM-Auftakt verbuchte (
Quotenmeter.de berichtete), überträgt auch das zweite Gruppenspiel. Und die jüngere WM-Geschichte zeigt: Eine Reichweite von mehr als 20 Millionen kann man bereits fest einplanen. Quotenmeter.de blickt zurück auf die größten Erfolge der jüngeren Vergangenheit.
Immer wieder erreichen uns Anfragen von Lesern, die wissen möchten, welche Sendung in der Fernsehgeschichte die höchsten Quoten aller Zeiten verbuchte. Da allerdings erst ab dem Jahr 1992 gesicherte Daten vorliegen und selbst diese bis zum Jahr 2004 nur noch fragmentarisch zu finden sind, ist dies nicht ganz leicht zu beantworten.
Unser Kollege Christian Richter nannte einmal unter Berufung auf Media Control das unmittelbar nach dem EM-Finale 1996 zwischen Deutschland und Tschechien ausgestrahlte «ZDF EM-Studio» als meistgesehene Ausstrahlung, sie wurde von 32,73 Millionen Menschen gesehen - wies allerdings auch nur eine Sendedauer von sechs Minuten auf. Zuvor sei das WM-Finale gegen Argentinien mit 28,66 Millionen an der Spitze des Zuschauerrankings gewesen, das WM-Endspiel gegen Brasilien 2002 wurde mit 88,2 Prozent bei 26,54 Millionen Fernsehenden am Sonntagmittag zeitweise als Ausstrahlung mit dem höchsten Marktanteil bezeichnet. All diese Informationen sind jedoch mit einer gewissen Vorsicht zu genießen, da der Redakteur dieses Artikels bei seiner Recherche hier auf einige widersprüchliche Informationen stieß.
Die EM 2004 in Portugal:
Höchste Reichweiten (seit 2004)
- WM 10, HF vs. Spanien: 31,10 Mio. (13,97 Mio.)
- WM 06, HF vs. Italien: 29,66 Mio. (12,31 Mio.)
- EM 08, HF vs. Türkei: 29,54 Mio. (12,93 Mio.)
- WM 10, VR vs. Ghana: 29,19 Mio. (13,24 Mio.)
- EM 08, VR vs. Österr.: 28,04 Mio. (12,39 Mio.)
Durchschnittliche Reichweiten beim Gesamtpublikum und den 14- bis 49-Jährigen.
Aufgrund der fragilen Datenlage beginnen wir mit der ausführlichen Quotenanalyse bei der Europameisterschaft 2004, die für Deutschland bereits nach der Gruppenphase endete. Überraschend erzielte ausgerechnet der Turnier-Auftakt gegen die Niederländer mit nur 67,9 Prozent bei 23,54 Millionen Zuschauern den geringsten Marktanteil, während das lausige 0:0 gegen Lettland mit 73,2 Prozent den höchsten generierte. Da diese Partie allerdings bereits um 18 Uhr statt 20:45 Uhr ausgestrahlt wurde, lag die Reichweite mit 19,63 Millionen knapp unterhalb der 20-Millionenmarke. Es sollte bis heute das letzte Spiel mit deutscher Beteiligung bei einem großen Turnier gewesen sein, dass jene Marke nicht zu knacken vermochte. Das WM-Aus wurde schließlich gegen Tschechien besiegelt, die peinliche 1:2-Schlappe kam auf 24,05 Millionen enttäuschte Fans und 69,3 Prozent Marktanteil.
Die WM 2006 in Deutschland:
Die heimische Weltmeisterschaft versöhnte die deutschen Fans wieder mit ihrer Mannschaft, die unter der Regie von Jürgen Klinsmann und Joachim Löw deutlich spritziger und hungriger daher kam als zuletzt unter Rudi Völler. Das Sommermärchen begann mit dem 4:2 gegen Costa Rica (Ausstrahlungszeit: 18 Uhr), welches auf 20,06 Millionen Zuschauer und 75,7 Prozent Marktanteil gelangte. Das knappe 1:0 gegen Polen (21 Uhr) verfolgten 23,88 Millionen, der Marktanteil lag jedoch aufgrund der attraktiven Sendezeit nur bei 72,5 Prozent. Und obgleich bereits hier das Weiterkommen gesichert war, steigerte sich das letzte Gruppenspiel gegen Ecuador (3:0) auf einen fantastischen Marktanteil von 82,1 Prozent, die Reichweite lag ab 16 Uhr bei 21,30 Millionen. Stets erfolgreicher waren die Live-Übertragungen von ARD und ZDF bei den 14- bis 49-Jährigen, wo 73,0 bis 83,2 Prozent auf dem Papier standen. Für zweistellige Zuschauerzahlen reichte es allerdings noch nicht.
Eine solche wurde erstmals im Viertelfinale beim dramatischen Sieg gegen Argentinien im Elfmeterschießen erreicht, wo 10,09 Millionen junge Menschen für einen Rekord-Marktanteil von 87,9 Prozent sorgten. Es sollte vier Jahre dauern, bis selbst dieser Rekord wieder fiel. Insgesamt sahen 24,74 Millionen ab 17 Uhr zu, hier wurden ebenfalls grandiose 86,1 Prozent erzielt. Allerdings lief das vergleichsweise unspektakuläre 2:0 im Achtelfinale gegen Schweden mit 86,3 Prozent bei 22,34 Millionen noch etwas besser. Die bittere 0:2-Niederlage nach Verlängerung gegen Italien (Halbfinale, 21 Uhr) sahen schließlich 29,66 Millionen Menschen, auch hier sollte es lange dauern, bis dieser Wert wieder überboten wurde. Die Marktanteile fielen allerdings auf 84,1 und 84,5 Prozent zurück. Vergleichsweise schwach lief dann das Spiel um Platz drei gegen Portugal (3:1, 21 Uhr), das 76,1 und 77,2 Prozent bei 23,97 Millionen erreichte.
Die EM 2008 in Österreich und der Schweiz:
Keinen allzu attraktiven Offensivfußball lieferte das inzwischen nur noch von Jogi Löw trainierte Team in der EM-Vorrunde 2008 ab, was sich bei den TV-Quoten allerdings nur in Maßen abbildete. Auf vergleichsweise schwache Marktanteile kam das 2:0 gegen Polen am ersten Spieltag mit 69,6 und 71,9 Prozent bei 23,66 Millionen Fernsehenden, ab 20:45 Uhr sahen 23,66 Millionen Menschen zu. Das einzige Spiel mit deutscher Beteiligung, das schon um 18 Uhr statt 20:45 Uhr ausgetragen wurde (gegen Kroatien, 1:2), erreichte mit 22,78 Millionen die schwächste Reichweite, während sich die Marktanteile sehen lassen konnten: Tolle 76,3 Prozent aller und 80,1 Prozent waren möglich. Auf ähnliche Werte kam dann auch der knappe 1:0-Erfolg gegen Gastgeber Österreich, zur Primetime war allerdings die Reichweite wenig überraschend mit 28,04 Millionen weitaus höher.
Das taktisch nicht immer hochwertige, aber sehr attraktive 3:2 im Viertelfinal-Spiel gegen Portugal kam mit 78,7 und 81,7 Prozent bei 27,70 Millionen auf die bis dato höchsten Marktanteile des Turniers, wurde allerdings vom Halbfinale gegen die Türkei (ebenfalls 3:2) noch überboten: Mit 81,8 und 85,2 Prozent standen hier die Top-Werte des Turniers zu Buche, auch die Sehbeteiligung war mit 29,54 Millionen nicht mehr anfechtbar. Erstaunlich unspektakulär verlief letztlich Deutschlands bis heute letztes Finalspiel bei einem großen Turnier gegen Spanien mit nur noch 25,96 Millionen Fußball-Freunden und 79,8 respektive 82,0 Prozent. Mit 0:1 war allerdings das sportliche Resultat weitaus ernüchternder.
Auf der zweiten Seite erfahren Sie, welches Turnier im Fernsehen am besten abschnitt und ob die mitreißende KO-Phase tatsächlich für höhere Einschaltquoten sorgt als die Vorrunde. Und selbstredend blicken wir auch noch auf die Turniere 2010 und 2014 zurück.
Die WM 2010 in Südafrika:
Das Selbstbewusstsein bei Staatsbürgern und Mannschaft war nach zwei erfolgreichen Turnieren und aufgrund einer beispiellosen Zahl an jungen Talenten groß, die Sehnsucht nach einem großen internationalen Titel nach 14 Jahren wuchs - und das Auftaktspiel gegen Australien (4:0, 20:30 Uhr) gab allen Anlass zur Hoffnung. Daheim schauten im Schnitt 27,91 Millionen Menschen zu, mit 74,4 Prozent war die Live-Übertragung beim Gesamtpublikum deutlich weniger erfolgreich als bei den Jüngeren, wo 79,9 Prozent möglich waren. Die 0:1-Niederlage gegen Serbien sahen um 13:30 Uhr bereits über 22 Millionen, was aufgrund der miesen Sendezeit für tolle 84,8 und 87,2 Prozent reichte. Gegen Ghana sahen dann am Abend 29,19 Millionen zu, rund 80 Prozent in beiden wichtigen Altersgruppen verfolgten den mühsamen 1:0-Erfolg.
Zu Beginn der KO-Phase rief das Nationalteam zum gepflegten Scheibenschießen gegen England (Achtelfinale, 4:1) und Argentinien (Viertelfinale, 4:0) auf, was sich die Nation natürlich nicht entgehen lassen wollte: Jeweils um 16 Uhr sahen beide Spiele knapp 26 Millionen, mit 87,2 und 89,2 Prozent erzielte man neue Rekordwerte, die Partie gegen die Südamerikaner überbot mit 90,4 Prozent bei 10,78 Millionen jungen Zuschauern sogar erstmals überhaupt in der Geschichte der Quotenmessung - sofern uns die Daten vorliegen - die Marke von 90 Prozent. Und einen weiteren Rekord markierte dann das wieder einmal enttäuschende Spiel gegen die letztlich siegreichen Spanier: Um 20:30 Uhr sahen 31,10 Millionen die 0:1-Niederlage, nie zuvor schaffte es ein komplettes Spiel im Durchschnitt auf mehr als 30 Millionen Fernsehende. Auch bei den 14- bis 49-Jährigen wurden unschlagbare 13,97 Millionen erreicht. Die Marktanteile waren mit 83,2 bzw. 86,1 Prozent zwar ebenfalls grandios, allerdings nicht unerreichbar. Mit dem sportlich letztlich eher bedeutungslosen 3:2-Triumph über Uruguay im Spiel um den Bronzerang kamen wenige Tage später zur selben Ausstrahlungszeit immerhin noch 77,3 und 78,4 Prozent bei 23,62 Millionen zustande.
Die EM 2012 in Polen und der Ukraine:
Wieder war Deutschland Mitfavorit, wieder scheiterte man kurz vorm Ziel, wieder biss sich die Elf an Italien oder Spanien (in diesem Fall erstere Nation im Halbfinale) die Zähne aus. Nach dem Rekord-Turnier in Südafrika fielen die Zuschauerzahlen auch vergleichsweise unspektakulär aus, vier der fünf deutschen Partien kamen auf 26,80 bis 27,98 Millionen Fernsehende und Marktanteile zwischen 74,2 und 77,8 Prozent. Damit war man weit von enttäuschenden Werten entfernt, aber eben auch von neuen Rekorden. Etwas mehr Begeisterung war erneut bei den jungen Menschen auszumachen, wo die letzten vier Partien stets um die 80 Prozent bei bis zu 12,62 Millionen Zuschauern verbuchten. Wirklich enttäuschend lief einzig das Eröffnungsspiel gegen Portugal, das - wie auch alle anderen Spiele mit deutscher Beteiligung - um 20:45 Uhr gezeigt wurde und nicht über eine Reichweite von 22,33 Millionen hinaus kam. Mit 69,3 Prozent wurde der schwächste Turnier-Wert seit 2004 verbucht, bei den Jüngeren lief es mit 74,2 Prozent bei 9,30 Millionen immerhin etwas besser.
Durchschnittliche Quoten der EM- und WM-Turniere (seit 2004):
EM 2004, drei Spiele: 22,44 Millionen (70,1 Prozent / 73,4 Prozent)
WM 2006, sieben Spiele: 23,71 Millionen (80,4 Prozent / 81,7 Prozent)
EM 2008, sechs Spiele: 26,28 Millionen (77,2 Prozent / 80,0 Prozent)
WM 2010, sieben Spiele: 26,48 Millionen (82,3 Prozent / 85,2 Prozent)
EM 2012, fünf Spiele: 26,40 Millionen (74,6 Prozent / 79,3 Prozent)
Höchste Marktanteile (seit 2004)
- WM 10, VF vs. Argent.: 89,2% (90,4%)
- WM 10, AF vs. England: 87,2% (88,5%)
- WM 06, AF vs. Schweden: 86,3% (86,5%)
- WM 06, VF vs. Argent.: 86,1% (87,9%)
- WM 10, VR vs. Serbien: 84,8% (87,2%)
Durchschnittliche Marktanteile beim Gesamtpublikum und den 14- bis 49-Jährigen.
Aufgeführt sind die durchschnittlichen Gesamt-Reichweiten sowie die Marktanteile beim Gesamtpublikum und den 14- bis 49-Jährigen bei jedem Turnier. Eine pauschale Aussage darüber, welches der Turniere nun das für die ausstrahlenden Sender ARD und ZDF erfolgreichste war, fällt angesichts der divergierenden Anstoßzeiten schwer. Die Reichweite ist am Abend meist etwas höher, wovon insbesondere die EMs 2008 und 2012 profitierten, auf der anderen Seite sind die Marktanteile bei den WMs 2006 und 2010 nicht zuletzt deshalb so hoch, weil viele Partien bereits am Mittag oder Nachmittag ausgestrahlt wurden. Zwei Ausreißer lassen sich dennoch ausmachen: Die Weltmeisterschaft 2010 kommt sowohl auf die höchste durchschnittliche Reichweite als auch auf die höchsten Marktanteile aller gemessenen Turniere, weshalb man hier durchaus von einem herausragenden Erfolg sprechen kann. Die EM 2004 wiederum liegt in allen Bereichen auf dem letzten Platz und ist deshalb das enttäuschendste Turnier der jüngeren Vergangenheit - was angesichts des miesen Abschneidens Deutschlands allerdings auch nicht überrascht.
Durchschnittliche Quoten von Vorrunde und KO-Phase (ab 2006):
WM 2006, Vorrunde: 21,75 Millionen (76,8 Prozent / 78,7 Prozent)
WM 2006, KO-Phase: 25,18 Millionen (83,2 Prozent / 84,0 Prozent)
EM 2008, Vorrunde: 24,83 Millionen (74,3 Prozent / 76,9 Prozent)
EM 2008, KO-Phase: 27,73 Millionen (80,1 Prozent / 83,0 Prozent)
WM 2010, Vorrunde: 26,37 Millionen (79,6 Prozent / 83,6 Prozent)
WM 2010, KO-Phase: 26,56 Millionen (84,2 Prozent / 85,9 Prozent)
EM 2012, Vorrunde: 25,73 Millionen (72,8 Prozent / 77,9 Prozent)
EM 2012, KO-Phase: 27,39 Millionen (77,3 Prozent / 81,5 Prozent)
Beim Vergleich der Vorrundenspiele mit jenen der KO-Runde kommt man zu einem eindeutigen Quotenbild: So toll die Vorrundenpartien auch bereits laufen mögen, die wahren Sensationswerte werden in aller Regel erst ab dem Achtelfinale erreicht. Bei jedem Turnier stiegen die Zahlen ab der Runde der besten 16 Mannschaften (bzw. bei EMs der besten acht, da es kein Achtelfinale gibt) noch einmal deutlich an. Diesen Eindruck untermauert dann letztlich auch der Gesamt-Schnitt aus Vorrunde und KO-Phase:
Vorrunde (alle Turniere seit 2006): 24,67 Millionen (75,9 Prozent / 79,3 Prozent)
KO-Phase (alle Turniere seit 2006): 26,53 Millionen (81,7 Prozent / 83,8 Prozent)
ARD und ZDF werden also gewiss auf ein bestmögliches Abschneiden der deutschen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Brasilien hoffen. Denn zum einen ist jedes deutsche Spiel ungleich zugkräftiger als sämtliche Partien ohne deutsche Beteiligung und zum anderen steigen die Werte nach der Vorrunde noch einmal deutlich. Eine Ausnahme gibt es hier allerdings: Die Spiele um Platz drei lagen 2006 und 2010 deutlich unter dem Niveau der restlichen KO-Begegnungen und darüber hinaus zum Teil auch noch unterhalb derer der Vorrunde. Mit Marktanteilen zwischen 75 und 80 Prozent bei fast 24 Millionen Zuschauern ist dies aber nun wahrlich Jammern auf allerhöchstem Niveau. Ob neue Quoten-Rekorde bei dieser Weltmeisterschaft erreicht werden, hängt also nicht zuletzt auch von der Nationalmannschaft selbst ab - und die kann bereits am Samstagabend gegen Ghana den nächsten Schritt zum Titel machen.