Die Kostenhürde bei WebTV

Vor Jahren wurde noch der Abgesang auf das Fernsehen gesungen. Mittlerweile sind fast alle Beteiligten in der Realität angekommen.

Für WebTV braucht es keine großen Investitionen. Mit ein paar tausend Euro hat man die nötige Technik beisammen und kann loslegen. HD-Kameras gibt es wie Sand am Meer, das Publikum ist an mittlemäßigen Ton gewöhnt und Videoschnitt beherrschen mittlerweile selbst Jugendliche. Mit ein wenig Erfahrung kann man sich so ein Format schustern. Dabei rede ich nicht von vergleichbaren Ergebnissen, doch ist die reine Erstellung eines WebTV-Angebots wirklich kein Husarenstück mehr.

Das eigentliche Problem tritt bei WebTV erst nach der ersten Ausgabe auf. Wie kann man spannenden Inhalt ohne große Redaktion produzieren? Wie finanziert man Reisekosten und größere Außendrehs? Wer hat Geld für einen zusätzlichen Tonmann? Zweite Kamera für einen schönen Schnitt? Wer übernimmt die Rolle des Redakteurs und wo sollen alle diese Menschen kostenlos schlafen? WebTV kann sich heute immer noch nicht wirklich selbst finanzieren. Es gibt tausende Angebote und selten wird der Zuschauer zur Kasse gebeten. Es gibt auch keinen finanzstarken Sender im Hintergrund.

Somit zahlt nach der Veröffentlichung kein Mensch für den Inhalt. Man kann einen viralen Hit mit einem Video landen, doch selbst eine Million Abrufe können bestenfalls einen Kurzurlaub in Ägypten bezahlen. Miete für ein Studio? Gehälter für Mitarbeiter? Hier müsste man schon Abonnenten gewinnen und selbst der Axel Springer Konzern tut sich hier mit einem BILDPlus-Angebot sichtbar schwer. Jeden Inhalt gibt es irgendwo auch kostenlos im Netz. Warum sollte ein Zuschauer hier seine Geldbörse öffnen?

Die Werbung vor einem Clip ist hier auch nicht hilfreich. Es sind lausige Cents und keine echten Werbeeinnahmen. Nur bei massiven Abrufen kann ein Format mit einfachen Inhalten hier einen Gewinn erwirtschaften. WebTV ist daher eher für Verlage und Firmen spannend. Man kann ein Event selbst mit Video abdecken. Man kann Leser mit Videos einen zusätzlichen Anreiz schaffen. Selten zuvor haben so viele Firmen eigenes Videomaterial veröffentlicht. Hier tritt die Marke als Sender auf und kann sich über WebTV besser darstellen. Verlage und Medienunternehmen wachsen zu kleinen Sendern im Netz heran.

Ist WebTV damit am Ende? Der Urgedanke trägt sich auch heute nicht und ist keine Konkurrenz zum klassischen Fernsehen. Vielmehr ist WebTV ein DemoReel von Moderatoren und ein Werkzeug für Agenturen. Hier ist die Refinanzierung schon vor einem Dreh gewährleistet. Die Zukunft für WebTV könnte vielleicht in der Produktion einer Serie liegen. Junge Leute und Drehbuchschreiber erdenken eine neue Serie und filmen sie mit günstigen Mitteln. Hier müssten die Episoden über iTunes, amazon und Co. an den Mann gebracht werden. Prinzipiell könnte man heute mit den Möglichkeiten von WebTV eine einfache Cop-Serie drehen. Einen lustigen Tatort auf 45 Minuten alle zwei Wochen. Mit einem kleinen Team, fünf Schauspielern und einem hippen Drehbuch könnte man hier am Fernsehen vorbei eine eigene Marke aufbauen.

Wahrscheinlich sind wir sogar schon kurz davor solche Projekte zu erleben. Mit einer Serie lässt sich immer Geld verdienen. Da kann WebTV sogar hilfreich sein.




29.06.2014 11:00 Uhr  •  Rob Vegas Kurz-URL: qmde.de/71543