Popcorn und Rollenwechsel: Von der Serie zum Film
Auf der Leinwand stehen Serien alle Möglichkeiten offen: Sie können persifliert, neu erzählt oder fortgeführt werden.
Am 31. Juli ist es so weit: Die US-Erfolgskomödie «22 Jump Street» kommt endlich nach Deutschland. Allein in Nordamerika generierte die Undercovercop-Farce mit Jonah Hill und Channing Tatum über 177 Millionen Dollar und schlug somit locker den 2012 in die Kinos entlassenen Vorläufer «21 Jump Street». Somit wurde der von den «The LEGO Movie»-Regisseuren Chris Miller und Phil Lord inszenierte Streifen auf US-Boden zur einträglichsten Kinokomödie, die auf einer Fernsehserie basiert.
Obendrein darf sich «22 Jump Street» guten Gewissens als neuer Kronprinz des Subgenres „respektvoll-persiflierende Adaption einer TV-Vorlage“ feiern. Eine beachtliche Leistung. Denn Kinofilme, die ihre zugrundeliegende Fernsehserie nicht aufs Podest stellen, sondern auch einige Seitenhiebe austeilen, haben es logischerweise schwer, bei den Fans des Originals zu zünden. «22 Jump Street» jedoch ist so konsequent irrwitzig und eine so herzlich-freche Parodie der Hollywood-Industrie, dass es schwer fällt, dieser Komödie irgendetwas übel zu nehmen. In besagtem Sektor an Leinwandadaptionen von Fernsehserien überzeugte sonst noch «Starsky & Hutch» mit Owen Wilson und Ben Stiller (inszeniert von «Hangover»-Regisseur Todd Phillips), während die meisten anderen Projekte dieser Gattung (etwa «Mit Schirm, Charme und Melone» und «Ein Duke kommt selten allein») schiere Katastrophen darstellen.
Während solche parodistischen Hommagen entweder Spaß machen oder dazu einladen, sich über sie lustig zu machen, sind filmische Weitererzählungen von Serien auf der Qualitätsskala breiter gestreut. Genial wie «Stromberg – Der Film», nur an Fans gerichtet wie «Veronica Mars», so mittelmäßig, dass es schwer wird, über die zu diskutieren (der zwei Staffeln überbrückende, erste «Akte X»-Film) oder schlichtweg mies (der zweite «Akte X»-Film). Immerhin: Aus dieser Form der „Serienfilme“ erwuchs mit den «Star Trek»-Kinofilmen ein langlebiges Leinwandfranchise. Aller Voraussicht nach wird sich so etwas aber in einer ähnlichen Größenordnung nicht mehr wiederholen lassen – abseits von «Mission: Impossible», selbstredend. Oder rechnet irgendwer damit, das noch drei, vier «Akte X»-Filme zustande kommen?
Wirklich aufregend wird es aber, zu schauen, was in den kommenden Jahren (und Jahrzehnten) aus der Idee wird, Fernsehserien in gestraffter Form als Kinofilm neu zu erzählen. Was bei «Auf der Flucht» noch hervorragend funktionierte, dürfte bei vielen modernen Serien fast zur Unmöglichkeit werden. Ob Dr. Richard Kimble nun 130 Filmminuten lang vor der Justiz flieht, um den Mann zu finden, der die Tat begann für die er angeklagt wird, oder ob sich seine Flucht über 120 Serienfolgen erstreckt, das ist eher irrelevant. Hauptsache spannend! Und auch «Am Rande der Finsternis» ließ sich ziemlich glatt zu «Auftrag Rache» kondensieren.
Aber wer würde sich jemals einen zweistündigen Film anschauen wollen, der Walter Whites komplexe und diverse Haken schlagende Charakterentwicklung aus «Breaking Bad» durchhechelt? Und wie spannend wäre «Lost» mit all seinen Genrewechseln, Geheimnissen und Charakterstudien, käme jemand auf die Idee, daraus einen Neunzigminüter fürs Kino zu machen. Dann wäre das Ganze wahrscheinlich nur noch ein „Robinson Crusoe mit Rauchmonster“. Dann lieber eine Komödie im «22 Jump Street»-Stil, die «Alias» verehrt und dennoch verballhornt. Ob es je dazu kommen wird? Wohl kaum. Doch wenn das Projekt je bei Kickstarter auftauchen sollte, ich würde es unterstützen.