Erneut lassen die öffentlich-rechtlichen Programmstationen ihren privaten Mitbewerbern keine Chance. Vor allem RTL und Sat.1 kommen nicht in Schwung. ProSieben verkürzt seinen Abstand auf RTL weiter.
Auch im Juli wurde das Quoten-Ranking einmal mehr von der Fußball-Weltmeisterschaft dominiert: Die 25 reichweitenstärksten Ausstrahlungen fanden allesamt im Rahmen der umfangreichen WM-Berichterstattung statt, herausragend war hierbei natürlich die Live-Übertragung des Endspiels zwischen Deutschland und Argentinien mit unglaublichen 34,65 Millionen Zuschauern - nie zuvor wurde eine derart hohe Reichweite verbucht. Somit hielt der neue Allzeit-Rekord beim Spiel der deutschen Nationalelf gegen Brasilien mit 32,57 Millionen gerade einmal fünf Tage. Die Marktanteile bei Gesamtpublikum und jungen Zuschauern zwischen 14 und 49 Jahren lagen an den beiden Abenden bei schwindelerregend hohen 86,3 bis 90,1 Prozent. Auch die Filmsensation des Monats gelang einem öffentlich-rechtlichen Sender: Das Erste verbuchte mit der Free-TV-Premiere von «Ziemlich beste Freunde» über 27 Prozent Marktanteil in beiden wichtigen Zuschauergruppen bei einer Reichweite von 8,24 Millionen.
Große Quoten-Tristesse herrschte hingegen im Abendprogramm der Privatsender, im gesamten Monat kamen gerade einmal drei Ausstrahlungen auf mehr als drei Millionen Zuschauer. Dabei lief der dritte Juli-Sonntag besonders gut, denn mit «Die Reise zur geheimnisvollen Insel» (RTL) und «Prometheus - Dunkle Zeichen» (ProSieben) kamen gleich zwei Filme auf starke Werte: Erstgenannter Streifen generierte 3,68 Millionen Zuschauer und 12,0 Prozent Marktanteil, letzterer wurde nur von 3,38 Millionen gesehen, verzeichnete aufgrund der längeren Laufzeit aber minimal bessere 12,1 Prozent. In der werberelevanten Zielgruppe standen sehr gute 18,3 Prozent bzw. fantastische 20,6 Prozent auf dem Papier. Zwei Wochen zuvor schaffte es «Cowboys & Aliens» bei ProSieben ebenfalls auf tolle 11,3 und 18,8 Prozent bei 3,22 Millionen. Die höchsten Zuschauerzahlen im werbefinanzierten Fernsehen verbuchte RTL allerdings am Sonntagmittag: Die drei Formel-1-Rennen aus Großbritannien, Deutschland und Ungarn erreichten jeweils ab 14 Uhr zwischen 4,18 und 4,99 Millionen Menschen.
Alle Zuschauer (Juli 2014)
ALLE ZUSCHAUER (JULI)
15,0
17,4
14,8
17,7
9,0
8,4
3,6
3,4
4,8
4,5
7,7
7,2
5,2
4,6
3,6
3,4
Marktanteile in % | Juli 2014 gegenüber Juni 2014
Wie bereits im Vormonat dominierten die beiden größten öffentlich-rechtlichen Sender das Geschehen nach Belieben, wenngleich sie sich aufgrund des geringeren Umfangs der WM-Berichterstattung nicht mehr ganz auf dem sensationellen Niveau des Junis halten konnten. Mit 15,0 Prozent lag Das Erste knapp vor den Kollegen vom ZDF, die auf 14,8 Prozent kamen. Damit mussten die Mainzer erstmals seit gut einem Jahr die Marktführung abtreten, im Juni 2013 lagen sie letztmals nicht an der Spitze des Senderrankings. Zufrieden dürften die Programmverantwortlichen dennoch sein, zumal der Hauptkonkurrent RTL erneut keinen Stich machte: Nach den historisch schlechten 8,4 Prozent gab es nur einen kleinen Quotensprung auf 9,0 Prozent, von der lange Zeit selbstverständlichen Zweistelligkeit waren die Kölner also erneut ein gutes Stück entfernt.
Überhaupt machten die Privatsender erneut keine allzu gute Figur, was nicht zuletzt auch für das zweite große Sorgenkind der vergangenen Jahre neben RTL galt: Sat.1 hatte nach den katastrophalen 7,2 Prozent im Juni kaum ein Mittel parat, um schnell wieder auf die Beine zu kommen. Mit 7,7 Prozent steigerte sich der Bällchensender zwar leicht, ist allerdings nach wie vor meilenweit vom eigentlichen Fernziel der Zweistelligkeit entfernt. Auch VOX tat sich mit 4,8 statt 4,5 Prozent erneut schwer, während ProSieben nach der WM wieder recht fix auf die Beine kam: Mit 5,2 Prozent liegen die Münchener zwar noch immer unterhalb des Senderschnitts des vergangenen TV-Jahrs (5,7 Prozent), doch sie verbesserten sich nun immerhin deutlich gegenüber dem miesen Juni-Wert von gerade einmal 4,6 Prozent. Noch etwas Sand im Getriebe ist auch bei RTL II und kabel eins, die auf jeweils 3,6 Prozent gelangten. Interessant wird allerdings vor allem der August, in dem die Privaten nicht mehr auf die übermächtige Fußball-Konkurrenz verweisen können und unter Beweis stellen müssen, dass sie für die im September startende neue TV-Saison gut gerüstet sind.
14-bis 49-Jährige (Juli 2014)
14- BIS 49-JÄHRIGE (JULI)
10,8
14,1
9,6
13,4
11,5
10,6
6,1
5,6
6,2
5,7
8,2
7,8
10,5
8,9
5,3
4,8
Marktanteile in % | Juli 2014 gegenüber Juni 2014
Da dürfte den Programmverantwortlichen von RTL aber ein großer Stein vom Herzen gefallen sein: Noch vier Tage vor Monatsende lag der Privatsender hinter dem Ersten Deutschen Fernsehen, die Rückeroberung der Vorherrschaft beim werberelevanten Publikum war mehr als fraglich. Unterm Strich schafften es die Kölner dann auf immerhin 11,5 Prozent, während sich Das Erste mit 10,8 Prozent zufrieden geben musste. Der deutlich stärkeren zweiten Monatshälfte sei Dank, schaffte RTL also doch noch einen recht souveränen Sieg, nachdem man im Juni erstmals seit 22 Jahren die Vorherrschaft verlor. Der Bronzerang ging an ProSieben, das sich gut rehabilitierte und mit 10,5 statt 8,9 Prozent die höchste Steigerung gegenüber dem Juni vorzuweisen hat. Mit gerade einmal rund einem Prozentpunkt Rückstand auf den größten privaten Kontrahenten können die Programmverantwortlichen sehr zufrieden sein, im vergangenen TV-Jahr lagen 2,8 Prozentpunkte zwischen RTL und ProSieben.
Knapp an der Zweistelligkeit gescheitert ist das Zweite Deutsche Fernsehen mit 9,6 Prozent, nachdem im Vormonat noch herausragende 13,4 Prozent möglich waren. Für diesen Verlust ist selbstredend vornehmlich der geringere Umfang der WM-Berichterstattung verantwortlich, ab August wird man voraussichtlich wieder mit Werten um etwa sechs Prozent Vorlieb nehmen müssen. Sat.1 tat sich noch recht schwer, sein Publikum wiederzufinden, mit 8,2 statt 7,8 Prozent fällt die Verbesserung gegenüber dem Vormonat so gering aus wie bei keinem anderen großen Privatsender. VOX steigerte sich von 5,7 auf 6,2 Prozent und liegt somit aktuell auf Augenhöhe mit RTL II, das sich von 5,6 auf 6,1 Prozent verbesserte. Angesichts der höheren Erwartungen dürfte die Chefetage von VOX diese Zahlen weitaus nervöser aufnehmen, schließlich lag der Sender zuletzt bei gut sieben Prozent im Durchschnitt, während RTL II nur auf rund sechseinhalb Prozent gelangte. Schlusslicht bleibt kabel eins, dessen Verbesserung von 4,8 auf 5,3 Prozent nicht ausreichte, um der Konkurrenz Druck zu machen.
Alle Zuschauer (Gesamtjahr gegenüber TV-Jahr 13/14)
ALLE ZUSCHAUER (GESAMTES JAHR)
12,4
12,1
13,1
12,9
10,6
11,0
4,0
4,0
5,3
5,3
8,2
8,2
5,6
5,7
3,8
3,8
Marktanteile in % | Sep 2013 – Jul. 2014 gegenüber Sep. 2013 – Mai 2014
Die drastischen Quotensprünge von ARD und ZDF im Zuge der Fußball-Weltmeisterschaft schlagen sich auch auf den Vergleich zwischen Gesamtbilanz der vergangenen elf Monate und der nur bis Mai reichenden TV-Saison nieder: Das Zweite steigerte sich auf 13,1 statt 12,9 Prozent, Das Erste verbesserte sich gar um 0,3 Prozentpunkte auf 12,4 Prozent. Wenig überraschend sieht es bei den Privaten genau anders herum aus, wobei nur RTL wirklich dramatische Verluste in den vergangenen beiden Monaten hinnehmen musste: Von 11,0 Prozent ging es auf deutlich schwächere 10,6 Prozent zurück, womit sich abermals die Frage stellt, wie lange man noch in der Zweistelligkeit wird verbleiben können. Derartiger Sorgen hat sich Sat.1 längst entledigt, mit derzeit 8,2 Prozent ist man meilenweit von einem zweistelligen Wert entfernt. Die kleineren Privatsender mussten nur leichte Verluste hinnehmen oder hielten ihren zuletzt erreichten Marktanteil gar konstant.
14- bis 49-Jährige (Fernsehjahr)
14- BIS 49-JÄHRIGE (GESAMTES JAHR)
7,8
6,8
7,1
6,3
13,6
14,2
6,5
6,7
6,9
7,1
9,2
9,4
11,1
11,4
5,5
5,6
Marktanteile in % | Sep 2013 – Jul. 2014 gegenüber Sep. 2013 – Mai 2014
Ein ähnliches Bild wie beim Gesamtpublikum ergibt sich auch bei der werberelevanten Zielgruppe, wobei hier die drei größten Privatsender allesamt recht deutlich abgaben. Weiterhin an der Spitze steht RTL, das nun allerdings in der Gesamtbilanz seit September 2013 nur noch 13,6 statt immerhin noch 14,2 Prozent vorzuweisen hat. ProSieben kam zwar im Juli gut weg, aufgrund der miesen 8,9 Prozent im Juni muss man sich jedoch mit 11,1 statt 11,4 Prozent zufrieden geben. Und Sat.1 kommt noch immer über die Neun-Prozentmarke, allerdings nur noch mit 9,2 statt 9,4 Prozent, die bis Mai im Mittel erzielt wurden. Profiteure sind Das Erste und das ZDF, die sich mit 7,8 sowie 7,1 Prozent auf die Plätze vier und fünf im Mittelfeld schieben, während VOX mit 6,9 statt 7,1 Prozent von vier auf sechs zurückstürzt. Ganz hinten scheint alles geklärt zu sein: Platz sieben dürfte an RTL II mit aktuell 6,5 Prozent gehen, das Schlusslicht stellt wie gewohnt kabel eins mit 5,5 Prozent.