Rupert Murdochs Imperium würde mit dem Kauf von Warner zum weltgrößten Medienkonzern aufsteigen. Was Murdoch plant, warum er gefährlich ist und weshalb Google eine gewichtige Rolle bei diesem Deal spielt…
Geschäftsbereiche
TimeWarner:
- HBO (Premium-Bezahlservice)
- Turner Broadcasting (u.a. CNN, TNT, Cartoon Network, Turner Sports)
- Warner Bros. (Kinofilm- und TV-Produzent, u.a. «Harry Potter», «Herr der Ringe», DC-Superhelden, «The Big Bang Theory», «The Mentalist», «Shameless»), Warner Bros. hält 50% am Network The CW
Rupert Murdoch:
- 21st Century Fox (u.a. Fox-Sender, FX, Fox Sports, National Geographic Channel, Filmstudio 20th Century Fox, 39,1% an BSkyB)
- News Corp. (u.a. Zeitungen Wall Street Journal, New York Post, The Sun, The Times, Buchverlag HarperCollins)
Welche Größenordnung dieser Deal hätte, kann man am besten in Zahlen ausdrücken: 27 Milliarden und 30 Milliarden US-Dollar. Soviel Umsatz machten die beiden Unternehmen im Geschäftsjahr 2013, die nun zusammengehen sollen: 21st Century Fox und Time Warner, zwei der größten Medienfirmen der Welt. 21st Century Fox wird, wenn alles nach Plan läuft, bei diesem Deal als Käufer fungieren. Rupert Murdoch, der Besitzer von Fox, würde dann sein Imperium ausweiten – und Disney als den weltgrößten Medienkonzern ablösen.
Viele Fragezeichen sind bis dahin noch aufzulösen. Zum Beispiel jenes, das danach fragt, warum Murdoch den Konkurrenten übernehmen will. Schon diese Frage ist von enormer Tragweite: Es geht hier nicht um eine simple Übernahme, so groß sie in Zahlen ausgedrückt auch sein mag. Sondern um zwei alte Medienriesen, die Gefahr laufen, von den neuen Playern überrannt zu werden. Von Google, Netflix und Amazon. Die Vormachtstellung der alten Mediengiganten ist in den vergangenen Jahren immer stärker ins Wanken geraten: mit jedem neuen Kunden, der Netflix abonniert, mit jedem neuen YouTube-Star, der Millionen Fans hat. Es geht hier um „die Neuordnung von Film und Fernsehen“, wie in der „Zeit“ jüngst geschrieben wurde; und diese Neuordnung ist vielleicht nur zu schaffen, wenn Dinosaurier wie Fox und Warner ihre Kräfte bündeln.
Murdoch (Foto) wäre, um bei dieser Metaphorik zu bleiben, der jagende Tyrannosaurus Rex. Mitte Juli wurde bekannt, dass er Time Warner ein Übernahmeangebot über 80 Milliarden Dollar gemacht hatte. Warner-Vorstand Jeff Bewkes dementierte zunächst die Gerüchte, musste sie schließlich doch öffentlich bestätigen. Und sagte zugleich, dass er Murdochs Angebot abgelehnt habe. Wie die Financial Times später berichtet, wurde das Angebot Anfang Juni offeriert, danach beriet sich der Warner-Verwaltungsrat rund einen Monat lang, um schließlich doch abzusagen. Offizielle Begründung: Die Aktionäre würden von einem unabhängigen Time Warner mehr profitieren.
Wer will Warner?
Inoffiziell aber geht es wohl vor allem darum, sich selbst möglich teuer zu verkaufen. Durch die mittlerweile hergestellte Öffentlichkeit weiß die Konkurrenz, dass Time Warner möglichweise an einer Fusion oder Übernahme interessiert ist. Ideal für den Konzern wäre ein Bieterkampf, um den Preis hochzutreiben. Aber wer kann solche Summen in die Hand nehmen? Disney ist bereits größter Medienkonzern, eine Übernahme würde wohl kartellrechtlich Probleme bereiten. Spekuliert wird auch über gerade jene Internetgiganten, die den alteingesessenen Konzernen das Leben schwer machen: Google und Apple. Google allerdings ist nicht bekannt dafür, in der ‚alten‘ Medienwelt zu wildern, sondern eigene Konzepte und Ideen zu entwickeln, den Markt umzukrempeln und einzunehmen. Apple hat jüngst seine Übernahmestrategien geändert (zum Beispiel beim Kopfhörer-Hersteller Beats) und wäre dieser Schritt durchaus zuzutrauen.
Beiden Unternehmen fehlt, anders als Murdoch, allerdings die Expertise im klassischen Medienbusiness – sprich: Die für Übernahmen so wichtigen Synergieeffekte sind weniger vorhanden als bei Murdoch. Google und Apple sind (bisher) keine Produzenten von Inhalten wie Time Warner, sondern allenfalls Vertreiber (iTunes, YouTube). Gingen die beiden Produzenten Murdoch und Warner zusammen, dann entstünde demgegenüber ein Player, dessen Macht gegenüber genau diesen Vertreibern – auch Amazon und Netflix eingeschlossen – gestärkt wird. In diesem Sinne ist die Entscheidung, mit wem sich Time Warner zusammentut, eine wegweisend unternehmensphilosophische.
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Murdoch will Herrscher der Inhalte werden
Am wahrscheinlichsten bleibt eine Übernahme durch Rupert Murdoch, der genau die Intention hat: zum Herrscher der Inhalte zu werden und mehr Macht über die Vertriebskanäle zu gewinnen. Er könnte größere Deals mit den jungen Video-on-Demand-Anbietern schließen oder diese verweigern. Er hätte mehr Verhandlungsspielräume mit Kabelanbietern, die Murdochs Sendern Entgelte für jeden Abonnenten zahlen. Diese Entgelte sind Gegenstand ständiger Verhandlungen, Murdoch könnte bald den Preis hochtreiben: Will ein Anbieter für FOX News nicht mehr als bisher zahlen, droht Murdoch dann beispielsweise damit, HBO, TNT oder CNN auszuspeisen – alles gewichtige Senderargumente, die derzeit zu Time Warner gehören.
Murdoch wird das Übernahmeangebot von 80 Milliarden Dollar noch einmal deutlich aufstocken, um sein Ziel zu erreichen. Die Vorbereitungen dazu trifft er in diesen Tagen: Der 83-Jährige hat veranlasst, dass der von ihm kontrollierte britische Pay-TV-Konzern BSkyB die Anteile des italienischen und deutschen Sky kauft. Da 21st Century Fox direkt knapp 60 Prozent der Anteile an Sky Deutschland und 100 Prozent an Sky Italia hält, würden durch den Verkauf an BSkyB einige Milliarden Euro in den Mutterkonzern fließen – von der rechten in die linke Tasche.
Murdoch gegenüber steht Jeff Bewkes, Chef von Time Warner – und jemand, der sein Können mehrfach unter Beweis gestellt hat. Er war es, der HBO von 1995 bis 2002 zum Pay-TV-Giganten machte und damit den Grundstein legte für den nun profitabelsten Geschäftsbereich von Time Warner. Beim Mutterkonzern fing er 2008 als CEO an, in einer Zeit, als der Aktienkurs fiel und die Gewinne einbrachen. Bewkes‘ Vorgänger scheiterte an der Neustrukturierung des Konzern, Bewkes selbst verschlankte ihn radikal: Er verkaufte AOL, später den Kabelgiganten Time Warner Cable und in diesem Jahr die Print-Sparte Time Inc. Das Musiklabel Warner Music Group war schon 2004 veräußert worden. Mittlerweile besteht der Konzern noch aus drei Geschäftsbereichen, die allesamt im Film- und Fernsehgeschäft verortet sind: HBO, die Sendergruppe Turner Broadcasting mit dem Nachrichtensender CNN sowie der Inhalte-Produzent Warner Bros. mit seinen Kinofilmen und der TV-Abteilung.
Ganz anders entwickelte sich 21st Century Fox: Rupert Murdoch allein schuf das Medienimperium, über das er immer die volle Kontrolle hatte. Für das Network FOX machte er sich zum amerikanischen Staatsbürger, zuletzt schloss er wegen eines Abhörskandals seine auflagenstärkste Zeitung und gliederte die gesamte Print-Sparte in ein neues Unternehmen aus. Murdoch weiß genau, wie er aus jeder Niederlage einen Sieg macht und er weiß, wie er seine Macht geschickt ausbaut. Beim aktuellen Übernahmeangebot war er zu keinem Kompromiss bereit: Time Warner hätte als Unternehmessparte lediglich Aktien erhalten, die nicht stimmberechtigt sind. Murdoch behielte so die komplette Kontrolle.
Möglicherweise muss er hier Zugeständnisse machen, zum Beispiel durch eine Fusion, mit der er Macht an hochrangige Warner-Bosse abgibt. Auch kartellrechtliche Bedenken gibt es: Durch die Integration von Warner-Newskanälen wie CNN würde eine neue Informationsmacht entstehen; und gerade die Meinungsmanipulation seines republikanischen Senders FOX News lässt größere Bedenken aufkommen. Murdoch hat schon angedeutet, zu einem Verkauf von CNN bereit zu sein, sollte eine Übernahme daran scheitern. Dass er jedoch nicht immer seine Versprechen einhält, zeigte er beim Ver- und späteren Rückkauf der „New York Post“.
Es wird eine spannende Entscheidung: Wem wird Time Warner gehören? Dem großen alten Medienmogul Rupert Murdoch oder einem Internetgiganten, der seine Macht auf klassischere Geschäftsbereiche ausweiten will? Vielleicht sogar Disney oder einem Kabelkonzern? Bleibt Time Warner am Ende gar unabhängig? Zumindest letzteres ist in den vergangenen Wochen unwahrscheinlich geworden. Für die Endkunden, uns Zuschauer und Abonnenten, bedeutet eine Übernahme nicht unbedingt etwas Gutes: Der Markt der Medienriesen schrumpft, und damit auch der Konkurrenzkampf.