This is their Quest...

Reality meets Fantasy? Lachen Sie nicht: ABC versucht sich mitten im Sommerloch gerade an einem solchen Konzept.

In «The Quest» werden zwölf amerikanische Otto-Normalbürger mit einer Schwäche für Fantasy-Stoffe aus ihrem stinknormalen Leben gerissen und mitten in ein Mystery-Abenteuer geworfen: Sie sollen das fiktive sagenumwobene Königreich Everealm vor dem Untergang bewahren. Nur gemeinsam können sie dieses Ziel erreichen, indem sie gegen Armeen kämpfen und Rätsel lösen – aber, um die typische Reality-Dramaturgie nicht zu sehr auszuklammern, muss in jeder Folge auch ein Teilnehmer das mystische Everealm verlassen.

Zuerst fragt man sich, wie das zusammengehen soll: die oft trashige Reality-Welt, die nicht selten vom Vorführen schrulliger Menschen lebt, und das etwas nerdige Fantasy-Genre. Aber wahrscheinlich denke ich an dieser Stelle schon wieder viel zu sehr in Klischees – und genau das ist ein Fehler, den «The Quest» nicht macht. Hier wird nicht etwa ein Haufen zwischenmenschlich eher schwerfälliger Typen genommen, die in der Woche achtzig Stunden vor World of Warcraft hängen und auch so aussehen, sondern beinharte Fans von «The Hobbit» und ähnlichen Franchises, die allesamt mit beiden Beinen im Leben stehen, interessante Jobs und ein stabiles soziales Umfeld haben. Die Leidenschaft der Teilnehmer wird nicht zur Zielscheibe der Lächerlichkeit degradiert, sondern freudig und enthusiastisch mitzelebriert.

Denn auch die Liebe der Macher zum Fantasy-Genre ist unverkennbar: Gedreht hat man in pittoresken Burgen und Auenland-ähnlichen Landschaften (Fun Fact am Rande: Drehort war Österreich); die fiktiven Spielszenen, in denen die zwölf Helden frei Schnauze partizipieren dürfen, wurden aufwendig und ansprechend in Szene gesetzt.

Das Seherlebnis des Zuschauers ist derweil freilich ungewohnt. Einen solchen Genre-Mix hat es bisher noch nicht gegeben. Vielleicht fiel es auch deswegen mitunter schwer, die beiden Pole Fantasy und Reality intelligent miteinander zu verweben: Zwar wird über weite Strecken die Heldenreise fast so dramaturgisch stringent wie in einem Spielfilm erzählt, dass man sich als Zuschauer schon einmal kurz darin verliert. Dann aber werden die entsprechenden Szenen hin und wieder von Interviews mit den Protagonisten unterbrochen, in denen sie out of character ihre Erlebnisse während der Show reflektieren. Der für Reality-Shows typische Duktus drückt sich auch am Ende jeder Folge aus, wenn die Teilnehmer darüber entscheiden müssen, wer aus dem Wettbewerb ausscheidet – da wird ein bisschen zu sehr versucht, in Mittelerde die Mechanismen von «Big Brother» oder «Survivor» zu etablieren. Mit leicht schrägem Ergebnis.

Ein bisschen fühlt man sich wie beim Secret Cinema, wo das Ansehen des Films in ein üppiges, thematisch eingebundenes Rahmenprogramm integriert wird. Nur ist beim «Quest» alles noch ein paar Nummern größer. Und trotz manch verbesserungswürdiger Aspekte erstaunlich nett anzusehen.
08.08.2014 12:30 Uhr  •  Julian Miller Kurz-URL: qmde.de/72325