Die Show besann sich - außer auf dem Moderatorenposten - auf ihre alten Stärken und lieferte somit ein gutes Comeback ab. Spannend wurde es dennoch nur in einer der drei Spielrunden.
Infos zu «Die perfekte Minute»
- Drei Staffeln mit insgesamt 24 Folgen
- Zwischen 2010 und 2012 in Sat.1
- Produziert von Shine Germany
- Basiert auf NBC-Spielshow «Minute to Win It»
Für ProSiebenSat.1 läuft es momentan mehr als erfreulich: Während RTL weiter an Relevanz einbüßt, hält sich ProSieben seit Jahren sehr konstant zwischen zehn und zwölf Prozent in der werberelevanten Zielgruppe, während Sat.1 im August endlich wieder einen zweistelligen Marktanteil verzeichnen konnte (
Quotenmeter.de berichtete). Dies liegt nicht zuletzt an der groß beworbenen Sommer-Offensive im Showsektor, bei der die ganz großen Quotenflops überraschenderweise ausblieben. Mit
«Die perfekte Minute» legte Sat.1 nun am Freitag bereits seine zweite ehemalige Erfolgsshow nach «Deal or no Deal» neu auf. Inhaltlich knüpfte das Format an alte Zeiten an, litt allerdings ein wenig unter seinem austauschbaren Cast. Nur eines von drei prominenten Paaren legte den nötigen Ehrgeiz an den Tag.
Eine beruhigende Nachricht für alte Fans dürfte sein, dass die Macher beinahe komplett auf das Konzept der ersten beiden Staffeln zurückgriffen und von schwerwiegenden konzeptionellen Änderungen absahen. Der fehlgeschlagene Versuch im Jahr 2012, mit einem Duell-System vor der eigentlichen Spielrunde ein zusätzliches Spielelement zu integrieren, wurde zurecht über den Haufen geworfen, da es weder inhaltlich noch hinsichtlich der Einschaltquoten fruchten wollte. Stattdessen spielen die Kandidaten nun wieder paarweise zehn jeweils einminütige Spielrunden, für die sie drei "Leben" haben. Auch die Sicherheitsstufen finden sich nun wieder nach fünf bzw. acht Spielen, einzig die jeweiligen Gewinnbeträge wurden deutlich nach unten geschraubt: Nach Spiel eins gewinnt man nur 500 statt 1.000 Euro, der Höchstgewinn wurde um 50.000 Euro auf 200.000 Euro reduziert.
Der generellen Entwicklung im deutschen Fernsehen entsprechend, fungieren zum Staffelauftakt erst einmal wieder Prominente als Kandidaten - was in diesem Fall in vielerlei Hinsicht kritisch zu bewerten ist. Auffällig viele Gesichter kennt man als einigermaßen regelmäßiger Zuschauer nämlich bereits zur Genüge: Jochen Schropp präsentierte mit «Jetzt wird's schräg», «Himmel oder Hölle» und «Promi Big Brother» zuletzt gleich mehrere Formate der Sendergruppe, auch Wayne und Annemarie Carpendale sind hinlänglich bekannt. Volker "Zack" Michalowski war erst kürzlich in «Jetzt wird's schräg» zu sehen, Luke Mockridge sogar regelrechter Stammgast der Sendung - und trat zu allem Überfluss auch noch beim «Körperquiz» in Erscheinung. Nicht zu vergessen Moderator Thore Schölermann, der erst vor sechs Tagen bei «Schlag den Star» antrat. Die Gefahr dieser Show-Tauschbörse: Sowohl Cast als auch Formate wirken völlig austauschbar, nutzen sich schnell ab und vermischen sich zu einem nur mäßig schmackhaften TV-Brei.
Das zweite Problem, das sich allerdings auf prominente Kandidaten generell bezieht: Nur die wenigsten gehen mit einem ähnlich großen Engagement in die Show wie Kandidaten aus dem normalen Leben, die sich zum Teil monatelang auf ihren großen TV-Auftritt vorbereiten, um einmal die Chance auf eine sechsstellige Gewinnsumme zu bekommen. Die Carpendales witzeln noch unmittelbar vor dem Spielstart herum, Schropp und Moschner wirken ebenso entspannt wie desinteressiert und vermitteln den Eindruck, über ihr (sehr frühes) Ausscheiden nur in sehr engen Maßen enttäuscht zu sein - vielleicht hatten sie ja schon die nächste ProSiebenSat.1-Show im Hinterkopf, in die sie involviert sind.
In die Riege der televisionären Belanglosigkeit reiht sich dann auch Thore Schölermann ein, der - zur Enttäuschung vieler Fans - fortan Ulla Kock am Brink ersetzt. Ebenso fehlerfrei wie glatt führt er durch die knapp zweieinhalbstündige Aufzeichnung, ist um einen lockeren Umgangston mit den Promis bemüht und liefert eine grundsolide Leistung ab, ohne mitzureißen. Die spärlichen Versuche, Spannung zu kreieren und mitzufiebern, kommen etwas bemüht und steif daher, allerdings ist Kock am Brink in dieser Hinsicht schon seit der «100.000 Mark Show» kaum zu schlagen. Gemeinsam mit Carpendale und Schropp wetteifert er um das souveränste - und damit auch profilärmste - Auftreten in der Sendung.
In diesem Zusammenhang ist es fast schon bezeichnend, dass ausgerechnet in der Runde die größte Spannung aufkommt, in der das Sat.1-Moderationstrio am wenigsten mitwirkt. Zack und Mockridge scheren sich bei weitem nicht so sehr um ihr Auftreten, sie sind emotional, flippig, ja mitunter auch etwas überkandidelt. Aber sie kämpfen im Gegensatz zu ihren Mitstreitern in jedem Spiel bis zur letzten Sekunde, wirken aufrichtig angefressen und frustriert, wenn sie scheitern und dringen somit bis zur vorletzten Spielrunde vor. Hier spielt die Sendung ihr Potenzial aus und lässt das Publikum bei den gewohnt charmanten und einfallsreichen Spielen mitfiebern.
Wie gefiel Ihnen die Neuauflage von «Die perfekte Minute»?
Ob die Neuauflage von «Die perfekte Minute» an die Erfolge vergangener Zeiten anknüpfen wird, lässt sich nach der Auftaktfolge noch nicht mit Bestimmtheit sagen. Ab kommenden Freitag treten nicht mehr Promis, sondern wieder wie gewohnt normale Kandidaten an, wodurch die Spannungskurve etwas ansteigen dürfte. Der Verzicht auf unsinnige Optimierungsversuche des Konzepts kommt zumindest bei alten Fans gut an, wenngleich mit Ulla Kock am Brink (Foto) der große Sympathiefaktor etwas verloren ging. Der Staffelauftakt jedenfalls krankte vor allem an emotionslosen Spielern, ließ allerdings mehr als nur erahnen, wie kurzweilig und spannend das Format sein kann, wenn die Protagonisten mit Ehrgeiz an die Sache herangehen. Da gab es in den vergangenen Jahren weitaus schlechtere Neuauflagen.
Die insgesamt vier neuen Folgen der «Perfekten Minute» sind bis Ende September jeweils freitags zur Primetime in Sat.1 zu sehen.