«Zimmer frei!»: Zum 18. Geburtstag ein bisschen wilder

Wie feiert eine eh schon stets losgelöste, kaum Hemmungen kennende Sendung ihre Volljährigkeit?

Trivia zu «Zimmer frei!»

  • 1996 als Lückenfüller für die Sommerpause ins Programm genommen
  • Produziert von Jörn Felix O'Daniel
  • Berühmte Sidekicks: Die Nachbarinnen Gerburg Jahnke alias Nora Nölle und Cordula Stratmann alias Annemie Hülchrath, Puppenspieler Martin Reinl als Wiwaldi und viele mehr
  • Früher versuchte Jürgen Drews in einem regelmäßigen Running Gag mehrmals vergeblich, in die Show zu kommen
Anlässlich ihres 18. Geburtstages bewarb die Talk- und Spielsendung «Zimmer frei!» den Start in die jüngste Staffel medienwirksam als „Ab 18! Heute nicht jugendrei“. Und tatsächlich zeigt die WDR-Show in diesem 90-minütigen Special keine Hemmungen: So gibt Fernsehkoch Tim Mälzer eine Anekdote darüber zum Besten, wie er beim Masturbieren von seiner Mutter erwischt wurde und dass er die alte Fa-Werbung wegen der blanken Brüste so geil fand. Und Anneke Kim Sarnau debattiert mit Christine Westermann, ob der perfekte Zungenkuss überhaupt im Stehen möglich ist, oder ob man sich dabei in die Horizontale begeben muss. Ergänzt mit Porno-Scherzsynchros von Claudia Roth und Thomas Hermanns' Jungendsündenbeichte ergibt dies eine durchaus pikante Ausgabe der Kultsendung.

Doch wie auch die vereinzelten Best-of-Clips der Jubiläumsfolge zeigen: Neu sind solche Themen für «Zimmer frei!» wahrlich nicht. Götz Alsmann und Christine Westermann genießen seit langer Zeit Narrenfreiheit beim WDR, weshalb immer wieder sexuelle Begriffe als Bilderrätsel dargestellt werden oder die Promigäste Fragen beantworten, die unter die Gürtellinie zielen.

Der mit etwas Verspätung gefeierte 18. Geburtstag des zügellos verspielten Promitalks ist dennoch etwas Besonderes. Nicht nur, weil Claudia Roth, Tim Mälzer, Anneke Kim Sarnau und Thomas Hermanns darin vom Moderatorenduo mit atypisch hoher Frequenz über pubertäre Fehltritte und Sexualität ausgefragt werden und Puppenspieler Martin Reinl Puppenpornos vorführt. Innerhalb der eineinhalb Stunden hangelt sich dieses Special nämlich auch an einem roten Faden entlang – was bei diesem wunderbar chaotischen Format nur selten geschieht. Denn zusätzlich zum Sex ist bei dieser Geburtstagsparty alles Thema, was mit dem Erreichen der Volljährigkeit zusammenhängt.

Wie ist es, Verantwortung zu erhalten? Was bedeutet es, einerseits noch unerfahren zu sein und daher Dummheiten zu begehen, und andererseits reifer zu sein und daher größere Ambitionen zu haben – etwa das Ziel, bewusst Jugendsünden zu begehen? Alsmann und Westermann fühlen ihren Gästen ohne Scham auf den Zahn, blicken aber auch passend zu diesen Subthemen auf 18 Jahre «Zimmer frei!» zurück. Und wiegen diese persönlichen Einsichten mit verrückten Spielchen wie Mini-Autoball und Zombietheater auf.

Dank der toll aufgelegten Gäste und der 30 zusätzlichen Minuten ist das Special „Ab 18! Heute nicht jugendrei“ ein würdiger Geburtstag für diese wunderbar durchgeknallte Sendung, die trotz ihrer Kultfangemeinde noch immer nicht genügend Beachtung vom TV-Publikum erhält. Ihrem reißerischen Titel wird die Ausgabe aber nicht völlig gerecht – zumindest wenn man sie mit normalen Folgen vergleicht. Aber wenn der Titel hilft, «Zimmer frei!»-Jungfrauen neugierig zu machen, wer kann der Redaktion diese Sünde schon verübeln?
22.09.2014 01:31 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/73273