Raab und «tv total» verpassen das Netz
Die Marke «tv total» ist bekannt im Netz. Allerdings fährt das Team um Raab eine eher altbackene Strategie im Netz. Das Resultat sind sehr geringe Interaktionswerte.
«tv total» hat einen eigenen Account auf Twitter. Satte 191.000 Verfolger haben die Tweets von «tv total» beim hippen Kurznachrichtendienst abonniert. Allerdings sind die Interaktionsraten geradezu unterirdisch. Oft nur 20 Favorisierungen versammelt man unter einem Tweet. Highlights in der Reichweite muss man lange im Profil suchen. Kleine Accounts mit 6.000 Verfolgern haben hier oft mehr Erfolg.
Die komplette Social Media-Strategie von «tv total» wirkt frontal an «tv total» angebaut. Raab sitzt weit dahinter ohne direkte Verbindung zum Zuschauer. Auf Twitter veröffentlicht man einfach Sprüche aus der letzten Show, twittert ein paar Fotos und ruft zu gesponserten Marketingaktionen auf. Stefan Raab findet man hier nicht. Es sind Mitarbeiter und dieser Account ist einfach unpersönlich. Es findet keine Interaktion mit den Zuschauern der Show statt.
Dieses Verhalten zieht sich auch durch den kompletten Online-Auftritt. Man hat eine «tv total»-Webseite, welche bestenfalls ein eigenes Archiv für die Show ist und neue Aktionen bewirbt. Alles ist nur Werbung für Inhalte aus der Show. Diese Sendung arbeitet aber nicht mit dem Netz. Sie nutzt die sozialen Netzwerke nur als Werbeplattform. Raab twittert nicht, ist nur über MySpass auf YouTube zu finden und auf der eigenen Webseite soll ich mir als Zuschauer bestenfalls Tickets für ein anstehendes Event sichern.
Kann man Raab hier einen Vorwurf machen? Er ist nicht mit dem Netz aufgewachsen. Nur zieht die Konkurrenz hier am Altmeister von ProSieben im Schnellzug vorbei. «Circus HalliGalli» und Co. nutzen das Netz für eine Kommunikation mit den Zuschauern. Über Raab wird bestenfalls geschrieben. Die Redaktion nutzt allerdings nicht das Netz für die Inhalte in der Show. Ich kann mich altmodisch für ein Event bewerben, eine Wildcard abstauben, oder Preise gewinnen. Allerdings würde «tv total» nie ein lustiges Video auf YouTube einstellen und damit einen viralen Hit landen.
Raab stammt noch aus der VIVA-Generation. Er verkaufte die lustigen Singles auf Maxi-CD unter seinem Rare-Label. Heute verdient man kein Geld mehr damit und Raab veröffentlicht auch keine Songs mehr. Heute würde man allerdings einen Maschendraht-Song einfach so produzieren und damit einfach einen Hit im Netz landen. Das generiert Presse, wird aktiv in den sozialen Netzwerken geteilt und man ist Gesprächsthema. Das Netz ist heute der Schulhof der Jugend. Raab allerdings nutzt diesen neuen Schulhof nicht mehr.
Ich kann dazu auch ein ganz einfaches Beispiel bieten. Raab landete einen großen Erfolg mit „Der Gerät“ in seiner Show. Er lud den Erfinder ein, machte ein paar Scherze und der liebe Erfinder winkte nett zum Abschied. Dazu erfand man noch ein Logo für „Der Gerät“ im Stil von Apple. Alte Schule der TV-Unterhaltung. Nur warum nicht zusammen mit den Fans und Zuschauern online Geld sammeln? Crowdfunding für Der Gerät! «tv total» steigt in den Dönermarkt ein und mitten in Köln gibt es Dönerfleisch für alle Unterstützer. Stefan Raab eröffnet erste „Der Gerät“-Filiale in Köln. Mit eigener Keynote und etlichen Clips. Diese Art eine Aktion mit dem Netz zu verbinden scheint die Redaktion rund um Raab nicht auf dem Schirm zu haben. Hier vergeigt man seit Jahren unendlich Potential.
Harald Schmidt hat das Netz nicht mehr zum Inhalt gemacht. Er hat die klassische und altbackene Late-Night bis zum Ende gesendet. Diese Show will das Publikum heute nicht mehr. «tv total» lebt hier noch mehr von den riesigen Events. Diese kaschieren die eigentlich altbackene Show noch etwas. Jedoch muss man nur nach Amerika schauen. Hier wird das Netz in allen LateNight-Shows aktiv für die eigenen Themen genutzt. Will «tv total» nicht langsam den Anschluss an das Publikum verlieren, so muss man endlich das Netz nutzen. Maxi-CDs kann man hier nicht mehr verkaufen, aber die Alternative kann auf Dauer nur immer mehr Mini-Aufmerksamkeit sein.