Matthias Koeberlin und Nora von Waldstätten müssen im lauen ZDF-Krimi «Die Toten vom Bodensee» weit unter ihren Möglichkeiten bleiben.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Matthias Koeberlin als Micha Oberländer
Nora von Waldstätten als Hannah Zeiler
Stephan Kampwirth als Ludwig Pfeilschifter
Marie Leuenberger als Karin Holz
Doris Schretzmayer als Christa Pfeilschifter
Simon Morze als David Pfeilschifter
Peter Prager als Holger Dieckmann
Hinter der Kamera:
Produktion: Rowboat Film- und Fernsehproduktion und Graf Filmproduktion GmbH
Drehbuch: Thorsten Wettcke
Regie: Andreas Linke
Kamera: Jo Molitoris
Produzenten: Sam Davis und Klaus GrafMan kennt das zur Genüge von «Tatorten» und «Polizeirufen». Wenn schon bei der Konzipierung abzusehen ist, dass man Mühe haben wird, mit dem dünnen Plot- und Themengeflecht auf eineinhalb Stunden zu kommen, und man ohnehin lieber Figuren mit einem Jedem-soll’s-gefallen-Anspruch entwirft, muss oft das Motiv des Odd Couples herhalten, um wenigstens ein bisschen so tun zu können, als erzähle man hier was halbwegs Nahbares. Das Odd Couple kennt verschiedene Variationen. Besonders gern genommen werden alt und resigniert versus jung und ambitioniert, smarter Typ trifft schusseliges Dummchen oder Regelkonformität gegen Bye-bye-Rechtsstaat. Wenn man dann noch durchklingen lassen will, dass man eigentlich ja ganz intellektuell ist, verschlägt es die Macher nicht selten in einen Dualismus aus verschlossen und offen, distanziert und nahbar.
Auf letzteres Modell greift «Die Toten vom Bodensee» zurück – und leider auf nicht sonderlich viel mehr. Dabei klingen die personellen Voraussetzungen zunächst hervorragend: Matthias Koeberlin konnte zuletzt in «Marthaler» als Hauptdarsteller einer Reihe sehr gut gefallen, während Nora von Waldstätten spätestens seit ihrem Glanzauftritt in David Nuran Calis‘ «Woyzeck»-Verfilmung nichts mehr beweisen muss. In diesem ZDF-Film kann sie allenfalls den Gegenbeweis antreten: den, dass man ihr sogar gerne zuschaut, wenn sie eine mittelmäßig geschriebene Figur in einem ambitionslos zusammengeschusterten Drehbuch verkörpert.
Der Plot ist die reinste Fließbandware: Ein Fischer wird auf seinem Bötchen auf dem Bodensee in die Luft gesprengt. Am Tatort findet sich ein keltisches Graffiti, das übersetzt „Du hast getötet“ heißt, neben der Maske einer alten Gottheit. Die wurde, samt zwei weiterer Exemplare, vor wenigen Tagen aus einem Bregenzer Museum entwendet, das vom Bruder des Toten betrieben wird. Der wiederum hatte diese Masken vor achtzehn Jahren bei einer Expedition in der Umgebung gefunden.
Kurz darauf ereignet sich ein zweiter Mordfall. Wieder findet sich am Tatort eine der gestohlenen Masken und ein keltischer Schriftzug. Und während Koeberlin und von Waldstätten als Micha Oberländer und Hannah Zeiler die Freuden der deutsch-österreichischen Amtshilfe kennenlernen, wollen Autor Thorsten Wettcke und Regisseur Andreas Linke zwischendurch auch ein bisschen unheimlich werden: Was, wenn auf den Masken ein Fluch liegt, der gerade ihre Finder und die ihnen Nahestehenden abmurkst?
Daraus hätte ein spannender Film werden können, einer, der interessante Fragen reflektiert. Wie Polizisten mit ihrem geregelten Behördenalltag damit umgehen, wenn sie auf vermeintlich Übersinnliches stoßen. Wie zwei junge Ermittler dabei aus dem Tritt geraten und Grundsätzliches hinterfragen. Aber «Die Toten vom Bodensee» will davon nichts wissen, geht lieber in eine andere Richtung. Leider ist es die falsche. Denn während man es dem Film nun nicht unbedingt vorwerfen kann, dass er kein Genrestück geworden ist, so fällt es doch ins Gewicht, dass er jenseits des Abhakens altbekannter, x-fach weggesehener Plotversatzstücke und einer zu berechneten, zu ambivalenzlosen Figurenorchestrierung absolut nichts liefert.
Letzteres ist das größte Problem. Denn diese zwei langweiligen, vorhersehbar agierenden Hauptfiguren sind so weit unter der Würde von Koeberlin und von Waldstätten wie der Bodensee tief ist. Doch beide kapitulieren nicht: Auch wenn sie ihr mimisches Spektrum auf einen permanenten
Thousand-mile-stare runterbrechen und er den offenen, netten Familienmenschen geben muss, der ansonsten ziemlich arm an interessanten Eigenschaften ist. Sie die verstockte Clevere, die keine Nähe zulassen kann, und er der sympathische Kumpeltyp. Erstaunlich, dass man sogar unter solchen dramaturgischen 08/15-Bedingungen noch sehenswerte Performances abliefern kann.
Schreckensszenario am Rande: Ein zweiter Teil der «Toten vom Bodensee» ist bereits abgedreht. Dabei würde man die beiden Hauptdarsteller viel lieber in anderen Rollen sehen. Fast egal, in welchen.
Das ZDF zeigt «Die Toten vom Bodensee» am Montag, den 3. November um 20.15 Uhr.