Ist Putin für die deutschen Talkshows ein echter Quotenmagnet?

In den vergangenen Wochen ging es in Deutschlands Talkshows besonders häufig um den mächtigsten Mann Russland. Dies sorgte teilweise für grandiose Quoten, doch nur wenn sich der Talk auf ihn persönlich zentrierte.

In den beiden vergangenen Ausgaben von «Günther Jauch» im Ersten ging es um den Präsidenten der russischen Föderation, Wladimir Putin. Am 16. November unterhielt sich der Moderator mit seinen Gästen, zu denen unter anderem Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Hubert Seipel gehörten, über dessen Interview mit dem russischen Staatsmann und die Frage: „Wohin steuert der Kreml-Chef?“ Für das vorher gezeigte Interview und die anschließende Diskussion interessierten sich 5,61 Millionen Zuschauer, die somit für einen Marktanteil von 20,0 Prozent sorgten. Die Reichweite war damit die höchste seit dem 13. April. Damals diskutierte Jauch über den Gesundheits- und Genesungszustand von Michael Schumacher, der sich rund 100 Tage zuvor bei einem Skiunfall schwere Kopfverletzungen zuzog. Auch bei den jüngeren Zuschauern stieß das Interview auf Interesse, von ihnen schalteten 1,01 Millionen ein. Die höchste Reichweite seit dem 1. Juni entsprach einem Marktanteil von 9,0 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen ab 21.45 Uhr.

Eine Woche später stand der russische Politiker erneut im Fokus der Diskussion. Die Nachbesprechung seines Interviews mit Hubert Seipel hatte in der Woche für zahlreiche Diskussionen gesorgt. Diese fanden neben der Öffentlichkeit vor allen Dingen auch in der Politik und den Medien statt. Dies nahm Jauch zum Anlass um mit Matthias Platzeck, Wolf Biermann, Gabriele Krone-Schmalz und Alexander Graf Lambsdorff über die Frage zu diskutieren ob die Gefahr eines neuen Kalten Krieges besteht und wie der der Westen auf Putins Handeln reagieren solle? Nachgiebig oder eisern? Auch diese Ausgabe war für «Günther Jauch» ein voller Erfolg, so schalteten am 23. November ab 21.45 Uhr insgesamt 5,31 Millionen Interessierte ein, die dem Ersten einen Gesamtmarktanteil von 18,9 Prozent bescherten. In den vier Wochen vor den Putin-Talks lag die durchschnittliche Reichweite noch bei 4,32 Millionen Zuschauern. Auch diesmal war das Interesse der jungen Zuschauer überdurchschnittlich hoch, auch wenn die Reichweite mit rund 970.000 Zuschauern nicht ganz an den Wert der Vorwoche anknüpfte. Die Quote erreichte am vergangenen Sonntag einen Wert von 8,7 Prozent. Wird die Vorwoche ausgeklammert, erreichte die Sendung den zweitbesten Wert seit dem 1. Juni 2014. An diesem Abend unterhielt sich Jauch mit seinen Gästen über die anstehende Fußball Weltmeisterschaft, bereits zuvor übertrug das Erste das Testspiel zwischen Deutschland und Kamerun.

Für «Günther Jauch» und das Erste waren die beiden Ausgaben, bei denen Putin im Zentrum stand, ein enormer Erfolg. Der ohnehin schon erfolgreiche Talk stellte zwar keine neuen Rekorde auf, erreichte aber deutlich mehr Zuschauer als die Ausgaben der letzten Monate. Besonders positiv fällt das Interesse der jüngeren Zuschauer. Während Jauch bei ihnen in den vergangenen Wochen zwar stets solide bis gute Werte erzielte stachen die Ausgaben über Putin besonders heraus, zumal sie im Schnitt 30 Prozent über dem Senderschnitt lagen.

Auch bei «Anne Will» stand der Russe im Vordergrund. Die Frage „Alles dreht sich um Putin – Bleibt die Ukraine auf der Strecke?“ diskutierte die Gastgeberin unter anderem mit dem russischen Botschafter Wladimir M. Grinin, dem deutschen Botschafter in Russland Ernst-Jörg von Studnitz sowie dem gesandten Botschaftsrat der Ukrainischen Botschaft in Deutschland, Vasyl Khymynets. Allerdings stieß die Sendung auf weniger Anklang als die Jauch-Formate. Am 26. November schalteten ab 22.45 Uhr 1,40 Millionen Zuschauer ein, die einem Anteil aller Fernsehenden ab drei Jahren von 9,3 Prozent entsprachen. Auch aus der Riege der jüngeren Zuschauer stammten lediglich rund 220.000 Zuschauer oder 3,8 Prozent. Diese Werte stachen weder besonders positiv, noch negativ heraus, sondern lagen etwas unterhalb des Schnitts der vergangenen Wochen. Gleichzeitig war «Anne Will» mit der Konkurrenz durch König Fußball im ZDF konfrontiert, wo um 22.45 Uhr noch mehr als vier Millionen Zuschauer hängen blieben.

Putin funktioniert also besonders am Sonntagabend als Zugpferd für starke Quoten. Zumindest scheint er dann die nötige Brisanz mitzubringen, um die Zuschauer vor die Fernseher zu ziehen. In Talks unter der Woche, geht er als Thema schon fast unter, vielleicht auch, weil die Konkurrenz zu groß ist.
30.11.2014 11:26 Uhr  •  Dennis Weber Kurz-URL: qmde.de/74768