Philip Simon rechnet ab

Philip Simons aktuelle Sendung im WDR trägt mit «Ende der Schonzeit» den gleichen Titel wie sein aktuelles Bühnenprogramm. Dabei ist der Name Programm und der Holländer rechnet mit Politik, Religion und den Medien ab.

Moderatoren aus den Niederlanden entwickelten sich über die vergangenen Jahrzehnte zu einem festen Bestandteil der deutschen Fernsehlandschaft. Dazu zählen Namen wie Rudi Carrell, Linda de Mol oder Marijke Amado. Nun schickt sich mit Philip Simon ein weiterer Sohn des Nachbarlands an, in die Fußstapfen dieser Fernsehgrößen zu treten. Neben diversen Kabarett-Auftritten moderierte Philip Simon erstmals ab September 2012 die «Thekenquizzer» auf ZDFneo. Ab 2013 erhielt der Holländer mit der «nate light» seine erste Late-Night-Show, ebenfalls auf ZDFneo. Überraschend endete die Sendung am 23. Oktober 2014. Daraufhin dauerte es nicht lange, bis der WDR verkündete mit «Philip Simon Solo: Ende der Schonzeit» dem Moderator eine neue Show zu geben. Diese wurde nun erstmals ausgestrahlt, ist dabei allerdings keine klassische Late-Night, sondern das aufgezeichnete Bühnenprogramm.

In diesem fällt der sympathische, niederländische Akzent des Gastgerbers weg. Zugegeben, dies war bereits in der letzten Ausgabe seiner TV-Show auf ZDFneo der Fall. In Philips Simons neuem Bühnenprogramm kommen, wie bei früheren Auftritten, erneut seine Zwangsjacke und das leere Marmeladenglas mit dem Schmetterling zum Einsatz. Nebenbei erzählt er von diversen Studien, die das menschliche Grundverhalten beleuchten.

Neben dem alltäglichen, politischen und popkulturellen Geschehen geht Simon auch auf die Stilmittel seiner Kollegen im Kabarett ein, wie das Sitzen auf einem Stuhl, welches den Aussagen eines Künstlers mehr Tiefgang verleihen soll und die Metaebene in den Vordergrund rückt. Nichtsdestotrotz wirken Teile der Show nicht besonders neu und innovativ, eher einstudiert und wiederholt. Das zeigen auch diverse Pointen, die bereits in früheren Bühnenprogrammen zu sehen waren. Ebenso wirken Teile der medialen Bezüge recht veraltet und inzwischen überholt.

Dennoch zünden die meisten Pointen. Im Verlauf des 60-minütigen Programms hangelt Simon sich dann von den Themen Fernsehen und Zuschauer weiter zu den menschlichen Verhaltensweisen. Dabei lässt er weder die Entwicklung der Menschen, am Beispiel seines eigenen Lebens, noch Themen wie Religion außen vor.

Gerade für vermeintliche Tabuthemen wie die Religion oder das öffentliche Rauchen ist sich Philip Simon nicht zu schade. Ebenso geht er auf Hintergründe zur gesellschaftlichen und politischen Integration ein, sowie die damit verbundenen kritischen Haltungen von Mitgliedern der Gesellschaft.

Den Abend beendet er schließlich mit einem Kartentrick, den er einst von seinem Vater lernte. Dies ist ein recht passabler Vergleich zur Sendung. Denn der Clou am Trick ist, dass Simon, der eine Karte erraten muss, immer genau eine Karte daneben liegt. So fühlt sich auch die Sendung an, tolle Geschichten und geschmackvolle, dem Kabarett entsprechende Witze, gepaart mit einer gehörigen Portion Satire auf die Realität und die Entwicklung der Menschen. Trotzdem gewinnt der Zuschauer häufig den Eindruck, dass das Ganze wirkt, als sei die imaginäre Handbremse noch angezogen. Simon wies zum Schluss der Sendung auf eine Besonderheit seines Vaters hin, der die Fähigkeit besaß, Menschen für einen Augenblick aus der Realität herauszuholen und sie für wenige Minuten weder an die Gegenwart noch an die Zukunft denken zu lassen. Dies gelingt auch Philip Simon selbst, der trotz Kabarett-Programm mit aktuellem Bezug, sein Publikum und seine Zuschauer für eine Stunde aus der Realität zu entführen vermag. Und das kann nicht jeder.
21.12.2014 10:28 Uhr  •  Dennis Weber Kurz-URL: qmde.de/75267