In der Nacht vom 22. auf den 23. Februar werden in Los Angeles zum 87. Mal die Academy Awards verliehen. Quotenmeter.de blickt auf die fünf Kandidaten, die in der Kategorie "Bester fremdsprachiger Film" auf einen der begehrten Goldjungen hoffen dürfen.
«IDA» (Polen)
Polen 1962: Die 18-jährige Novizin Anna (Agata Trzebuchowska) bereitet sich auf ihr Gelübde vor. Doch bevor sie dieses ablegen darf, stellt die Äbtissin die als Waise aufgewachsene Anna vor eine überraschende Aufgabe: Sie soll ihre letzte verbleibende Verwandte treffen. Anna fährt in die Stadt zu Wanda (Agata Kulesza), der Schwester ihrer Mutter, der sie noch nie begegnet ist. Das Aufeinandertreffen des behütet aufgewachsenen, religiösen Mädchens und der mondänen wie parteitreuen Richterin wird das Leben beider Frauen verändern.
In eindrücklichen Schwarz-Weiß-Bildern erzählt der preisgekrönte Regisseur Pawel Pawlikowski («Last Resort») von zwei Frauen, denen das Vergessen nicht gelingt. Die polnisch-dänische Koproduktion gewann schon 2013 diverse Filmpreise, heimste auf mehreren polnischen Festivals Awards ein, gewann fünf Statuen beim „Europäischen Filmpreis“, wurde in London prämiert und für den Golden Globe 2015 nominiert. Buchmacher rechnen «Ida» hohe Chancen aus; ein „Oscar“ könnte die Krönung für Regisseur Pawlikowski bedeuten, der bei den Academy Awards bislang ohne Berücksichtigung ist.
«TIMBUKTU» (Mauretanien)
Kidane lebt friedlich mit seiner Frau Satima, seiner Tochter Toya und Issan, einem kleinen, 12 Jahre alten Hirtenjungen in den Dünen, nicht weit von Timbuktu, das in die Hände religiöser Fundamentalisten gefallen ist. In der Stadt erdulden die Einwohner ohnmächtig das Terrorregime, das von den Dschihadisten eingesetzt wurde, um ihren Glauben zu überwachen. Musik, Gelächter, Zigaretten und sogar das Fußballspielen wurden verboten. Die Frauen sind zu Schatten geworden, die versuchen, würdevoll Widerstand zu leisten. Jeden Tag werden von auf die Schnelle eingesetzten Tribunalen tragische und absurde Strafen ausgesprochen. Kidane und seine Familie bleiben von dem Chaos in Timbuktu verschont. Aber ihr Schicksal ändert sich, als Kidane aus Versehen Amadou tötet, einen Fischer, der seine Lieblingskuh „GPS“ schlachtete. Nun muss er sich den neuen Gesetzen der ausländischen Besatzer stellen.
Die französisch-mauretanische Koproduktion von Abderrahmane Sissako («Reise ins Glück») beeindruckt insbesondere durch seine Inszenierung. Um die Sprachbarrikaden zwischen Terrorregime und Bevölkerung hervorzuheben, wurde «Timbuktu» mehrsprachig gedreht, was weltweite Kritiker als „erhöhte Authentizität“ lobten und diverse Award-Jurys mit Preisen belohnten. Der Film gewann in Cannes sowie Osnabrück und gilt als einer der Hoffnungsträger der diesjährigen Verleihung des französischen Filmpreises César, wo «Timbuktu» mit acht Nominierungen vertreten ist. Bei der Oscar-Verleihung wird der an Originalschauplätzen gedrehte Streifen hingegen als Außenseiter gehandelt.
«LEVIATHAN» (Russland)
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Ein kleiner Ort im Nordwesten Russlands. Hier lebt Kolia (Aleksey Serebryakov) mit seinem Sohn aus erster Ehe und seiner zweiten Frau Lilya (Elena Lyadova). Auf dem Land seiner Väter hat er sich eine Autowerkstatt aufgebaut. Das Land, das er besitzt ist idyllisch gelegen: direkt am Meer, in der wunderschönen, wüsten Weite der Halbinsel Kola. Die Schönheit – und damit die Vermarktungsqualitäten von Kolias Land entgeht auch dem örtlichen Bürgermeister Vadim (Roman Madyanov) nicht: Er versucht ihm das Land abzukaufen. Als Kolia sich querstellt, fährt er härtere Geschütze auf, droht mit Enteignung. Kolia wendet sich an seinen alten Armeefreund Dmitri (Vladimir Vdovitchenkov), der erfolgreicher Anwalt in Moskau ist. In den Gerichtssälen erfolglos, soll Vadim mit einer Akte über seine Vergehen zur Aufgabe gezwungen werden. Doch auch Dmitri verfolgt eine eigene Agenda. In eindrucksvollen Bildern und mit einem gerüttelt Maß an Humor, erzählt Zvyagintsev von Korruption, Desillusionierung und Alkoholismus, von Russland.
In der russischen Produktion «Leviathan» erzählt der preisgekrönte Regisseur Andrey Zvyagintsev («The Return - Die Rückkehr») eine Geschichte, die als Parabel auf die russische Gesellschaft gedeutet werden kann und sich daher nicht nur im eigenen Land Kritik, sondern weltweit Begeisterungsstürme einfing. Zu den bisherigen Auszeichnungen gehören der Preis für das Beste Drehbuch bei den Filmfestspielen in Cannes, als Bester Film beim London Film Festival sowie vier Nominierungen für den Europäischen Filmpreis 2014. Darüber hinaus wurde der Streifen bei den diesjährigen Golden Globes prämiert und geht so mit der besten Ausgangslage ins Oscar-Rennen.
«WILD TALES – JEDER DREHT MAL DURCH» (Argentinien)
«Wild Tales» ist das seltene Beispiel für einen Film ohne Netz und doppelten Boden, ohne Gurt, Airbag oder andere Sicherheitsmechanismen. Er ist Kino, wie es purer nicht sein könnte, durch und durch argentinisch und gleichzeitig so universal, dass er uns allen den Spiegel vorhält. Das Biest, das er zeigt, das sind wir. Und wir sind urkomisch in unserer verzweifelten Wut. Zum Äußersten getrieben in einer unberechenbaren, ständigem Wandel ausgesetzten Realität, überschreiten die Figuren in «Wild Tales» den schmalen Grat, der Zivilisation von Barbarei trennt. Der Verrat eines Liebenden, die Konfrontation mit einer vergessen geglaubten Vergangenheit und die Gewalt, die sich aus ganz alltäglichen Begegnungen ergibt, treiben die Figuren immer weiter, in den Wahnsinn hinein. Und je weiter sie in diese Richtung getrieben werden, desto mehr lassen sie sich fallen und geben sich dem verbotenen Vergnügen hin, die Kontrolle zu verlieren.
Jeder kennt das Gefühl: die Wut über die Unzulänglichkeiten des Lebens. Ein harmloser Moment bringt das Fass zum Überlaufen und ruft eine Kettenreaktion hervor. Manche bleiben ruhig. Andere explodieren. «Wild Tales» ist ein Film über Menschen, die explodieren. Und als solcher hat es die obskure Mischung aus Coen-Brothers-Humor, Tarantino-Zynismus und Almodovar-Intelligenz bereits ganze 35 Nominierungen und 20 Filmpreise sichern können. Beim Preis der Academy of Motion Picture Arts and Sciences of Argentina heimste der schmwarzhumorige Streifen ganze zehn Preise ein. Auch in Spanien liebt man den kultverdächtigen Streifen, der lediglich drei Wochen brauchte, um zum erfolgreichsten argentinischen Kinofilm aller Zeiten zu werden. Doch gleichzeitig ist dies wohl auch der unkonventionellste Oscar-Beitrag des Jahres – und damit nur sehr schwer einzuschätzen.
«TANGERINES» (Estland)
Über den estländischen Oscar-Beitrag «Tangerines» ist bisweilen am wenigsten bekannt. Im Jahre 1990 herrscht Krieg im Kosovo. Landwirt Ivo (Lembit Ulfsak) trotzt den Umständen, bis er durch einen blutigen Vorfall dazu gezwungen wird, einem verwundeten Mann, dessen Gesinnung er nicht kennt, bei sich Unterschlupf zu gewähren.
Sieben Nominierungen und zehn Award-Gewinne gehen auf das Konto eines Films, den bislang kaum einer zu Gesicht bekam. Schon bei den Golden Globe Awards fand sich das Kriegsdrama von Zaza Urushadze unter den Preis-Anwärtern wieder, entsprechend hoch sehen viele Insider die Chancen, dass es auch bei den Oscars klappen könnte.
Die Kino-Redaktion von Quotenmeter.de ist gespannt, welche Produktion den Oscar für den "Besten fremdsprachigen Film" in diesem Jahr mit nach Hause mitnehmen darf.