Zur Person: Guido Reinhardt
Reinhardt ist Chief Creative Officer / Produzent bei UFA Serial Drama. 1967 in Bensberg bei Köln geboren, absolvierte er zwischen 1989 und 1992 selbst eine Schauspielausbildung. Es folgte eine Zeit am Theater und ein Medizinstudium - und schließlich der Weg zurück ins Fernsehgeschäft. Bei der damaligen Grundy UFA arbeitete er zunächst für «Unter Uns». Seit 2005 trug er die Verantwortung auch für «GZSZ» und die damalige Weekly «Hinter Gittern». Zeitgleich begann die Entwicklung der dritten RTL-Daily «Alles was zählt». Seit 2008 ist er in seiner Funktion gesamtverantwortlich für die Formate von Ufa Serial Drama.Den Kern des Formats «Verbotene Liebe» wollten Sie, Herr Reinhardt, freilegen. Die neue «Verbotene Liebe» wird als Weekly nun skrupellos und kriminell – unter anderem geht es um einen Medikamentenskandal…
Der Kern einer Serie dreht sich immer um Figuren. In diesem Fall sind das die Lahnsteins rund um Ansgar und Tanja. Das ist eine herrlich dysfunktionale Familie. Ich würde nicht sagen, dass die neue «Verbotene Liebe» skrupellos ist: Wir erzählen vielmehr radikaler und tauchen auch wieder in die Vergangenheit der Figuren ab. Bei der Umstellung von der Daily zur Weekly waren wir gezwungen eine Art Kunstgriff zu machen. Das eigentliche Konzept und die neuen Storys der Weekly greifen ab der sechsten oder siebten Folge. Es waren schließlich noch viele Fäden aus der Daily offen, die wir in den ersten fünf Episoden beantworten. Ab der sechsten Folge erwarten die Zuschauer dann auch neue und alte Figuren, etwa Nico von Lahnstein, die helfen wird, dass man noch tiefer in die Geschichte gehen kann.
Die Weekly «In aller Freundschaft – Die jungen Ärzte» ist mit zwölf Prozent gestartet. Macht Ihnen das Mut für «Verbotene Liebe»?
Zunächst einmal freut es mich immer, wenn etwas funktioniert. Das ist letztlich gut für uns alle. Dennoch hinkt der Vergleich mit «IaF»: Das ist
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Bei der Umstellung von der Daily zur Weekly waren wir gezwungen eine Art Kunstgriff zu machen. Das eigentliche Konzept und die neuen Storys der Weekly greifen ab der sechsten oder siebten Folge.
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Guido Reinhardt
eine starke Primetime-Marke, die ihr Publikum schon gefunden hat. Man muss deshalb ehrlich sein: Die «Verbotene Liebe» am Freitag um 18.50 Uhr ist ein – zugegeben – spannender Test. Wir haben so viel Zuspruch erhalten, seitdem feststand, dass die Serie als Daily Soap eingestellt wird. Branchennahe Medien haben ihr Bedauern geäußert, es gab viele Einträge in Fanblogs. «Verbotene Liebe» hat viele Menschen eben ihr halbes Leben lang begleitet. Die entscheidende Frage wird jetzt sein: Wie stark ist die Marke und wird sie sich auch in anderem Rhythmus und zu anderer Uhrzeit durchsetzen?
Der Freitag gilt eigentlich als Tag, an dem sich klassische Soaps schwerer tun als von Montag bis Donnerstag.
Freitag, 18.50 Uhr ist sicherlich nicht der optimalste Sendeplatz, wie die ARD zuletzt ja auch schon erfahren hat. Ich kann nur eins sagen: Die Zuschauer werden inhaltlich sicher nicht enttäuscht werden.
© ARD/Anja Glitsch
Ich glaube, dass es seine Zeit brauchen wird, bis die «Verbotene Liebe» als Weekly ihr Publikum finden wird. Da gibt es sicherlich einige Fans, die über die Absetzung zunächst so enttäuscht sind, dass sie nicht mehr einschalten. - Produzent Guido Reinhardt über die «Verbotene Liebe» als Weekly
Zwei Folgen liefen bisher schon am Freitag um 18.50 Uhr und holten mit Quoten um die vier Prozent keine guten Werte. Bereitet Ihnen das Kummer?
Fragen Sie mich das im Mai noch einmal. Ich glaube, dass es seine Zeit brauchen wird, bis die «Verbotene Liebe» als Weekly ihr Publikum finden wird. Da gibt es sicherlich einige Fans, die über die Absetzung zunächst so enttäuscht sind, dass sie nicht mehr einschalten. Dabei haben wir uns gerade um 18 Uhr zuletzt gar nicht so schlecht geschlagen. Wir lagen oberhalb des Vorjahresniveaus. Aber ich kann Fans natürlich verstehen, die einem solchen Format nicht beim Sterben zuschauen wollen. Auch deshalb war es uns wichtig, dass wir jetzt eine neue «Verbotene Liebe» anbieten: Mit spitzerer Erzählweise. Es wird nicht mehr die klassischen drei Erzählstränge parallel geben. Wir haben nur noch acht bis zehn Figuren. Für die Zuschauer wird auch das eine Umstellung sein.
Sie erbitten sich Zeit in Sachen Quote. Dabei muss ja recht zügig eine Entscheidung fallen, ob Das Erste nach den vorerst 15 bestellten Folgen weitermacht?!
Das muss gar nicht so schnell gehen. Wir haben uns schon intensiv mit einer zweiten Staffel beschäftigt. Wir haben dafür zwei verschiedene Ansätze entwickelt. Es ist sogar möglich, dass wir uns mit den Verantwortlichen schon Ausschnitte aus einer zweiten Staffel anschauen. Wir sind also sehr gut vorbereitet. Ob eine mögliche zweite Staffel dann direkt im Herbst oder vielleicht erst im Spätherbst starten würde, das ist ja nicht unsere Entscheidung.
Entsprechend wichtig dürfte für UFA Serial Drama sein, dass Sat.1 eben eine neue Daily bestellt hat.
Das freut uns natürlich. Wir haben uns lange Gedanken gemacht und für viele Sender individuell angepasste Konzepte entwickelt. Wir haben tolle Entwicklungen für’s ZDF gemacht, sind gerade auch in Gesprächen mit RTL. Sat.1 hat sozusagen nur als Erster zugeschlagen.
Es ist vermutlich eine besondere Freude jetzt wieder mit Susan Sideropoulos zu arbeiten?
Natürlich. Wir haben lange miteinander gearbeitet und haben inzwischen ein familiäres Verhältnis. Ich kann nur sagen: Der Kontakt ist nie abgerissen. Wir haben uns immer wieder gesehen – und natürlich gratuliert man dann auch zur Geburt der Kinder, spricht mal mit dem Ehemann. Das ist eine sehr schöne Zusammenarbeit.
Die Daily soll eine Romantic Comedy werden: Ist das jetzt ein neuer Name für eine Telenovela?
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Die neue Serie wird in vielen Bereichen anders werden. Wir wollten uns in Sachen Storytelling und bei der Produktionsweise von den gängigen Methoden lösen.
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Guido Reinhardt über die neue Sat.1-Vorabendserie aus seinem Hause
Sie werden es sehen. Ich kann vorab schon sagen: Die neue Serie wird in vielen Bereichen anders werden. Wir wollten uns in Sachen Storytelling und bei der Produktionsweise von den gängigen Methoden lösen. Wir haben uns ganz zu Beginn gefragt: Was können wir anders und „neuzeitlich“ machen? Da haben wir uns natürlich auch unsere laufenden Dailys angeschaut. Die sind – von Schwankungen mal abgesehen – alle erfolgreich. Auch sie durchlaufen aber den stetigen Prozess der Weiterentwicklung. Und manchmal muss man eben gleich vier Stufen auf einmal gehen. Das lässt sich am besten bei einer ganz neuen Serie tun, weil man bei bestehenden Formaten Gefahr läuft, die Zuschauer zu verprellen.
Mitte März startet RTL endlich «Block B» - die neue und radikale Knastserie. Gezeigt wird sie donnerstags um 21.15 Uhr, also auf ihrem Wunschsendeplatz.
So sehe ich das nach wie vor. RTL hat sich in Sachen Programmierung wirklich wahnsinnig viele Gedanken gemacht. Das finde ich toll. Da wurde hervorragende Analyse-Arbeit betrieben. Wenn ich daran denke, dass man «Block B» auch nach «Der Lehrer» hätte zeigen können, dann wäre das wohl doch schwierig gewesen. Eine Kombination aus «Block B» und «Männer»? Noch schwieriger. Das sind zwei neue Serien, die ich übrigens wirklich toll finde, die aber kein passendes Umfeld für die Gefängnisgeschichten sind. Dass RTL unserer Serie zum Start nun sogar eine Doppelfolge einräumt und wir somit 90 Minuten am Stück erzählen können, ist mutig und konsequent zugleich. So gibt es für die Zuschauer nicht nur einen Happen, sondern gleich ein ordentliches Stück. Nach den ersten beiden Folgen ist er dann wirklich voll drin.
Bei einem Format wie «Block B» ist das Risiko zu scheitern aber einkalkuliert?
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Wir wollen so zugespitzt erzählen, dass der Zuschauer ganz klar „Ja“ oder „Nein“ zu unserer Serie sagen soll. Ein „Vielleicht“ wollen wir nicht. Natürlich ist «Block B» ein eher düsteres Format geworden, da gibt es nicht viel zu lachen.
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Guido Reinhardt über die neue RTL-Knastserie «Block B»
Es ist immer ein Risiko dabei, wenn man etwas Neues macht. Diesmal ist es vielleicht ein bisschen größer, weil es unser Ziel ist, zu polarisieren. Wir wollen so zugespitzt erzählen, dass der Zuschauer ganz klar „Ja“ oder „Nein“ zu unserer Serie sagen soll. Ein „Vielleicht“ wollen wir nicht. Natürlich ist «Block B» ein eher düsteres Format geworden, da gibt es nicht viel zu lachen. Auch das ist anders als früher. Wir haben uns überlegt, ob es eine Figur geben soll, die Humor in die Serie hineinträgt. Früher bei «Hinter Gittern» haben wir das gemacht, uns diesmal aber konsequenterweise dagegen entschieden.
Müssen Sie sich eigentlich manchmal zweiteilen? Immerhin haben Sie jüngst den Relaunch von «Alles was zählt» umgesetzt, neue Formate entwickelt, «Block B» produziert und «Verbotene Liebe» umgebaut.
Gott sei Dank ist das aber nicht alles zeitgleich passiert. «Block B» habe ich im vergangenen Jahr gemeinsam mit der wunderbaren Nina Philipp umgesetzt. Sie hat das wirklich hervorragend gemacht. Wirklich umgetrieben hat mich aber «Alles was zählt», übrigens schon seit Anfang 2014. Wie Sie vielleicht wissen, ist die Serie ganz besonders mein Baby, weil ich sie einst mit aus der Taufe gehoben habe. Die Quoten des Formats waren das komplette vergangene Jahr nicht so wie ich es mir erhofft hatte. Inhaltlich war die Serie für mich nicht mehr stimmig. Wie wir sie umbauen, hat uns dann bis in den Herbst 2014 beschäftigt, das Ergebnis ist nun seit einigen Tagen On Air zu sehen. Und siehe da: Wir entwickeln uns quotentechnisch positiv. Das ist eine schöne Entlohnung für die harte Arbeit.
Dafür haben Sie zahlreiche Figuren sterben lassen und für den ein oder anderen wirklich sehenswerten Cliffhanger gesorgt.
Wir haben da jetzt einige tolle Überraschungsmomente vorbereitet. Wer hätte denn gedacht, dass es Richard war, der vor Eriks Tod oben auf dem Dach stand? Jeder war sich sicher, dass es wieder Maximilian gewesen sein muss. Auch die neue Geschichte um Sonja und ihre Tochter, samt der Rückblenden in die 90er, macht mir viel Spaß.
Vielen Dank für das Interview, Herr Reinhardt.