Nach dem #Faketopia-Gate folgt für den Münchner Privatsender und die bis dato rennomierte Produktionsfirma Talpa die Nagelprobe. Wie gehen sie mit den Vorkommnissen um? Zählt künftig Ehrlichkeit oder Mogelei?
Wenn schon nicht für die Masse an Fans, dann wenigstens für Branchenbeobachter: Spannend ist, was in diesen Stunden in Königs Wusterhausen, dem Produktionsort des zu «Faketopia» verkommenden
«Newtopia» und den Schaltzentralen Berlin (Talpa) und Unterföhring (München) passiert. Nach flächendeckender Berichterstattung über die laut veröffentlichtem Konzept verbotene Einflussnahme von Sender und Produktion in der Nacht auf Montag steht neben der Glaubwürdigkeit der Sat.1-Führungsetage auch die Zukunft von «Newtopia» auf dem Spiel.
Die Fans sind erbost, ein Shitstorm jagt im Internet den nächsten. Es trifft – leider – alles und jeden, der mit «Newtopia» zu tun hat – auch die Tierärztin und Ex-Kandidaten. Diese aber versichern, nichts mit der Einmischung und dem Fake zu tun zu haben. Während sich die Stimmung in sozialen Netzwerken und in verschiedenen Medien weiter aufheizt – einige tippen nun öffentlich die Worte Lug und Betrug in die Tastatur, – hat sich Sat.1 komplett verkrochen. Seit Montagabend gibt es keine Stellungnahme mehr vom viertgrößten Privatsender der Nation, der nach schweren Jahren gerade durch neue Programme wie «Newtopia» wieder auf dem Weg nach oben war.
Angeblich, so hieß es zumindest am Montagabend, habe man Talpa Germany um exakte Hintergründe des nicht abgestimmten Besuchs der Executive Producerin gebeten, aber anscheinend noch nicht erhalten. Versprochen habe man aber, die Vorgänge lückenlos aufklären zu wollen. Eine erste – und bitter nötige – Transparenz zeigte Sat.1 während der TV-Ausstrahlung am Montag, als man empörte Fans via Einblendung auf die Internetseite der Show verwies und somit das „Faketopia-Gate“ zumindest nicht zu verschweigen versuchte.
Drängende Fragen stehen aber auch fast zwei Tage nach der massiven Einmischung der Produktion auf das „TV-Experiment“ im Raum. So konnte Sat.1 weder am Montag noch am Dienstag beantworten, ob es richtig ist, dass die Talpa-Mitarbeiterin auf Drängen des Senders handelte und das von diesem auch die Idee kam, ein Restaurant zu eröffnen. Angeblich soll auch John de Mol das Vorhaben unterstützt haben. Auch der Erfinder der Show, der neben der deutschen Version auch das holländische Format betreut, hat sich seitdem nicht zu Wort gemeldet.
Unklar ist zudem auch, wie offen und ehrlich Sat.1 mit dem Thema in der Tageszusammenfassung umgehen wird. Verschiedene wiederkehrende Protagonisten, etwa die Tierärztin, sollen angekündigt haben, das Gelände nicht mehr zu betreten. Durch diese Aussagen dürften – und das belegen auch verschiedene Einblicke in den Live-Stream, – auch die Pioniere von der großen Faketopia-Welle draußen vor den Toren mitbekommen haben. Andeutungen über eventuelle weitere freiwillige Auszüge unter den Pionieren sind gefallen. Ist Sat.1 so mutig und zeigt Ausschnitte aus der Skandal-Nacht und deren Folgen, um zumindest ab jetzt das reale Leben der 15 Kandidaten abzubilden? Auch diese Frage blieb bislang trotz mehrerer Mails an Sender und Produktion unbeantwortet.
Und so erinnerten die (Nicht-)Vorkommnisse um «Newtopia» am Dienstag erneut an eine Art Gruselkabinett. Weiterhin wissen die vielen Fans des Live-Streams nicht, was echt ist und was ihnen genau vorgegaukelt wird. Sie verfolgen stattdessen ein Schauspiel, in dem die Pionier-Darsteller inzwischen den Verkauf der Tiere angeregt haben. Wann Sat.1 vollständige Aufklärung zu den vielen drängenden Fragen betreiben will, ist weiter unklar. Versprochen wurde immerhin eine gewohnt offene Kommunikation. Erfolgt ist diese bislang aber nicht. Zeit wird’s.