So ändert sich die Quotenmessung ab 2016

Es ist eine kleine Revolution, die die AGF und Media Control derzeit planen. Quotenmeter.de sagt jetzt schon, was ab Januar anders wird.

HBO war in manchen Dingen schon immer ein Vorreiter, beispielsweise beim seriellen Erzählen. Dass man dies auch mal in Sachen Marktanalyse sein würde, hätte man vielleicht selbst noch nicht gedacht. Seit Januar 2015 veröffentlicht der Pay-TV-Sender keine tagesaktuellen Quoten mehr. Eigentlich will man sich erst immer zwei Wochen nach der Ausstrahlung zu exakten Werten äußern, der starke Start von «Game of Thrones» am vergangenen Wochenende war da eine Ausnahme. In Amerika ist es inzwischen die Regel, dass etliche Zuschauer nicht mehr dann Einschalten, wenn die Programmmacher es vorgeben. Die FOX-Serie «Empire», die live von etwa 13 Millionen Menschen gesehen wurde, steigerte sich innerhalb einer Woche leichtsam auf mehr als 20 Millionen.

Auch in Deutschland wird zeitversetztes Fernsehen immer mehr genutzt. Eine halbe Million On-Demand-Abrufe sind für einige Sendungen keine Seltenheit – zu den gefragtesten Formaten in diesem Bereich zählen «Der Bachelor», «Germany’s Next Topmodel», aber auch Soaps wie «Berlin – Tag & Nacht», «Köln 50667» und sogar die Weekly-Edition von «Verbotene Liebe». All diesen Sendungen winkt eine rosige Zukunft, denn ab 2016 werden die Marktforscher auch die On-Demand-Abrufe in die TV-Quoten einfließen lassen.

Und das geht so: Die Reichweite und der eigentliche Marktanteil werden noch stärker voneinander losgelöst. Heißt: Die eigentliche Quote sagt weiter an, wie viel Prozent der zur Ausstrahlungszeit Fernsehenden sich für Sendung XY entschieden haben. Hier wird es allein wegen dieser Umstellung also keine Veränderungen geben. Ansteigen wird aber die Reichweite. Denn für diese werden ab Januar nicht mehr nur die klassischen TV-Nutzer gezählt, sondern auch alle, die das Format im Laufe des Abends (wohl auch bis drei Uhr nachts) in den verschiedenen Mediatheken oder Now-Angeboten geschaut haben. Entsprechend werden etliche Produktionen ab 2016 über ein Zuschauerplus jubeln.

Theoretisch wäre es somit ab dann auch möglich, konkrete Abrufzahlen von Streaming-Anbietern zu bekommen, sofern diese einer Messung zustimmen. Das allerdings gilt als eher unwahrscheinlich. Netflix und Amazon haben sich dazu zwar noch nicht offiziell geäußert. In Amerika jedenfalls werden keine Zahlen veröffentlicht. Für die Messung der On-Demand und Streaming-Nutzung ist ein Panel aus 25.000 Nutzern aufgebaut worden, das aktuell schon mit Erfolg getestet wird.

Ab 2016 werden zudem auch türkische Mitbürger in der Quotenmessung berücksichtigt. Konkret heißt das: Die reine Reichweite steigt nochmal an – insgesamt sogar um mehrere Millionen. Das heißt zugleich aber auch: Erreicht ein Format heute eine Million Zuschauer, muss es ab 2016 einige mehr zum Einschalten bewegen, um auf die gleiche Quote zu kommen. Ergo: Werbeagenturen müssen vor allem in der Umstellungsphase den Blick ein bisschen weg vom Marktanteil und hin zu den dann höheren Reichweiten richten. Der Marktanteil wird vermutlich sinken, nicht zuletzt, weil in türkischen Haushalten vermehrt auch türkische Sender konsumiert werden.

Sky geht derweil einen anderen Weg. Der Pay-TV-Kanal wirbt seit Wochen für seine neue „360 Grad“-Messung, für die er ein eigenes Panal eingerichtet hat. Sky geht es darum, dass endlich auch Besucher von Sportsbars berücksichtigt werden; diese fallen übrigens auch bei den neuen AGF-Messmethoden unter den Tisch.

Im „Sky 360 Grad“-Panel zählen, übrigens schon ab sofort, auch Abrufe von Sky Anytime, Sky Online und Sky Go mit. Konkrete Zahlen hat der Pay-TV-Anbieter noch nicht vorgelegt, sie sollen in wenigen Wochen folgen.


16.04.2015 17:34 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/77591