Der TV-Markt im Mai: ARD fällt zurück, ZDF schleppt sich ins Ziel

Die Saison 2014/15 ist vorbei und endet ohne großes Quoten-Spektakel. Die Öffentlich-Rechtlichen bleiben trotz Verluste an der Spitze, ProSieben verbessert sich noch einmal ein wenig.

Noch ein letztes Mal mussten sich die großen Sender aufbäumen, um am Ende der Saison nicht noch wertvolle Marktanteile zu verlieren - wohl dem, der in diesem Zuge auf König Fußball zurückgreifen konnte. Dies waren wieder einmal vorrangig die öffentlich-rechtlichen Sender, wobei das ZDF mit beiden Champions-League-Halbfinalspielen der Bayern die höchsten Zuschauerzahlen erreichte. Das Hinspiel sahen 13,46 Millionen Menschen, das schnell zu Ungunsten des deutschen Rekordmeisters entschiedende Rückspiel immerhin noch 12,56 Millionen. Auf Rang vier lag das DFB-Pokal-Endspiel zwischen Dortmund und Wolfsburg, das mit 11,97 Millionen ebenfalls deutlich in den zweistelligen Millionenbereich gelangte. Der ARD-«Tatort» schaffte dieses Ziel mit seinen vier neuen Folgen drei Mal knapp, sie kamen auf 9,43 bis 9,89 Millionen Interessenten. Die Folge aus Münster hingegen schaffte sogar knapp mehr als 13 Millionen Zuschauer. Weitere Highlights für Das Erste waren das Relegations-Hinspiel zwischen Hamburg und Karlsruhe mit einer Reichweite von 9,32 Millionen sowie der «Eurovision Song Contest», der 8,11 Millionen begeisterte. Die höchsten Zuschauerzahlen für RTL verzeichneten ein Überraschungs-Special von «Wer wird Millionär?» (5,96 Millionen) sowie Thomas Gottschalks Geburtstagsfeier «Herbstblond» (5,42 Millionen).

Beim jungen Publikum zwischen 14 und 49 Jahren erreichte der «ESC» auch dank seiner üppigen Laufzeit den höchsten Marktanteil des Monats, tolle 40,7 Prozent wurden bei 3,81 Millionen Fernsehenden verbucht. Als einzige Ausstrahlung überhaupt knackte hingegen das Halbfinal-Hinspiel der Champions League die Vier-Millionenmarke, doch 4,52 Millionen Zuschauer reichten dennoch "nur" für 39,7 Prozent aller Fernsehenden. Im Rennen um die Vorherrschaft bei den Privaten duellierten sich einmal mehr ProSieben und RTL, wobei der Sonntagabend-Spielfilm «Taffe Mädels» und das Serienfinale von «Two and a Half Men» mit 2,41 bzw. 2,24 Millionen die höchsten Reichweiten verzeichnete. Hinsichtlich der Marktanteile musste man sich mit 18,6 und 19,1 Prozent hingegen deutlich dem «DSDS»-Finale geschlagen geben, das Mitte des Monats 24,2 Prozent bei 2,22 Millionen jungen Menschen generierte. Sat.1 gelang abermals kein einziger wirklicher Hit, das Höchste der Gefühle war ein Primetime-Marktanteil von 13,7 Prozent bei 1,22 Millionen Fernsehenden für den Spielfilm «Cast away - Verschollen».

Da hatten sogar die kleineren Sender mehr zu bieten, wobei hier in erster Linie VOX zu nennen ist. Der Auftakt in die zweite «Sing meinen Song»-Staffel verbuchte großartige 13,8 Prozent Zielgruppen-Marktanteil und kam auf eine beachtliche Gesamt-Reichweite von 2,38 Millionen. Noch höhere Zuschauerzahlen generierte der Serienstart «Outlander» mit 2,45 und 2,60 Millionen, bei den Werberelevanten wurden ebenfalls tolle 11,4 und 11,3 Prozent verzeichnet - allerdings nur zum Auftakt, in Woche zwei ließ die Euphorie schon merklich nach. Das Finale der Europa-League wurde derweil zum Überraschungserfolg für kabel eins, schließlich war kein deutsches Team mehr involviert. Dennoch wurden in Halbzeit zwei 2,60 Millionen Sportbegeisterte vor die Geräte gelockt, was tollen 9,8 Prozent aller und 11,2 Prozent der jüngeren Konsumenten entsprach. Durchgang eins lief mit 6,2 bzw. 7,2 Prozent bei 1,87 Millionen hingegen noch deutlich weniger spektakulär. RTL II überzeugte mit dem Start der «The Quest»-Serie, der mit 1,52 Millionen die höchste Zuschauerzahl des Senders im abgelaufenen Monat einfuhr. Inzwischen dürfte die Euphorie aber deutlich gedämpft sein, die Folgen neun und zehn sahen zuletzt nur noch gut 0,7 Millionen Menschen.

Alle Zuschauer (Mai 2015)
ALLE ZUSCHAUER (MAI)
11,7
12,2
12,1
12,2
10,0
9,9
3,8
3,9
5,2
5,1
7,8
7,9
5,5
5,4
4,0
4,1
Marktanteile in %  |  Mai 2015 gegenüber April 2015

Wie gewonnen, so zerronnen - unter diesem Motto kann man das Abschneiden des Ersten Deutschen Fernsehens zusammenfassen, das nach seinem stärksten Monat der Saison deutlich an Relevanz einbüßt. Nach 12,2 Prozent zuletzt standen diesmal wieder nur 11,7 Prozent auf dem Papier, damit stand zum achten Mal im neunten Anlauf eine Elf vor dem Komma. Mit dem Monatssieg hatte der Sender damit nichts zu tun, der ging stattdessen an den öffentlich-rechtlichen Mitbewerber ZDF. Mit 12,1 Prozent gelang es zwar diesmal wieder, sich gegenüber der Konkurrenz recht deutlich abzusetzen, doch nachdem schon im April mit 12,2 Prozent ein neues Saison-Tief hinzunehmen war, ging es nun noch einmal ein wenig bergab. RTL schaffte derweil nach zwei knapp gescheiterten Versuchen (mit 9,8 und 9,9 Prozent) erstmals seit Januar wieder den Sprung in die Zweistelligkeit, mit 10,0 Prozent war das Abschneiden aber dennoch alles andere als herausragend. War man vor einiger Zeit noch oft auf Augenhöhe mit ARD und ZDF, lag man in der nun beendeten Saison nur ein einziges Mal vor dem Ersten - im Oktober.

Anführer der zweiten Reihe bleibt mit deutlichem Abstand Sat.1, das jedoch mit nur 7,8 Prozent den zweitschwächsten Wert der gesamten Saison hinzunehmen hatte. Einzig im Dschungelcamp-Monat Januar lief es mit 7,6 Prozent noch etwas schwächer als diesmal, zuletzt wurden 7,9 Prozent generiert. Wenig Bewegung gab es bei ProSieben, das nach zuletzt dreimal in Folge 5,3 oder 5,4 Prozent im Mai auf 5,5 Prozent gelangte. Auch VOX und RTL II präsentieren sich bewegungsscheu, einzig kabel eins verbuchte eine nennenswerte Veränderung - allerdings in die falsche Richtung. Nachdem man im Vormonat noch erstmals überhaupt seit August wieder die Vier-Prozenthürde übersprungen hatte, fiel man nun wieder auf 4,0 Prozent zurück: Immerhin: Zwischen Dezember und März waren vier Monate hintereinander nur 3,5 bzw. 3,6 Prozent Marktanteil zu holen.

Ein vergleichweise deutlicher Verlierer und kein einziger nennenswerter Gewinner - dieser Umstand ließ die Gesamtbilanz der acht analysierten Sender wieder ein wenig nach unten fallen, statt 60,7 Prozent erreichten sie im Mai nur noch 60,1 Prozent. Im Mai vergangenen Jahres waren noch 61,6 Prozent generiert worden, größter Verlierer im Jahresvergleich ist einmal mehr RTL, das im Mai 2014 noch auf 10,6 Prozent zu verweisen hatte.

14- bis 49-Jährige (Mai 2015)
14- BIS 49-JÄHRIGE (MAI)
7,1
7,2
5,6
5,5
13,0
13,2
5,4
6,1
6,9
6,8
9,5
9,5
10,9
10,7
5,4
5,6
Marktanteile in %  |  Mai 2015 gegenüber April 2015

In diesen Tagen geht eine Saison zu Ende, die einmal mehr beim werberelevanten Publikum ganz und gar von RTL dominiert wurde. Mindestens 1,1 Prozentpunkte Vorsprung hatten die Kölner in jedem der vergangenen neun Monate - und dennoch blicken sie auf eine insgesamt enttäuschende Zeit zurück, vergleicht man sie mit der Vergangenheit. Auch im Mai gelang es nicht, die alte Dominanz wiederherzustellen und der Konkurrenz zu enteilen. Nein, es ging sogar leicht von 13,2 auf 13,0 Prozent zurück, während der einzige ernsthafte Mitbewerber ProSieben seinen Wert leicht von 10,7 auf 10,9 Prozent zu steigern wusste. Sat.1 blieb zum neunten Mal in Folge hinter der eigenen Erwartungshaltung Zweistelligkeit zurück und hatte sich mit 9,5 Prozent der jungen Fernsehenden zu begnügen.

Auch in der zweiten Reihe war kein allzu euphorischer Schlussspurt mehr auszumachen, der Mai diente vornehmlich dazu, die bestehenden Kräfteverhältnisse zu manifestieren. Unter den Privatsendern blieb VOX mit 6,9 Prozent ebenso deutlich vor RTL II, das wiederum mit seinen 6,0 Prozent klar vor kabel eins rangierte. Nachdem letztgenannter Kanal im April die rote Laterne erstmals an das ZDF abzutreten wusste, schoben sich die Mainzer nun wieder auf den vorletzten Rang vor - angesichts von nur 5,6 Prozent allerdings mit einem wenig überzeugenden Marktanteil. Das Erste verzeichnete respektable 7,1 Prozent und somit den zweitbesten Wert der Saison. Einzig im Vormonat lief es mit 7,2 Prozent noch stärker. Insgesamt verbuchten die Großen 64,4 Prozent aller Fernsehenden - und hielten die im Vormonat erreichten 64,6 Prozent damit weitgehend aufrecht.

Alle Zuschauer (Fernsehjahr)
ALLE ZUSCHAUER (FERNSEHJAHR)
11,6
12,1
12,7
12,9
10,2
11,0
3,9
4,0
5,2
5,3
8,1
8,2
5,5
5,7
3,8
3,8
Marktanteile in %  |  Sep. 2014 – Mai 2015 gegenüber Sep. 2013 – Mai 2014

Es deutete sich bereits in den vergangenen Monaten an, dass die Abschlusszeugnisse der großen Sender in diesem Jahr nicht gerade mit Bestnoten gespickt sein würden. Dass es jedoch keiner einzigen Programmanstalt gelungen ist, das Vorjahresniveau zumindest zu halten, zeugt doch von einer gewissen Dramatik hinsichtlich des Relevanzverlusts der "Big Player" auf dem TV-Markt. Somit kann sich das Zweite Deutsche Fernsehen bereits als Sieger feiern, da man mit 12,7 Prozent problemlos die Marktführung gegenüber dem Vorjahr zu verteidigen wusste - und seinen Vorsprung trotz leicht rückläufiger Werte sogar erhöhte. Das Erste kam nämlich nur noch auf 11,6 statt 12,1 Prozent, RTL büßte sogar fast einen kompletten Prozentpunkt ein und hielt sich angesichts von 10,2 Prozent nur noch mit großer Mühe im zweitstelligen Bereich.

Die fünf schwächeren Programmanstalten zeigten sich derweil vereint in der Ausrichtung, allesamt ein wenig Boden zu verlieren - allerdings auch nur jeweils 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte, sodass sich der Vergleich mit 2013/14 eher mäßig spannend liest. Interessanter, wenngleich nicht angenehmer für die Verantwortlichen, ist da schon die längerfristige Quoten-Entwicklung, die Sat.1 als großen Verlierer der vergangenen Jahre ausweist. Vor zwei Jahren standen immerhin noch 8,5 Prozent zu Buche, zuvor waren es gar fünf Jahre in Folge mehr als zehn Prozent aller Fernsehenden. Hingegen liegen RTL II und kabel eins weitgehend im Soll, während ProSieben bis vor drei Jahren stets klar mehr als sechs Prozent verzeichnete.

Unterm Strich lässt sich festhalten, dass die nun beendete Saison die Tendenzen der vergangenen Jahre nahtlos weitergeführt hat, wonach sich der Fernsehmarkt immer stärker fragmentiert. Nur noch 61,0 Prozent sahen zwischen September und Mai durchschnittlich die acht großen Vollprogramme, im Vorjahr waren es noch 63,0 Prozent - und schon da hatte man innerhalb eines Jahres fast zwei Prozentpunkte verloren. Und auch wenn Das Erste und RTL mit ihren historischen Tiefstwerten als Verlierer hervorstechen, gibt es kaum einen großen Sender, der sich dieser langfristigen Abwärtsspirale entziehen kann. Am ehesten sind hier noch die beiden kleinsten Vertreter zu nennen, die sich seit etwa einem Jahrzehnt schon recht konstant um die Vier-Prozentmarke herum bewegen.

14- bis 49-Jährige (Fernsehjahr)
14- BIS 49-JÄHRIGE (FERNSEHJAHR)
6,6
6,8
6,0
6,3
13,4
14,2
6,2
6,7
6,9
7,1
9,6
9,4
11,1
11,4
5,3
5,6
Marktanteile in %  |  Sep. 2014 – Mai 2015 gegenüber Sep. 2013 – Mai 2014

Das Minimalziel Titelverteidigung hat RTL erreicht, viel mehr zu bejubeln gibt es für Deutschlands größten Privatsender allerdings auch nicht. Nur noch 13,4 Prozent wollten in den zurückliegenden Monaten das Programm sehen, damit hatte man zum vierten Mal in Folge deutliche Verluste hinzunehmen. Vor genau vier Jahren durften die Programmverantwortlichen noch über sensationelle 19,1 Prozent jubeln, seither gingen pro Saison jeweils zwischen 1,2 und 1,5 Prozentpunkte verloren. Mit ein wenig Galgenhumor könnte man die neuerlichen Abschläge also gar als kleinen Fortschritt verkaufen - immerhin liegt der Verlust diesmal bei unter einem Prozentpunkt. Besonders problematisch für RTL ist, dass Hauptkontrahent ProSieben seit Jahren sehr stabil performt. In dieser Saison ging es zwar von 11,4 auf 11,1 Prozent bergab, dafür hatten die Unterföhringer in der Vorsaison um 0,3 Prozentpunkte zugelegt. Vor vier Jahren standen 11,5 Prozent auf dem Papier - die Rückschläge seither sind also überschaubar.

Ob es bereits ausreicht, um die Verantwortlichen in Jubelarien zu treiben, ist fraglich, doch zumindest ein positives Signal bleibt von Sat.1 haften, das sich leicht von 9,4 auf 9,6 Prozent verbessern kann. Damit rettet ausgerechnet der für seine Programmpolitik zu oft belächelte Bällchensender die Gesamtbilanz der großen Sender ein wenig, denn zumindest er muss keine weiteren Verluste hinnehmen. VOX hingegen rutscht mit 6,9 Prozent erstmals seit neun Jahren wieder unter die Sieben-Prozentmarke, nachdem die 7,1 Prozent aus dem Vorjahr bereits mit einem deutlichen Relevanzverlust einhergegangen waren. Den vierten Platz im Sender-Ranking belegte man dennoch ohne große Mühe, was auch der nicht minder schwächelnden Konkurrenz geschuldet war.

Hier sei einerseits Das Erste genannt, das im Vorjahr mit 6,8 Prozent noch den besten Wert seit vier Jahren verzeichnet hatte, diesmal allerdings wieder deutlich auf unspektakuläre 6,6 Prozent zurückfällt. Noch härter traf es jedoch RTL II mit nur noch 6,2 statt 6,7 Prozent. Damit ist der Sender wieder weitgehend dort angekommen, von wo aus er 2012/13 einen bemerkenswerten Aufwärtstrend hingelegt hatte: Bei Werten von rund sechs Prozent. Das ZDF hat nun einen historischen Tiefschlag zu verarbeiten, denn mit 6,0 Prozent liegt man sogar noch minimal unterhalb der 6,1 Prozent, die 2012 und 2011 hinzunehmen waren. Das Publikum der Mainzer ist also noch einmal deutlich älter als das der öffentlich-rechtlichen Kollegen, die man beim Gesamtpublikum problemlos hat schlagen können. Schlusslicht mit gerade einmal 5,3 Prozent bleibt mit deutlichem Rückstand kabel eins.

Auch beim jungen Publikum zwischen 14 und 49 Jahren blicken die großen Sender auf eine desaströse Saison zurück, die mit 65,1 Prozent so schlecht ausfiel wie nie zuvor. Im vergangenen Jahr hatte man immerhin noch auf 67,5 Prozent verweisen können, also auf klar mehr als zwei Drittel aller Konsumenten dieser Altersklasse. 2013 kam man sogar noch auf über 69 Prozent des jungen Publikums, 2012 wurde die Saison mit fast 72 Prozent beendet. In Anbetracht dieser verheerenden Zahlen würde es überraschen, wenn sich die großen Sender auf dem inzwischen überaus breiten Fernsehmarkt künftig stabilisieren könnten - eher ist von weiteren Rückschlägen auszugehen. Der Realität ins Auge blickend sollte man also für die im September startende TV-Saison 2015/16 primär das Ziel vorgeben, nicht weiter an Boden zu verlieren.
01.06.2015 12:46 Uhr  •  Manuel Nunez Sanchez Kurz-URL: qmde.de/78571