Offiziell: Jauchs Vorgängerin Anne Will tritt die Nachfolge an

Nach «Günther Jauch» ist vor «Günther Jauch»: Ab 2016 ist «Anne Will» wieder am Sonntagabend zu sehen. Was die Beteiligten sagen ...

Kurzkommentar von Sidney Schering

Gewiss: Im Netz wird es vereinzelte negative Stimmen geben. Und tatsächlich: Innovativ ist diese Lösung nicht. Aber sie setzt immerhin ein wichtiges Zeichen – während Jauchs Sendung zuletzt aufgrund boulevardesker Themen und problematischer Vereinfachung der Themen in Kritik geriet, wird Anne Will ungebrochen und mehrheitlich als kompetente, sachliche Talkerin respektiert. Und so etwas nach dem Quotenrenner «Tatort» zu zeigen, kann nicht schaden.
Das ging ungewohnt fix, erst recht für ARD-Verhältnisse: Am 5. Juni verlautbarte Günther Jauch, dass er den nach ihm benannten, sonntäglichen Polittalk im Ersten nach Ablauf seines noch dieses Jahr endenden Vertrags aufgeben wird. Als Auslöser gab der Moderator private sowie berufliche Gründe an (mehr dazu). Nicht einmal eine Woche später ist die Nachfolge-Frage bereits gelöst: Wie der NDR beschlossen hat, beerbt Anne Will den ab 2016 vakanten Sendeplatz am Sonntagabend um 21.45 Uhr.

Die Eile, mit der dieser Entschluss kommt, erstaunt zwar. Letztlich überraschend kommt dieser Schritt aber nicht. Einerseits, da das Feuilleton bereits lautstark kolportierte, dass die Talkshow «Anne Will» auf den Sendeplatz zurückkehren wird, den sie 2011 für Jauch aufgeben hat, andererseits ist Will eine NDR-interne Lösung, da beide Formate von der norddeutschen Sendeanstalt stammen. Anne Will kommentiert den Entschluss: „Ich mache den Mittwoch mit großem Spaß, aber es ist auch ein schönes Angebot, demnächst auf den Sonntag zu wechseln. Mein Team und ich haben entschieden, wir machen das, wir haben da Lust zu.“

Durch ihren Talk führt Anne Will so souverän wie einst durch die Tagesthemen. «Anne Will» am Sonntag ist eine gute Entscheidung, die den hohen Erwartungen an diesen Sendeplatz gerecht wird: eine Top-Moderatorin für den Premium-Anspruch.
Volker Herres, Programmdirektor Erstes Deutsches Fernsehen
Lutz Marmor, ARD-Vorsitzender und NDR Intendant, fügt hinzu: "Ich freue mich auf «Anne Will» - künftig wieder nach dem «Tatort». Anne Will beweist seit vielen Jahren, dass sie die politische Gesprächssendung hervorragend beherrscht. Auf ihrem aktuellen Sendeplatz am Mittwoch hat sie weiter an Profil gewonnen. Im nächsten Jahr wird sie wieder sonntags das Thema der Woche präsentieren: Aufschlag Anne Will.“ Während die noch ausstehende Gremienzustimmung für den demnächst aufzusetzenden neuen Vertrag zwischen Will und der ARD von den Verantwortlichen fest erwartet wird, gilt es für die ARD sehr wohl, noch einige offene Fragen zu klären – etwa, welches Format am Mittwochabend die frei gewordene Stelle übernimmt.

Auch wenn Anne Will nicht Jauchs Prominenz aufweist, sorgte sie vor Günther Jauchs Wechsel zum Ersten am Sonntagabend für gute Quoten. Im Fahrwasser der gefragten Sonntagabend-Krimis holte die bislang letzte «Anne Will»-Staffel auf dem alten Programmslot gute 4,06 Millionen Interessenten ab drei Jahren und 14,3 Prozent Marktanteil bei den Jüngeren. Die 14- bis 49-Jährigen sorgten mit einer durchschnittlichen Reichweite von 0,75 Millionen für 6,0 Prozent Marktanteil. 2014 kam «Günther Jauch» unterdessen bei allen Zuschauern auf 16,2 Prozent Marktanteil – dieser profitierte zwar gewiss von seinem größeren Namen, doch auch von der seit 2011 gestiegenen «Tatort»-Popularität. Insofern: Aus Quotensicht wird Das Erste Jauchs Weggang sicherlich zu verkraften wissen.
09.06.2015 17:09 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/78748