Griechenland-Krise hilft deutschen Talkshows

Die politische Neverending-Story ist auch fünf Jahre nach ihrer ersten Hochphase offenkundig noch immer nicht abgenutzt. Jedenfalls überzeugten die deutschen Talk-Formate zuletzt sehr damit.

Gast der Woche

Rolf-Dieter Krause wird auch am Mittwochabend wieder einen Talkshow-Auftritt der etwas anderen Art haben - und erneut in Form einer Live-Schalte bei «Anne Will» aus dem ARD-Studio Brüssel über aktuelle Entwicklungen in der Griechenland-Thematik berichten. Mit diesem Konzept wartete am Montag bereits «Hart aber fair» auf.
Grexit, Staatsbankrott, Rausschmiss: Die vermeintlichen Horrorszenarien, die von immer mehr Ökonomen als einzigen Ausweg aus der jahrelangen Hängepartie mit Hilfe milliardenschwerer Rettungspakete beurteilt werden, dominierten die tagespolitische Debatte auch in den vergangenen Wochen wieder beinahe im Alleingang. Kein Wunder also, dass sich auch die deutschen Talk-Shows dieser dankbaren Kontroverse annahmen, die schon zuvor so viele Stunden Sendezeit mehr oder minder gehaltvoll gefüllt hatte. Die Einschaltquoten der entsprechenden Sendungen belegen, dass noch immer ein erhebliches Interesse an der Griechenland-Krise besteht.

König der Quote war einmal mehr «Günther Jauch», das sich sogar gleich zweimal in Folge mit besagter Thematik befasste - und in beiden Fällen auf ein äußerst beachtliches Interesse stieß. Die bemerkenswerte Runde mit EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) und Wolfgang Bosbach (CDU) gelangte am 14. Juli auf durchschnittlich 5,02 Millionen Zuschauer, was sehr starken 18,8 Prozent Marktanteil entsprach. Auch beim jungen Publikum zwischen 14 und 49 Jahren kamen weit überdurchschnittliche 9,0 Prozent bei 0,93 Millionen Fernsehenden zustande. Inhaltlich präsentierte sich die Diskussion sehr lebendig, Bosbachs Ausführungen zur angeblichen Frühverrentung griechischer Arbeitnehmer im Alter von gerade einmal rund 56 Jahren stieß in der Nachlese auf viel Kritik.

Eine Woche später trat man thematisch sehr ähnlich auf und beschwor schon einmal den "Countdown zum Staatsbankrott" herauf. Die nicht minder namhafte Runde mit Theo Waigel (CSU), Sahra Wagenknecht (Linke) sowie dem Syriza-Berater Theodoros Paraskevopoulos wurde sogar von 5,11 Millionen Menschen gesehen, der Marktanteil sank hingegen im Vergleich zur Vorwoche minimal auf noch immer tolle 17,9 Prozent. Damit schafften es erstmals seit November wieder zwei Folgen hintereinander auf Reichweiten von über fünf Millionen, im Jahr 2015 knackten zuvor nur drei Folgen diese Marke. Bei den Jüngeren standen mit 9,1 Prozent bei 0,96 Millionen nahezu identische Werte auf dem Papier wie sieben Tage zuvor.

Am Montag wollte dann auch «Hart aber fair» ein Stück vom Quoten-Kuchen abhaben und lud sich zwei ungleiche Parteikollegen zur abendlichen Debatte ein. Die beiden CDU-Männer Bosbach und Elmar Brok traten beim Thema Griechenland-Rettung für unterschiedliche Positionen ein und lieferten sich somit einen parteiinternen Disput - zumal außer ihnen kein weiterer direkter politischer Verantwortlicher in der Runde saß. Mit durchschnittlich 3,48 Millionen gingen 11,4 Prozent Marktanteil einher - wahrlich kein spektakulärer Wert, aber immerhin doch einer auf Höhe des Senderschnitts, was bei Plasberg längst nicht Normalität ist. Bei den Jüngeren wurden allerdings nur mäßige 4,6 Prozent bei 0,51 Millionen Zuschauern erzielt.

Auch das ZDF widmete sich in seinem einzigen originären Polit-Talk «Maybrit Illner» dem Euro-Sorgenkind und kam damit am vergangenen Donnerstag auf immerhin 3,15 Millionen Zuschauer. Dieser Wert liest sich im direkten Vergleich zu den zu prominenteren Sendezeiten präsentierten ARD-Formaten wenig spektakulär, war jedoch die höchste Reichweite des Formats seit mehr als einem Jahr überhaupt. Ein noch beeindruckenderer Erfolg gelang der Runde mit Michael Fuchs (CDU), Gregor Gysi (Linke) und Georgios Chatzimarkakis (Ex-FDP) beim Blick auf den Marktanteil, der mit 15,6 Prozent der höchste seit 15 Monaten war. Lediglich das junge Publikum war angesichts von durchschnittlichen 5,8 Prozent bei 0,43 Millionen deutlich schwerer zu begeistern - wobei immerhin auch hier der zweitbeste Wert im aktuellen Kalenderjahr verbucht wurde.
24.06.2015 11:30 Uhr  •  Manuel Nunez Sanchez Kurz-URL: qmde.de/79044