Sanfte Dosis Infos oder volle Dröhnung Koffein: Der Morningshow-Check

Kaffee, Sofas und Weltpolitik: Quotenmeter.de hat sich die Morningshows von ARD, ZDF, Sat.1 und RTL angeschaut. Welche Stärken und Schwächen haben die morgendlichen Informationsmagazine?

Die zweieiigen Zwillinge: Das «Morgenmagazin» von ARD und ZDF

Erstausgaben der aktuellen Morningshows

  • ARD-«Morgenmagazin»: 13. Juli 1992
  • ZDF-«Morgenmagazin»: 20. Juli 1992
  • «Sat.1-Frühstücksfernsehen»: 1. Oktober 1987
  • «Guten Morgen Deutschland»: 26. August 2013
So eng verwandt und doch so unterschiedlich: Im wöchentlichen Turnus wechseln sich Das Erste und das ZDF bei dem auf beiden Sendern ausgestrahlten «Morgenmagazin» ab. Was die öffentlich-rechtlichen Sendungen von den privaten Konkurrenten abhebt, in deren Fahrwasser sie gegründet wurden: Obwohl sie von 5.30 Uhr bis 9.00 Uhr ausgestrahlt und die meisten Beiträge im Laufe der Sendezeit wiederholt werden, da die Redaktionen nicht davon ausgehen, dass es ein größeres Publikum gibt, dass die Formate vollständig verfolgt, nehmen diese Sendungen ihre Zuschauer sehr ernst. Auch in den grauen Morgenstunden werden politische Akzente gesetzt, bei tagesaktuellen Themen müssen sich die Gesprächspartner aus Politik und Wirtschaft stets auf kritische Nachfragen gefasst machen. Und anders als die «Tagesschau» und «heute» gestatten sich die «MoMas» bei gesellschaftlichen Themen öfters Haltung.

Dessen ungeachtet sind die morgendlichen Magazine von ARD und ZDF nicht mit klassischen Nachrichtensendungen der Anstalten zu verwechseln. Bei aller Hochgeschlossenheit blödeln die Moderatoren-Teams sehr wohl miteinander und die Themendichte ist dank eingestreuter, ausführlicher Reportagen viel geringer als bei den jeweiligen Flaggschiffnachrichten der Sender. Darüber hinaus kommen auch buntere Themenspektren in beiden Magazinen nicht zu kurz – wobei das ZDF den ansteckenderen Kultur-Teil hat, etwa dank des begeisterungsfähigen Kino-Kritikers sowie der Band-Auftritte im einladenden «Mo:Ma»-Café, aus dem die letzten 30 Minuten einer jeden Ausgabe präsentiert werden. Dafür hat die vom WDR produzierte ARD-Version den größeren Infotainment-Faktor bei seinen 'Live & unterwegs'-Reportagen und einen frischer aufbereiteten Sportblock. Muntermacher sind die «MoMa»s allerdings nicht – man muss schon mit Informationsdurst aufwachen/einschalten, um die freundlich-sanft vermittelten Fakten schätzen zu wissen.

Hallo Wach! Das «Sat.1-Frühstücksfernsehen»
Wer morgens beim Fernsehen den extra Kick braucht, um wach zu werden, ist dagegen mit der Morningshow von Sat.1 bestens bedient. Schon seit eh und je meldet sich das «Sat.1-Frühstücksfernsehen» aus einem Hauptstadtstudio, das mit kräftig-hellen Farben und exzentrischer Einrichtung daherkommt. Auch sehr entgegenkommend gegenüber den Morgenmuffeln, die von Matthias Killing, Jan Hahn, Marlene Lufen und Alina Merkau begleitet in den Tag starten wollen: Viele Beiträge werden so abgewickelt, dass sie auch bei schwächelnder Konzentration verfolgt werden können: Sie beginnen mit einer die entscheidenden Punkte vorwegnehmenden Zusammenfassung, gefolgt von der eigentlichen Story und einem aussagekräftigen Fazit. Wenn Beiträge aus anderen Sat.1-Formaten verarbeitet werden, schafft notfalls die An- und Abmoderation Abhilfe darin, das Vorabfazit oder die Schlusszusammenfassung zu liefern. Ein durchaus sympathischer Pluspunkt beim «Sat.1-Frühstücksfernsehen»: Die zahlreichen kurzweilig präsentierten Servicebeiträge über diverse Verbraucherthemen. Ob Reisen, Technik, Rechtsfragen (in der kompakten Rubrik «Holdt hat Recht») oder Lebensmittel: Genau aufs Zielpublikum gezugeschnitten ohne abschätzig zu wirken, wird hier alles mögliche auf Herz und Nieren geprüft. Willkommen sind auch die Zuschaueraktionen – selbst wenn der kultige Superball längst Geschichte ist.

Fragwürdiger ist derweil die hohe Schlagzahl an Eigenwerbung für Sendungen der ProSiebenSat.1-Gruppe. Auch bei den öffentlich-rechtlichen Kollegen schauen regelmäßig Akteure aus ARD- respektive ZDF-Produktionen vorbei, bei Sat.1 kommen diese aber häufiger vor und sind zudem deutlich monothematischer auf das zu bewerbende Format zugeschnitten. Auch das als seriös verkaufte Verlesen von Horoskopen dürfte sich Sat.1 gerne sparen, ebenso wie montags und donnerstags den abfälligen Promiklatsch mit Vanessa Blumhagen, welcher regelmäßig einer Geduldsprobe gleichkommt. Wenn Medienberichte ohne ProSiebenSat.1-Bezug, dann lieber die tatsächlich recht aktuellen Kino-News. Was tagesaktuelle und gleichzeitig gesellschaftlich relevante Themen anbelangt, zeigt sich «Sat.1-Frühstücksfernsehen» unterdessen weitestgehend desinteressiert – lieber wird über seichtere, semi-aktuelle Dinge wie den „Tag der Komplimente“ gescherzt. Wenn 'seriöse' Themen angeschnitten werden, dann oft bloß nur auf 'BILD'-Niveau. Kurzum: Wach macht dieses Power-Frühstück definitiv – genügend Gehalt für den Rest des Tages findet man aber woanders.

RTL und der behagliche Kompromiss
Wer sich weder mit dem Ansatz des öffentlich-rechtlichen «Morgenmagazins» noch mit dem flippigen «Sat.1-Frühstücksfernsehen» identifizieren kann, kommt womöglich bei «Guten Morgen Deutschland» auf seine Kosten. Der Nachfolger von «Punkt 6» und «Punkt 9» reißt mit größerer Konstanz und ehrbarerer Haltung sozialrelevante und politische Themen an als das «Sat.1-Frühstücksfernsehen», gleichwohl ist der Mix aus Gewicht, seichten Meldungen und Positivismus wohltuender als beim stärker auf Bedeutsamkeit bedachten «Morgenmagazin». Zu diesem Eindruck trägt auch das Studio bei, das mit einer gemütlichen, aber in sanften Farben gehaltenen Talkecke sowie einer Küche das Frühstückspublikum freundschaftlich abholen will ohne sie gewaltsam wachzurütteln. Das Moderatoren-Team rund um Wolfram Kons bemüht sich von 6 Uhr bis 8.30 Uhr zwar informativ, aber gleichsam auch kurzweilig aufzutreten – und verzichtet daher auf zu verrückte Studioaktionen oder zu bissige Kommentare beim obligatorischen Promi-Klatsch. Sogar die RTL-Eigenwerbung ist nicht so penetrant wie bei «Punkt 12». Fazit: Zwei Welten vereinen sich. «Guten Morgen Deutschland» ist ein gesundes TV-Frühstück – mit einem Klacks Nussnougatcremé und einer Portion Cornflakes.
25.06.2015 11:25 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/79077